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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John E. Muller
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müssen. Der verschollene Zweig. Jetzt paßt wieder alles zusammen. Und das war es, was Henry de Ruys meinte, als er sagte, ein de Ruys würde kommen, um das Erbe anzutreten.“
    „Wie recht er hatte!“ rief das Mädchen gutgelaunt. „Deshalb bin ich ja gekommen. Selbstverständlich muß das Gebäude erst wieder instand gesetzt und modernisiert werden, das habe ich gar nicht anders erwartet, doch ich habe genug Geld zur Verfügung, um diesen meinen alten Traum nun endlich verwirklichen zu können.“
    Fenner schaute zu Chambers hinüber und versuchte, in dessen Gesicht zu lesen. Die Stille, die schwer auf ihnen zu lasten schien, wurde wieder von der ernsten Stimme des Mädchens unterbrochen.
    „Ich glaube, Sie sollten mir alles erzählen, was Sie über meine Familie wissen. Ich habe so lange im dunkeln tappen müssen, daß mir nun jede Kleinigkeit wichtig erscheint. Und falls es irgendwelche Haken an der Sache geben sollte, die ich bis jetzt noch nicht einkalkuliert habe, ich meine, wenn vom Gesetz her Schwierigkeiten auftauchen, dann …“
    Chambers räusperte sich. Er trommelte nervös mit den Fingern auf den Tisch. In der nun herrschenden Stille klang das peinlich laut.
    „Ich finde, Sie haben das Recht, alles zu wissen, Fräulein de Ruys“, sagte Chambers schließlich. „Auch wenn ich bezweifle, daß Sie glauben werden, was ich Ihnen zu berichten habe. Sehen Sie, alles begann mit einem Mann namens Pendrake.“
    „Ich erinnere mich, daß bereits Dr. Fenner diesen Namen während unserer Unterhaltung erwähnte.“ Das Mädchen lehnte sich gespannt vor und stützte das Kinn in die Handfläche.
    „Nun gut. Dieser Mann, Pendrake, lebte während der letzten sechs Jahre oben auf dem Schloß. Er war ein exzentrischer Sonderling. Während der ersten drei Jahre lebte auch noch seine Frau bei ihm. Die beiden waren ordentliche, einfache Leute, bis auf jene Sonderlichkeit, völlig abgekapselt von den übrigen Menschen dort oben zu hausen. Dann, im Juli vor zwei Jahren, fand man die arme Frau auf dem Hügel umherirrend, in einem schrecklichen Zustand. Sie mußte einen entsetzlichen Schock erlitten haben, denn sie schrie unentwegt und redete von grausigen Dingen, die sie oben auf dem Schloß gesehen hatte und die sie nicht beschreiben konnte, die aber so furchtbar gewesen sein mußten, daß sie darüber den Verstand verlor. In ihrem Wahn sprach sie – und das kann Ihnen Dr. Fenner bestätigen – von Dingen, die sich bewegten oder umherflatterten oder aus der Dunkelheit sprangen. Aber immer schienen diese Dinge von dort zu kommen, wo die Letzten der Familie begraben lagen.“
    „Die arme Frau. Und was geschah dann mit ihr?“
    „Man mußte sie zu ihrem eigenen Schutz einschließen. Es war anzunehmen, daß sie sich in ihrer Verwirrung selber ein Leid zufügen würde. Zwei Monate später starb sie in völliger geistiger Umnachtung. Während der ganzen zwei Monate saß sie mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden, die Hände abwehrend von sich gestreckt, als müßte sie sich gegen etwas verteidigen. Ihr Gesicht war so gräßlich angstverzerrt, daß ich es heute noch ab und zu vor mir sehe.“
    Fenner war überzeugt, daß diese Erzählung ihre Wirkung auf das Mädchen nicht verfehlt haben konnte, doch zeigte ihr Gesicht noch immer Entschlossenheit und ruhige Zuversicht. Sie war nicht eine von der Sorte, die leicht aufgab, und es würde mehr als eine einfache Geistergeschichte dazu nötig sein, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen.
    „War das alles?“ fragte sie nach einer Weile.
    Chambers schüttelte verneinend den Kopf und stopfte sich mit zitternden Fingern die Pfeife. „Leider nein. Pendrake weigerte sich, das Schloß zu verlassen. Offenbar hatte jener Ort so sehr von ihm Besitz ergriffen, daß nichts ihn dazu bringen konnte, ins Dorf zurückzukehren. Nicht einmal, als sich ein paar Monate später sein Gesundheitszustand sehr verschlechterte.
    Dr. Fenner besuchte ihn täglich, aber er verfiel zusehends, bis er vor wenigen Tagen starb. Unter normalen Umständen wäre das für alle von uns eine Erleichterung gewesen, aber der Gesichtsausdruck, den der Tote hatte, als man ihn fand, glich so sehr dem seiner Frau, daß Dr. Fenner nicht wußte, wie er die Todesursache benennen sollte.“
    „Ich verstehe. Kein Wunder, daß der Ort in dieser Gegend einen so schlechten Ruf hat. Doch waren die beiden Leute alt. Möglicherweise hatten beide einen Herzfehler. Schon der kleinste Schreck konnte sie töten.“
    „Wir sind

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