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0731 - Die Blüten-Bestie

0731 - Die Blüten-Bestie

Titel: 0731 - Die Blüten-Bestie
Autoren: Jason Dark
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seinen Augen verwandelten und ihn dabei an dicke Blutflecken erinnerten. Sein eigenes Blut, das aus Mund und Nase gequollen war. Aber es war nur Einbildung, er saß hier, war nicht verblutet, konnte atmen, sprechen, sich bewegen, lachen oder auch weinen.
    Trotzdem starrte er auf die Blüten.
    »Nun?«
    Die Stimme der fremden jungen Frau drang nur gedämpft an seine Ohren. Er hob langsam den Blick, und die Blutflecken auf dem Tisch verwandelten sich wieder in rote Blüten mit unterschiedlich geformten Blättern. »Ich… verstehe nicht«, murmelte er.
    »Doch, du verstehst schon, alter Mann. Du brauchst dich nur an die Zeit vor zweiundzwanzig Jahren zu erinnern. Mehr verlange ich von dir nicht, Greenfield.«
    Jock atmete flach ein. Er schmeckte die Blüten auf der Zunge. Ihr Duft peinigte ihn. »Na und? Da hatten wir das Jahr neunzehnhundertundsiebzig.«
    »Gut gerechnet.«
    »Ich war da noch keine fünfzig. Hing es mit meinem Beruf zusammen?«
    »So ist es.«
    Der ehemalige Polizist hob die Schultern. »Es tut mir leid, aber ich kann mich nicht an alles erinnern, was in diesem Jahr vorgefallen ist.«
    »An eine Sache aber doch.«
    »Bitte - an welche?«
    »Shagri!« flüsterte sie.
    Jock runzelte die Stirn. »Kannst du da nicht deutlicher werden, Lady?«
    »Der Guru.«
    Jock Greenfield überlegte. Tief kramte er in seiner Erinnerung. Es war nicht leicht für ihn, sich an Fälle zu erinnern, die so lange zurücklagen. Er hatte viel erlebt. Immer und immer wieder war er mit dem Grauen konfrontiert worden. Mit dem Verbrechen in all seinen Varianten, mal schlimmer, mal weniger schlimm. Mal hatte sich etwas eingeprägt, dann hatte er gewisse Taten wieder vergessen.
    Shagri, der Guru? Vor mehr als zwanzig Jahren?
    Er runzelte die Stirn, atmete schwer, wie unter einer Last, aber er war nicht senil, nur eben pensioniert. Und er konnte sich daran erinnern.
    Greenfield hob den Kopf.
    Das Gesicht der jungen Frau schwebte bleich über dem Körper. Er sah nur dieses Gesicht mit dem Filigran der Knochen dahinter und auch die blassen Lippen, die sich bewegten, als sie die Frage stellte. »Du weißt es jetzt, nicht wahr?«
    »Ich… ich glaube…«
    »Dann rede!«
    »Es war fast zu spät. Wir hatten einen Tip bekommen. Da sollte in der alten Halle etwas Schreckliches geschehen. Man hatte uns etwas von einem Massenselbstmord erzählt. Das weiß ich noch. Wir alle konnten es nicht glauben, aber wir fuhren hin und stürmten die leerstehende Fabrik. Dann haben wir es gesehen. Wir haben schnell gehandelt und geschossen.«
    »Es gab auch Tote!« sagte Doro.
    Der ehemalige Polizist nickte. »Stimmt, aber wir konnten nicht anders. Der Guru wurde getötet, und damit war auch der Bann gebrochen worden. Soweit erinnere ich mich.«
    Dorothy schwieg. »Das ist nicht viel«, sagte sie dann. »Fällt dir sonst nichts mehr ein?«
    »Nein!«
    »Du hast auch geschossen!«
    »Kann sein.«
    »Shagri wurde von mehreren Kugeln erwischt, ich weiß es. Ich weiß es genau.«
    Jock runzelte die Stirn. »Wer hat es dir erzählt, junge Lady? Mit wem bist du zusammen gekommen?«
    »Mit keinem«, flüsterte sie. »Ich war dabei, Polizist. Kannst du dich nicht an mich erinnern? An mein Gesicht? Kommt es dir nicht bekannt vor? Das Erlebnis muß doch prägend für dich gewesen sein, findest du nicht auch?«
    Greenfield hob die Schultern. »Es liegt alles so weit zurück. Da war noch etwas, das weiß ich schon. Ja, da ist etwas gewesen. Aber es hatte nicht unbedingt mit dem Fall zu tun. Es ist auch nachher sehr wichtig geworden, verstehst du?«
    »Weiter!«
    »Es ging da um eine Person, die einen Schlag auf den Kopf bekam, glaube ich. Sie war mehr tot als lebendig, sie siechte in einem Krankenhaus dahin. Sie wollte einfach nicht mehr aufwachen, die inneren Verletzungen oder Veränderungen waren zu schlimm. Ja, daran kann ich mich ebenfalls noch erinnern.«
    »Auch an den Namen des Mädchens oder der Frau?«
    »Nein, nicht mehr.«
    »Sie hieß Dorothy Mainland, oder sie heißt so.«
    »Das ist möglich. Wenn ich ihren Namen je gehört habe, dann habe ich ihn vergessen.«
    »Ich bin Dorothy Mainland von damals!«
    Greenfield erschrak nicht. Er hatte sich so was Ähnliches gedacht. Nur die Spitzen seiner Augenbrauen fuhren aufeinander zu, und auf der Stirn bildete sich eine steile Falte.
    »Du sagst nichts - wieso?«
    Er schaute auf die Blüten. Wieder verschwammen sie vor seinen Augen und wurden zu Blutflecken, die ineinander glitten. Die gerunzelte Stirn behielt er
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