073 - Der Schlaechter
Molochs.
Während der nächsten Wochen beschäftigte sich Dr. Heintz nur mit einem Gedanken: Flucht. Er konnte nicht ahnen, wie bald das Schicksal seinen Wunsch erfüllen sollte.
Die Tage vergingen. Wenn Dr. Heintz nicht durch Kappa unterbrochen wurde, verbrachte er die Stunden in träger Langweile. Immer wurde er von den Negern bewacht. Um sich zu zerstreuen, las er in der Bibliothek ein Buch nach dem anderen. Doch die Lektüre konnte seine Sehnsucht nach Freiheit und den Haß auf Dr. Kappa nicht betäuben. Der Chirurg bemühte sich mit solcher Zähigkeit um die Freundschaft seines Gefangenen, daß es direkt rührend gewesen wäre, wenn dahinter nicht kriminelle Ziele gesteckt hätten.
Neben seinem Haß empfand der amerikanische Arzt jedoch auch aufrichtige Bewunderung für diesen genialen Chirurgen. Er interessierte sich brennend für die Theorien, die Kappa erörterte, um eines Tages eventuell eine Gehirntransplantation möglich zu machen. Nachdem ihm die Herzübertragung so einwandfrei gelungen war, dachte er nur noch an diese Gehirnoperation.
Bei dieser Gelegenheit erfuhr Heintz auch, daß der Maler als geheilt entlassen worden war. Nähere Einzelheiten hörte er jedoch nicht.
Die beiden Mediziner diskutierten stundenlang über das Thema Gehirnverpflanzung. Heintz fand immer wieder neue Argumente, die, wie ihm schien, eine solche Operation unmöglich machten.
„Das Gehirn ist nicht so fest und stabil wie ein Herz. Es ist wie ein kostbarer Schwamm, der ständig mit Blut versorgt werden muß. Angenommen, man würde die Blutversorgung künstlich vornehmen, so gibt es doch so wichtige, hochempfindliche Teile, die schon durch bloßes Berühren zerstört würden.
Ein Herauslösen der Gehirnmasse aus der Schädeldecke würde unabsehbare Folgen haben.“
Dr. Kappa verwarf alle diese Einwände seines Kollegen. Er erläuterte ihm genau die Maßnahmen, die er anwenden würde, um die Operation doch möglich zu machen. Er fertigte Skizzen an und machte Versuche an lebenden Mäusen, Ratten und sogar an Hunden. Schließlich brachte Kappa es so weit, daß einer der operierten Hunde die Operation einige Tage überlebte.
Dieser Erfolg gab Kappa neuen Auftrieb. Doch bevor er die Gehirntransplantation an Menschen vornahm, wollte er noch einen letzten Versuch an Schimpansen machen, die in ihrer Art und Konstitution den Menschen am meisten verwandt waren.
„Ich hätte ja Gorillas oder Orang-Utans vorgezogen“, sagte Kappa, als er Dr. Heintz die beiden Tiere in ihrem Käfig zeigte. „Aber ich konnte nur an diese herankommen. Aber es ist egal. Die lange Reise hat sie sehr ermüdet. Wir werden mit dem Experiment noch ein oder zwei Tage warten.“
Aber die Operation sollte nicht stattfinden. Einer der Affen starb plötzlich und ohne ersichtlichen Grund. Doch die Autopsie ergab, daß er an fortgeschrittener Tuberkulose erkrankt war. Wenn diese kraftvollen Tiere aus ihrem warmen afrikanischen Klima in unsere kalten Zonen verpflanzt werden, sind sie besonders anfällig für Krankheiten aller Art.
Der Tod dieses Tieres brachte den Chirurgen in Rage. Und seine Wut ließ er an Dr. Heintz aus.
Der Arzt überlegte immer wieder neue Fluchtmöglichkeiten. Wenn er nicht sterben wollte, mußte er fliehen. Eine dritte Möglichkeit gab es für ihn nicht. Die Vorstellung, seine weitere Zukunft mit diesem gewissenlosen Menschen zu verbringen, mit ihm Experimente an gesunden Menschen zu machen, war ihm unerträglich. Mochte Kappa auch ein Genie sein und in der Medizin seiner Zeit weit voraus, seine Erfahrungen würden nie an die Öffentlichkeit dringen.
Eines Tages betrat er die Bibliothek. Er glaubte, den einzigen Ausweg gefunden zu haben: Er riß aus einigen Büchern wenig bedruckte Seiten heraus und schrieb eine Botschaft darauf. Der Tag war windig, und Heintz ließ seine Zettel zum Fenster hinauswehen. Er hoffte, der Wind würde sie soweit forttragen, daß vielleicht ein Bauer oder sonst jemand seine Notsignale finden würde und die Polizei verständigte.
Aber der Arzt hatte Pech. Der Wind, der vom Meer her wehte, drückte die Zettel gegen die Innenseite der Schloßmauer. Kappa sah sie niederfallen und tobte.
Er befahl seinen schwarzen Riesen, Heintz zu fesseln und ihn an seinem Bett festzubinden.
„Ich suche schon lange jemanden für meine Gehirntransplantation“, brüllte er. „Weil Sie unverbesserlich und uneinsichtig sind, werde ich die Gehirnübertragung an Ihnen vornehmen! Da ich keinen zweiten Menschen
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