0739 - Teufelsträume
auch nicht kommen.«
»Satan ist hier!«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Er hat seine Diener geschickt. Sie holen sich alle Sünder, um sie in die ewige Verdammnis zu zerren. Dieses Dorf ist zu einer Brutstätte des Teufels geworden. Viele sind schon gestorben, die anderen werden ihnen folgen. Seine Diener sind überall, sie lauern, sie freuen sich darüber, wenn sie uns Menschen vernichten können, wobei sie sich an unseren Qualen weiden.«
Da hatte sie unbewußt genau ins Schwarze getroffen, denn so und nicht anders waren die Kreaturen der Finsternis zu beschreiben.
Ich schockte sie mit dem nächsten Satz. »Ihr Mann Edward wollte sich töten. Wissen Sie das?«
»Alle werden wir sterben.«
»Auch durch die eigene Hand?«
»Er hat uns beeinflußt. Der Böse, der Gefallene Engel ist wieder zurückgekehrt.«
Der Gefallene Engel! Da hatte sie den richtigen Ausdruck benutzt, denn so wurde Luzifer auch bezeichnet. Er war derjenige gewesen, der gottgleich hatte sein wollen, doch er hatte dafür schrecklich gebüßt und war in die Tiefe, in das Dunkel und in das Chaos hineingestoßen worden. Deshalb- der-- Gefallene Engel.
»Haben Sie ihn gesehen? Ist es der Dämon? Ist es das Wesen, das hier die Herrschaft ausübt?«
»Ich weiß es nicht. Ich spüre es nur. Wir alle spüren es. Wir alle stehen unter dem Druck.«
»Was tut er?«
»Er schickte die Unheimlichen. Sie kommen in die Häuser und holen uns hervor.«
»Nein!« widersprach ich. »Nein, er wird nicht mehr kommen. Auch seine Diener werden nicht mehr hier erscheinen, weil es sie nicht mehr gibt, verstehen Sie? Sie sind nicht mehr da. Es ist vorbei mit ihnen, glauben Sie mir.«
Sie schaute mich an.
Zuerst sah es so aus, als wollte sie mir glauben, denn in den nassen Augen las ich so etwas wie Hoffnung, dann aber senkte sie den Kopf und hauchte: »Es ist schon zu spät. Die Welt wird nicht mehr gerettet werden können.«
»John, es hat keinen Sinn, wenn du bei diesem Thema bleibst. Glaube es mir.«
»Okay. Was soll ich tun?«
»Sprich mit ihr über die alte Ruine. Das wollten wir doch. Die Ruine ist wichtig.«
Suko hatte recht. Das war mir in den letzten Sekunden direkt entfallen. Ich mußte es nachholen.
Lorna Talbot betete wieder. Sie hielt den Kopf gesenkt. Ich kam mir wie ein Schuft vor, sie in dieser Inbrunst zu stören, aber es mußte sein. Wir mußten weiterkommen.
Wieder stieß ich sie leicht an. Sie betete weiter.
Diese Frau wollte einfach nicht mehr reden. Sie war völlig versunken, so daß uns nichts anderes übrigblieb, als es bei ihrem Mann zu versuchen. Suko hatte seinen Platz bereits gewechselt. Er saß Edward Talbot gegenüber.
Der hielt noch immer das Papiertuch gegen seine Wunde gepreßt.
Ich ließ Suko reden und tauchte in den mit Schatten erfüllten Hintergrund des kleinen Zimmers.
»Edward, hören Sie mich!«
Er gab keine Antwort. Nur die Augen bewegte er, ein Zeichen, daß er Suko verstanden hatte.
»Bitte, Edward, wir müssen mit Ihnen reden. Wir haben Sie gerettet. Weshalb wollten Sie sich umbringen?«
Suko ließ ihm Zeit, eine Antwort zu formulieren, aber Edward Talbot regte sich auch jetzt nicht. Es sah aus wie jemand, der erst noch nachdenken mußte.
Mir kam ein anderer Gedanke. Hatten wir es bei ihm möglicherweise mit einer Kreatur der Finsternis zu tun? Jiri hätte sie erkannt, wir nicht, denn dieses andere war tief im Innern eines Menschen verkrustet. Wenn ich an den Verräter dachte, den es angeblich in unserem Umfeld geben sollte, mußte ich auch daran denken, daß es selbst mein Kreuz nicht schaffte, diesen Verräter ans Tageslicht zu locken.
»Warum wollten Sie sich töten, Edward?«
Als Suko die Frage gestellt hatte, schüttelte ich den Kopf, weil ich nicht damit rechnete, daß der Mann uns eine Antwort geben würde. Ich täuschte mich.
Er sprach. Leise und langsam, als müßte er seine Worte sorgfältig abwägen. »Es hat keinen Sinn mehr. Das Leben hat keinen Sinn. Ich… ich kann nicht bleiben. Es ist nicht mehr möglich. Die andere Kraft ist größer, sie ist über uns gekommen. Es sind die Schatten der ewigen Finsternis. Ich werde mich töten, ich habe mich töten wollen, dann werde ich Lorna töten, denn es ist besser, als die Verdammnis für immer zu erleben. Das werde ich tun.«
»Nein, das werden Sie nicht!«
»Wieso? Du kannst mir nichts sagen.«
»Wir sind gekommen, um euch zu helfen, und wir werden es schaffen, verlaß dich darauf!«
Die Worte mußten ihn doch beeindruckt haben, denn zum
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