0732 - Monsterklauen
Schwierigkeiten wiederholen. Unmittelbar nachdem er vom Säugling zum Jüngling wurde, war seine Para-Macht am stärksten. Damals hatte er alles gekonnt, und nicht einmal die Erzdämonen der Schwarzen Familie hatten sich ihm entgegenstellen können.
Wenig später hatte er eigene, komplexe Welten geschaffen, nach seiner Fantasie, und sie waren in sich schlüssig gewesen mit einem Zusammenspiel von Faktoren wie Fauna und Flora, als seien sie im Laufe von Jahrmillionen durch natürliche Evolution entstanden. Und er hatte auch einen Traum schaffen können, in dem jetzt der Sil bermond um die Erde kreiste.
Es war nicht sicher, ob er das alles heute noch einmal bewerkstelligen konnte. Von Jahr zu Jahr ließ sein fantastisches Können nach. Nicht schnell oder sprunghaft, aber doch merkbar.
Er versuchte, es vor anderen zu verbergen. Sie sollten ihn nach wie vor für jemanden mit Macht halten, der mit einem Gedanken alles verändern konnte, indem er diesen Gedanken zwang, Form anzunehmen.
Der Professor hatte ihn durchschaut.
Aber Zamorra schwieg. Er stellte ihn nicht bloß.
Das rechnete Julian dem Parapsychologen sehr hoch an. Und er wünschte sich, eines Tages selbst die Kraft und die Weisheit eines Professor Zamorra zu haben, aber ihm war auch klar, dass er dafür noch mehr seiner bisherigen Macht als Träumer verlieren würde.
Alles hatte seinen Preis.
Noch fiel es Julian nicht schwer, diesen Preis zu zahlen.
Aber irgendwann musste seine Entwicklung einen Punkt erreichen, an dem er nicht noch, mehr würde verlieren wollen.
Was kam dann?
***
Vor der Wohnungstür des Aborigines waren Nicole und die Zwillinge stehen geblieben. »Einfach klingeln?«, drängte Monica Peters.
»Wenn wir stören, wird er uns schon -wegscheuchen«, pflichtete Uschi bei.
Sie hatten die mit Erde gefüllte Pappkiste mit den Ablegern vor sich auf den Boden gestellt. Aus einer der anderen Wohnungen trat eine ältere Frau, maß die drei mit einem recht abfälligen Blick und verschwand dann im Lift.
Nicole war nicht sicher, ob ein forsches Vorgehen dieser Art sinnvoll war. Sie achtete die traditionellen Vorstellungen des Yolngu, auch wenn sie ihr selbst nicht gefielen, und wenn die Aktion noch nicht beendet war, wollte sie nicht einfach dazwischen stolpern. Sie legte ein Ohr an die Tür und lauschte.
Alles war still.
Das bedeutete für sie, dass Zamorra noch »unterwegs«, war. Denn ansonsten hätten er und Shado sich wohl unterhalten.
»Vergiss das«, sagte Uschi und zog Nicole von der Wohnungstür zurück. »Hast du vorhin nicht bemerkt, wie massiv das Ding ist? Und wie sauber es im Rahmen liegt? Schallschutz… Ungewöhnlich für Wohnungen in solchen Preßpappe-Häuserblocks, aber offenbar hat Mister Shado seine Wohnhöhle gut isoliert. Vielleicht will er auch zu unheiligen Zeiten Krach machen können, ohne dass ihm gleich der Mietvertrag gekündigt wird.«
Nicole nickte. Daran hatte sie nicht gedacht, obgleich sie von dem Schallschutz wusste, den Uschi zielsicher erraten hatte.
»Es befindet sich immer noch nur eine Person in der Wohnung«, sagte Monica.
»Shado? Du kannst seine Gedanken lesen?«
Die Telepathin schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob wir es können, ich tue es einfach nicht. Es ist doch nicht wichtig, ob er sich abschirmt oder wir erfahren können, was er denkt. Wir nehmen nur sein Gehirnstrommuster auf. Er ist allein. Zamorra ist noch fort.«
Nicole nickte.
Sie verfügte selbst über die Gabe der Telepathie, im Gegensatz zu den Peters-Zwillingen allerdings in recht eingeschränkter Form. Sie musste die Person, deren Gedanken sie wahrnehmen wollte, unmittelbar vor sich sehen. Durch eine geschlossene Tür oder durch eine feste Wand ging das also nicht.
Bei den Peters-Zwillinge spielte das keine Rolle. Sie hatten ein anderes Handicap - sie durften nicht zu weit voneinander entfernt sein, sonst klappte es nicht. Aber waren sie beisammen, spielten trennende Wende keine Rolle.
Plötzlich hob Monica die Hand.
»Jetzt sind sie zu zweit. Zamorra scheint wieder hier zu sein.«
Automatisch drückte Nicole auf die Türklingel.
***
Zamorra verließ sich auf Julians Zusicherung und verließ dessen Traumwelt. Von einem Moment zum anderen fand er sich in Shados Wohnung wieder.
Diesmal nicht gemeinsam mit Julian, sondern allein.
»Danke, mein Freund«, sagte er. »Du hast mir sehr geholfen.«
Der Aborigine erhob sich, offenbar hatte er die ganze Zeit über im Schneidersitz auf dem Boden gehockt. Jetzt reckte und
Weitere Kostenlose Bücher