0747 - Die Körperlosen von Grosoth
würde, wenn man ihm nicht zu Willen war!
Bisher war er immer unbewaffnet gekommen, aber diesmal trug er ein Schwert bei sich, das so groß und schwer war, daß es ein normaler Mann kaum mit zwei Händen hätte handhaben können.
Dieser Riese trug es mühelos mit einer Hand, zu sofortigem Zuschlagen bereit, falls er angegriffen wurde.
Doch wer konnte das schon versuchen? Gegen Keschimm wirkten selbst die hochgewachsenen Tonamer klein und schwächlich, der kleinere, aber stämmige Fellmer Lloyd gar wie ein Zwerg. Der nur einen Meter große Gucky wurde neben ihm förmlich zu einem Spielzeugtier degradiert...
Und doch war es gerade der Mausbiber, der an Widerstand dachte. Er versuchte mit höchster Konzentration, seine telekinetischen Kräfte gegen den Riesen zum Einsatz zu bringen, was für ihn unter normalen Umständen eine bloße Spielerei gewesen wäre. Doch er konnte sich anstrengen, sosehr er wollte - er erreichte nichts! Nach wie vor wurden seine Psi-Kräfte so vollständig neutralisiert, als habe er sie nie besessen.
Erwisch und Preschtan wollten sich sträuben, weil sie glaubten, bereits jetzt zur Exekution geführt zu werden, aber sie gaben sehr rasch nach. Keschimms Schwert drohte, und ein plötzlich düsteres Aufleuchten in seinen Augen war ihnen Warnung genug. Lloyd und Gucky gingen freiwillig aus ihrer Zelle. Sie hegten die nicht ganz unbegründete Hoffnung, nun endlich mit jenen konfrontiert zu werden, die die Fäden zogen, an denen hier in Knosaur jeder hing.
Zu ihrer Überraschung wurden sie jedoch von dem Folterriesen nicht zum Ausgang getrieben, sondern weiter in das Gebäude hinein.
Sie gelangten an eine schwere hölzerne Tür, die Keschimm mühelos mit einer Hand öffnete, während das Schwert in seiner Rechten die Gefangenen im Schach hielt. Hinter dieser Tür wurde eine steil in die Tiefe führende Steintreppe sichtbar, und die beiden jungen Tonamer schreckten unwillkürlich zurück. Nicht allein vor der Kühle, die ihnen aus dem dahinter liegenden Gewölbegang entgegenwehte, das dort herrschende helle und zugleich schattenlose Licht schreckte sie weit mehr.
Der Folterriese stieß einen dumpfen Laut des Unwillens aus und erhob dann die freie Linke. Er tippte Preschtan und Erwisch nur an, aber die beiden schössen daraufhin förmlich vorwärts und stolperten hastig die Treppe hinunter. Fellmer warf dem Ilt einen bezeichnenden Blick zu, dann folgten die beiden Mutanten ihnen nach.
Sie brauchten keine Worte, um sich zu verständigen, denn das künstliche Licht sagte ihnen bereits alles. Auf Grosocht war das Geheimnis der elektrischen Kraft bisher noch nicht entdeckt worden, also gehörte dieser subplanetare Gang bereits zum Reich der geheimnisvollen Fremden!
Daß sie durch ihn schließlich in die Juchte gelangen würden, stand für sie außer Frage.
Keschimm warf hinter ihnen die Tür ins Schloß und stapfte wortlos hinter der kleinen Gruppe her. Er kannte diesen Gang, das bewies Fellmer Lloyd die Sicherheit, mit der er sich in dieser für Tonamer ungewohnten Umgebung bewegte. Er selbst hatte Erwisch und Preschtan von gewissen Aufgaben berichtet, die er noch zu verrichten hatte, und es war nicht schwer zu erraten, daß sie in Diensten für die Bewohner des Turmbaus bestehen mußten.
Ein weiteres Detail fiel ihm ein und rundete dieses Bild ab: Erwisch hatte auch von den Strafen für jene gesprochen, die die Anweisungen der Gottheit nicht befolgten. Diese Unglücklichen wurden zweifellos durch den Riesen auf diesem Weg in die Juchte gebracht, um dort dem vollen geistigen Einfluß des oder der fremden Mutanten ausgesetzt zu werden!
Kein Wunder, daß sie anschließend für ihr ganzes Leben gefügig sind, dachte Fellmer grimmig. Doch mit uns wird dieser falsche Gott nicht so leichtes Spiel haben - wir haben zwar unsere Parakräfte eingebüßt, aber die Fähigkeit, unsere Gehirne abzublocken, haben wir nicht verloren!
Der Tunnel zog sich mehrere hundert Meter lang hin. Er verlief nicht gerade, sondern unregelmäßig gewunden. Das und die Beschaffenheit der grob bearbeiteten Wände und der relativ niedrigen Decke ließ darauf schließen, daß er schon vor langer Zeit von den Eingeborenen selbst angelegt worden war. Es gab auch einige Abzweigungen, in denen es vollkommen dunkel war, während in dem Hauptgang überall die gleiche schattenlose Helligkeit herrschte, ohne daß eine Lichtquelle erkennbar war.
Nach einiger Zeit stieß Gucky seinen Gefährten unauffällig an. „Hörst du es auch?"
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