075 - Der Kopfjaeger
Aufzeichnungen.
Frederic de Buers Aufzeichnungen.
Heute bin ich wieder einen Schritt weitergekommen. Es gelang mir, einen Toten für einige Stunden zum Leben zu erwecken. Doch der Zauber war zu schwach. Aber es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl zu sehen, wie sich der Tote bewegte und wie er auf einfache Befehle reagierte. Irgendwann wird es mir gelingen, aus verschiedenen Leichenteilen einen perfekten künstlichen Menschen herzustellen.
Ich will die Geister von Verstorbenen beschwören. Sollte mir das gelingen, so ergeben sich besonders reizvolle Variationsmöglichkeiten. Ich muß nur Vorkehrungen treffen, damit sich die Geister der Toten nicht gegen mich wenden und meiner Kontrolle entgleiten.
Die erste Geisterbeschwörung klappte überhaupt nicht. Mir gelang es zwar, mit einem Geist Verbindung aufzunehmen, doch ich konnte ihn nicht in den Körper des Toten bannen. Ich nahm verschiedene Kontakte mit Geisterbeschwörern auf, doch die meisten sind nur Scharlatane. Ich benötige dringend ein gutes Medium.
Ich nahm an einer Geisterbeschwörung bei Claude Marquet teil. Seine Frau scheint ein gutes Medium zu sein. Sie verfügt über starke Kräfte, die ihr Mann nicht wecken kann. Gilbert Sanson führte mich hin, mit dem ich mich vor einigen Tagen angefreundet hatte. Er will unbedingt den früheren Henker von Paris, Charles-Henri Sanson de Longval, beschwören.
Der Besuch bei Marquet brachte mir übrigens eine andere interessante Neuigkeit. Ich entdeckte im Keller einen Geheimgang, der direkt zu meinem Haus in der Rue Moret führt. Ich ahnte, daß so ein Gang existieren mußte. Ich werde ihn durch magische Fallen sichern.
Es ist mir gelungen, Claude Marquet und seine Frau zu beeinflussen. Sie gehorchen mir aufs Wort. Sanson liegt mir ständig in den Ohren, doch endlich den Versuch zu wagen, seinen Urahnen zu beschwören, doch das muß noch einige Zeit warten. Ich habe meine Experimente noch nicht abgeschlossen.
Sanson stellte mir einen Freund vor, Raymond Pellegrin. Ich habe nun auch über Sanson und Pellegrin Macht. Bei Lebenden geht alles sehr einfach, aber mit den Geistern habe ich Schwierigkeiten. Endlich gelang es mir. Endlich! Das ist ein Tag zum Feiern. Ich beseelte einen Toten. Er spricht ganz vernünftig und folgt mir aufs Wort. Leider hat er große Gedächtnislücken. Aber ich bin wieder einen Schritt vorwärtsgekommen. Doch wird es immer schwieriger, Leichenteile zu beschaffen. Ich muß mir da etwas einfallen lassen; und ich weiß auch schon, was ich tun werde. Ich werde eine magische Falle errichten und zwei Männer dort postieren.
Die Falle ist ein voller Erfolg. Heute wurde sie zum erstenmal in Betrieb genommen. Sie befindet sich auf der Straße von Paris nach Versailles. Es regnete, und der erste Wagen ging in die Falle. Der Wagen kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Der Fahrer trug schwerste innere Verletzungen davon. Der Mann heißt Pierre Gormat. Ich löste seinen Kopf vom Rumpf und schloß ihn an das von mir entwickelte System an. Der Erfolg war über alle Erwartungen gut. Der Schädel lebte weiter. Er kann sprechen und völlig klar denken. Morgen ist es soweit. Ich werde Gormats Kopf auf einen präparierten Körper verpflanzen, den ich aus verschiedenen Leichenteilen zusammengesetzt habe. Und dann werden wir versuchen, den Geist von Charles-Henri Sanson de Longval zu beschwören. Dieses Experiment wird die erste Krönung meiner Bemühungen sein. Ich werde Gilbert Sanson als Medium verwenden. Die Beschwörung werde ich in Marquets Keller durchführen. Alles ist vorbereitet. Ich hoffe, daß ich Erfolg haben werde.
Die Person des Henkers von Paris hat mich seit meiner frühesten Jugend fasziniert. Gilbert Sanson zeigte mir einige alte Dokumente, die die ganze Geschichte der Longvals beinhalten.
Durch welche Umstände sich der Name de Longval zu Sanson de Longval erweitert, darüber gibt es keinerlei Aufzeichnungen.
Die Übersiedlung der Sansons aus der – Provinz nach Paris hatte im Jahre 1685 stattgefunden. Charles Sanson de Longval war damals zum Scharfrichter von Paris ernannt worden. Und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatten die Sansons diese höchste Stellung, zu der ein Scharfrichter in Frankreich aufsteigen konnte, innegehabt. Alle Banditen, Mörder und Giftmischer, die von den Pariser Gerichten zum Tode verurteilt worden waren, starben durch die Hand eines Sanson. Und der bekannteste Henker aus dieser Dynastie war zweifelsohne Charles-Henri Sanson de
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