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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John E. Muller
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sahen, war eine Sichtbarwerdung dieses Bösen.“
    „Deshalb verschwand es also, als Sie das Kruzifix nach ihm warfen.“
    „Richtig. Wir hatten Glück. Das nächste Mal könnte die Sache schlimmer ausgehen. Denn, glauben Sie mir, dieses Ding ist gefährlicher als jedes lebende Wesen. Es könnte uns vollständig vernichten, auf gräßliche Art und innerhalb eines Augenblicks.
    Das ist der Grund, Fräulein de Ruys, warum ich Sie inständigst bitte, Ihr Vorhaben aufzugeben, jenes Gebäude zu modernisieren und dort zu leben.“
    Einen Augenblick lang glaubte Fenner, Chambers hätte gesiegt. Aus den Augen des Mädchens sprach Entsetzen, das sich aber jäh in einen Ausdruck der Unentschlossenheit verwandelte. Er konnte förmlich hören, wie sie zu sich selber sagte, wie könne man einen so phantastischen Unsinn bloß glauben. Chambers rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her und rieb sich die Hände, als wollte er sie wärmen.
    Dann richtete sich Angela de Ruys plötzlich steil in ihrem Sessel auf und schüttelte entschlossen den Kopf.
    „Nein! Verdammt soll ich sein, wenn ich alle meine Pläne aufgebe, nur weil mir jemand so einen abergläubischen Unsinn aufschwatzt. Geist oder nicht Geist, was ich einmal beschlossen habe, führe ich auch durch. Punktum!“
     

    Chambers seufzte. „Sie sind eine Närrin, Fräulein de Ruys“, sagte er. „Ich hoffe nur, daß Sie lange genug leben, um das zu erkennen.“
    Sie warf Chambers einen verwunderten Blick zu. „Sie werden mich nicht so leicht davon überzeugen können, daß irgend jemand mir ein Leid zufügen will. Auf der Fahrt hierher konnte ich aus dem Taxifenster einen kurzen Blick auf das Schloß werfen. Der Taxifahrer machte mich auf das Gebäude aufmerksam. Es sieht ein bißchen alt und abweisend aus, aber trotzdem nicht unbehaglich. Vielleicht ist es gerade seine Häßlichkeit, die ihm diesen besonderen Charme verleiht. Wenn es erst einmal restauriert ist, wird sogar diese Häßlichkeit verschwunden sein, dessen bin ich sicher.
    Und was die Halluzinationen betrifft, die Sie heute morgen hatten, möchte ich Sie fragen, ob Sie auch daran gedacht haben, daß dieses Ding nicht den geringsten Wunsch hegen könnte, mir etwas zuleide zu tun, da ich ja ein Mitglied der Familie bin?“
    „Ich fürchte, Fräulein de Ruys, daß ich Ihnen darauf keine Antwort geben kann. Alles, worauf sich im Augenblick meine Gedanken konzentrieren, ist die Prophezeiung, die Henry de Ruys aussprach, als die Dorfbewohner ihn sterbend fanden. Daß das Grauen jener Zeit zurückkehren würde, wenn ein Nachkomme der de Ruys Anspruch auf den Besitz der Familie erhebt. Ich frage mich nur, was die Dorfbewohner – ausgenommen uns beide, die wir ohne Zweifel vernünftige und logisch denkende Menschen sind – sagen werden, wenn sie erfahren, daß die Familie nicht vor dreihundert Jahren ausstarb.“
    „Das ist nicht meine Angelegenheit, oder?“ gab sie spröde zurück. „Und wenn niemand sich bereit erklärt, mir bei der Renovierung des Hauses zu helfen, wenn Sie Angst haben, nun – daran habe ich bereits gedacht. Ich hole mir die Leute aus der nächsten Stadt. Ich bin überzeugt, daß sie sich einen Pfifferling um abergläubisches Geschwätz scheren werden, solange die Kasse stimmt.“
    „Da haben Sie recht“, gab Fenner zu. „Dennoch befinden Sie sich in äußerster Gefahr, wenn Sie Ihr Vorhaben durchführen.“
    „Ich glaube, Sie wollen mich ganz einfach nur vergraulen, wer weiß, warum.“ Sie erhob sich.
    „Es tut mir leid, daß Sie das Gefühl haben, wir wollten Sie los werden“, sagte Chambers sanft und stand auf. „Vielleicht haben Sie damit recht, wenn Sie glauben, einem Familienmitglied könne nichts geschehen, aber wenn ich Sie wäre, würde ich mich nicht unbedingt darauf verlassen.“
    „Gibt es hier im Ort einen Gasthof, wo ich einstweilen wohnen kann?“ wechselte sie das Thema. „Schließlich wird es noch eine ziemliche Weile dauern, bis das Schloß so weit bewohnbar ist, daß ich einziehen kann.“
    „In Royton’s Gasthof sind Sie bestens untergebracht“, erklärte Fenner und folgte ihr zur Tür. „Ich werde Sie dorthin fahren.“
     

     
    Die Dämmerung war hereingebrochen, jene Tageszeit, wo die Erde stillzustehen scheint und schweigend auf die Nacht wartet. Die bleiche Wintersonne versank hinter dem grotesken Abklatsch eines einst ehrfurchtgebietenden Herrensitzes oben auf dem Hügel. Vom Fenster der Arztpraxis aus gesehen sah das Gebäude still und

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