0735 - Die Teleporter
sein großer Plan, der mit seiner Erfüllung auch die Krönung seiner Existenz sein sollte. Wenn es tatsächlich dazu kam, dann hatte er auf seinem Weg dorthin zahlreiche Opfer hinterlassen. Eine Spur aus Unglücklichen, aus Mutanten, die nicht mehr leben, sondern nur noch dahinvegetieren konnten. Sie waren dann einer Nachwelt überlassen worden, die sich ihren Zustand und ihr Aussehen nicht erklären konnte und dem Problem hilflos gegenüberstand.
Ich hatte es in der Hand, dies zu verhindern. Den Stecher der Waffe nur kurz nach hinten ziehen, damit die Beretta die Kugel ausspie. So gezielt, daß sie Drusow auf der Stelle tötete.
Der Mann schaute mich an. So wie er blickte, erinnerte er mich an einen bleich geschminkten, glotzäugigen Vampir, dem man die Zähne ausgeschlagen hatte und der trotzdem noch mit offenem Mund auf dem Stuhl saß, als würde er darauf warten, daß ihm die Vampirhauer wieder nachwuchsen.
Ein kurzer Druck reichte, einer nur, dann würde er nicht mehr existieren.
Aber sein Erbe noch. Die Menschen aus den Slums, auch Mark Olson, in dessen Stirn die Zähne eingewachsen waren.
Ich focht den innerlichen Kampf aus. Ich hoffte dabei, daß Drusow mir meinen Zustand der Zerrissenheit nicht ansah, und er klappte den Mund zu wie ein Fisch das Maul.
»Wo willst du mich treffen?« fragte er. »In den Kopf. Willst du meinen Schädel zertrümmern?«
»Es wäre eine Möglichkeit.«
»Oder mein Herz vernichten.«
»Auch das?«
Drusow kicherte mich an.. »Du wirst keine der beiden Möglichkeiten erreichen, Sinclair. Ich bin dir überlegen. Ich beherrsche nicht nur das Teleporting, ich bin selbst ein Teleporter. Das heißt, ich kann mich von einem Ort zum anderen bewegen. Ich kann mich selbst innerhalb einer winzigen Zeitspanne verschwinden lassen, um kurz danach an einer anderen Stelle wieder zusammenwachsen. Ist das was?«
»Auch schneller als eine Kugel?«
»Das ist kein Problem. Ich habe dir gesagt, wie gut ich bin. Ich sehe mich selbst als Genie an. Ich habe viel Zeit gehabt, um meine Fähigkeiten zu vervollkommnen. Eigentlich müßte ich mich freuen, daß du zu dem Entschluß gekommen bist, mich zu erschießen. Jetzt gilt es, Sinclair, nur wir beide.«
Verdammt, das half mir auch nicht. Ich war mir gegenüber ehrlich und gestand mir ein, daß mich seine Sicherheit verunsicherte. Hier war die Situation gekippt. Er gab sich überaus sicher, er lauerte darauf, daß ich mich überwand.
»Na los, Sinclair, ich warte!«
»Ja, ist gut!« Meine Stimme hatte sich heiser angehört. Ich wußte auch nicht, was da in meinem Innern heiß in die Höhe stieg, so daß ich einen roten Kopf bekam.
War es die Scham?
Fühlte ich mich schon jetzt als Mörder? Wenn ich schoß, dann stand ich mit denen auf einer Stufe.
Was war, wenn ich nicht schoß?
Dann würde Drusow eingreifen und mich dank seiner furchtbaren Fähigkeiten teleportieren.
»Was zögerst du?« Er breitete die Arme aus, grinste wieder. Drusow sah aus wie eine Gestalt aus der asiatischen Mythologie. Ein glänzendes, breites, dämonisches Monstrum, das sich seiner Macht sehr sicher war.
Musik…
Unheimliche Klänge, dieses widerliche Tirilieren. Es war der Anfang, ich wußte es.
Er hatte seine Kraft eingesetzt.
»Du oder ich, Sinclair!«
»Ich, verdammt!« brüllte ich und drückte ab.
***
Melodien aus einer unsichtbaren Knochenflöte wehten Suko entgegen. Obwohl es ihn nicht unmittelbar betraf, spürte auch er den Sog des Unheimlichen, dieser mörderischen Kraft, die sich in dem Wagen ausgebreitet hatte.
Suko hörte den Mann, der ihm geöffnet hatte, schreien, auch die Stimme seines Chefs im Hintergrund. Um beide könnte er sich nicht kümmern. Wichtig war das, was sich auf der Ladefläche abspielte und Suko wie ein Schock traf.
Drei Männer hatten auf das Wesen achtgeben sollen. Sie konnten es nicht mehr tun. Sie lagen auf dem Boden der Ladefläche verkrümmt und leblos.
Das Wesen allerdings handelte.
Auf dem Tisch lag es noch immer, aber es bewegte sich. Suko hatte zuerst vorgehabt, den Wagen zu entern, diesen Plan ließ er fallen, weil er sich auf die Mutation konzentrieren wollte und sich zudem nicht in persönlicher Gefahr befand.
Zu fassen war es nicht, was er sah. Es mußte einfach akzeptiert werden, aber nicht von ihm allein, denn Sir James stand links neben ihm. Er hatte es nicht mehr ausgehalten, und ihn konnte Suko nicht einfach wegschicken.
Der Superintendent war geschockt. Er enthielt sich eines Kommentars. Aber seine
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