0734 - Dem Wahnsinn nahe
reißen.
Es klappte nicht.
Sie hielt eisern fest.
Ich wollte nicht in Sukos Gesicht schauen, wollte nicht sehen wie er litt. Ich dachte auch nicht darüber nach, weshalb er sich nicht gewehrt oder geschossen hatte. Die Hand mußte weg!
Nicht durch Körperkraft.
Ich zog den Dolch!
Die kleine Leuchte hatte ich auf das Laufgitter gelegt, und die Dolchklinge erinnerte mich ebenfalls für einen Moment an einen breiten Lichtstrahl.
Dann stieß ich zu.
Hart und zielgenau. Die Klinge erwischte die Hand am Gelenk, bohrte sich hinein und blieb stecken.
Ich drückte noch weiter zu und hoffte auf die weißmagische Kraft der Waffe.
Tatsächlich zuckten die Finger.
Ein saugendes Geräusch, als wäre eine Pumpe in Bewegung gesetzt worden, entstand, denn Suko schaffte es zum erstenmal wieder, etwas Luft zu holen.
Ich packte mit meiner freien Hand zu, um die Hand von Sukos Hals wegzuzerren. Es kostete mich Kraft und Schweiß. Der Dolch steckte noch immer in seinem Ziel. Da ich den Stich etwas schräg angesetzt hatte, war auch der Handballen erwischt worden. Aus der Wunde rann kaum Blut, nur eine dünne, wäßrigrote Flüssigkeit sickerte hervor.
Die langen Finger zuckten.
Ich zerrte wieder - und taumelte zurück, denn plötzlich hatte ich die Hand losbekommen. Jetzt hielt ich sie fest, mit dem Hinterteil gegen das hüfthohe Gitter gelehnt.
War sie vernichtet?
Nein, sie ›lebte‹ noch. Ihre Finger bewegten sich. Sie kamen mir vor wie weiße Schlangen.
Ich kämpfte nicht zum erstenmal gegen eine Hand, die vom Körper abgerissen war. Und wie damals, so bekam ich auch jetzt die verfluchte Kraft dieser Klaue zu spüren.
Sie wollte mir entwischen.
Zum Glück steckte der Dolch in ihr. Er nahm ihr einen Teil der Kraft, wobei ich trotzdem nicht verhindern konnte, daß sie sich in meinem Griff drehte, um mir ihre Fläche zu zeigen.
Suko rappelte sich hoch. Aus seinem Mund drangen Laute, die ich nicht verstand. Wahrscheinlich war es ihm noch nicht möglich, ein klares Wort zu sprechen.
Aber er zog die Peitsche. »Bleib so, John…«
Diesmal verstand ich ihn halb. Er drehte den Kreis.
Die drei Riemen rutschten hervor. Jetzt war die mächtige Dämonenpeitsche einsatzbereit.
Die Hand wollte nicht. Sie zuckte. Sie schien zu spüren, daß sich ein neuer Gegner aufbaute, der stärker war als die feindliche Kraft in ihrem Gelenk.
Sie wollte weg!
Ich merkte, daß sich in ihr noch einmal die gesamte Kraft sammelte, zu der sie fähig war.
Kein Würgegriff mehr, kein Zucken in meine Richtung, nur die Kraft darauf ausrichtend, wegzukommen.
Ich hielt sie noch. Aber ich spürte den immensen Druck, der mich nach vorn zog. Lange konnte ich diese Lage nicht mehr einhalten, brauchte es auch nicht, denn Suko war da.
Mit der Dämonenpeitsche schlug er zu.
Daß er dabei auch meine Hand erwischte, war einkalkuliert. Es schmerzte mir auf der Haut, in diesem Fall aber tat es auch gut, und ich merkte auch das Zucken der Hand, das sich bis in den Arm ausbreitete.
Dann klappte sie zusammen.
Ja, so sah es tatsächlich aus, als sich die aufgerichteten, halb gekrümmten Finger vollständig senkten, als hätten sie auf ihre Kuppen einen Schlag erhalten.
Suko stand in lauernder Bereitschaft, die er wenig später ablegen konnte, denn die Hand wurde in meinem Griff zu einer weichen, gummiartigen Masse, vor der ich mich plötzlich ekelte und sie auf die Plattform schleuderte.
Sie klatschte auf wie eine weiche Teigmasse, aus der ich den Dolch hervorzog.
Suko stand da und rieb seinen Hals. Ich hob die Lampe auf und leuchtete ihn an.
Am Hals traten deutlich die Würgemale hervor. Sie erinnerten mich an dicke Striemen.
Er wollte reden, es war noch nicht möglich. Statt dessen hörte ich von der Bühne her Westlakes Stimme in die Höhe schallen. »Was ist da los gewesen? Habt ihr sie?«
»Ja. Sie können beruhigt sein, Hugo. Es gibt die verdammte Hand nicht mehr.«
Für einen Moment war es still. Dann hörten wir einen Jubelschrei, dem ein erleichtertes Lachen folgte, das einfach nicht zu stoppen war und sich in seiner Tonart immer wieder änderte, aber bei den hohen, schrillen Lauten blieb.
Suko rieb seinen Hals noch immer mit beiden Händen. Scharf holte er Luft, öffnete den Mund und schüttelte sich. Er probierte das Schlucken und freute sich, daß es klappte. Endlich traute er sich auch, wieder zu reden.
»Du glaubst gar nicht, John, was das für ein Gefühl war.« Ich mußte schon genau hinhören, um ihn verstehen zu können. »Die
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