075 - Die Schöne und der Höllenwolf
daß wir uns den Weg hätten sparen können, war sie wieder sehr enttäuscht.«
Roxane trat ein, und wir berichteten meiner blonden Freundin, was zur Zeit in Schwebe war.
»Wenn ich helfen kann…«, sagte Vicky Bonney sofort.
»Das ist vorläufig nicht nötig«, erwiderte ich. »Erst mal muß sich Harold Janssen melden. Dann werden wir weitersehen.«
Mein Vorschlag, ebenfalls zu Bett zu gehen, fand allgemein Anklang.
Eine halbe Stunde später kuschelte sich Vicky eng an mich, und so schliefen wir ein.
Tags darauf meldete sich Janssen nicht. Er war also wirklich sauer auf mich, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich brauchte seine Aussage.
Also begab ich mich nach Knightsbridge und erdreistete mich, noch einmal an die Tür der Janssens zu klopfen. Wieder öffnete mir die korpulente Frau.
»Sie scheinen vom Pech verfolgt, Mr. Ballard«, sagte Jenna Janssen. »Mein Mann ist wieder nicht zu Hause.«
»War er's zwischendurch wenigstens mal?«
»Ja, das schon.«
»Das freut mich für Sie, Mrs. Janssen.«
»Er kam heim, eine halbe Stunde nachdem Sie fortgefahren waren. Ich roch sofort, daß er getrunken hatte, und machte ihm die Hölle heiß. Ich habe eine sehr gute Handschrift. Was ich ihm eingebleut habe, vergißt Harold nicht so schnell.«
Von Emanzipation schien man in dieser Familie noch nichts gehört zu haben. Hier hatte nur Jenna Janssen die Hosen an, und der Rest hatte nach ihrer Pfeife zu tanzen.
»Haben Sie ihm nicht gesagt, er soll mich anrufen?« fragte ich.
»Doch. Hat er's nicht getan?«
»Leider nein. Ist er wieder mit dem Taxi unterwegs?«
»Das Taxifahren ist sein Nebenjob. Hauptberuflich arbeitet er als Kranführer.«
»Welche Baustelle?«
Sie sagte mir, wo ich ihren Mann finden würde, und ich verabschiedete mich.
»Was glauben Sie denn so wichtiges von Harold erfahren zu können, Mr. Ballard?« wollte die Frau noch wissen.
»Er hatte einen Verbrecher im Wagen.«
»O mein Gott. Einen Mörder vielleicht?«
»Ja, Mrs. Janssen. Einen Mörder. Ich hoffe, daß ich den Mann mit der Aussage Ihres Mannes dingfest machen kann.«
»Dafür drücke ich Ihnen beide Daumen.«
***
David Vaughn hatte einen ziemlich reich gefüllten Terminkalender. Für ein beschauliches Privatleben blieb ihm kaum Zeit. Deshalb war auch seine Ehe vor zwei Jahren in die Brüche gegangen. Er hatte damit gerechnet. Es hatte ihn nicht überrascht, als seine Frau eines Tages die Koffer packte und zu ihren Eltern zurückkehrte.
Der Rest war dann nur noch eine Sache der Anwälte. Es gab keine guten Worte und keine Versöhnungsversuche. Nüchtern und verhältnismäßig schnell - und auch sauber - wurde die Ehe geschieden. Vaughns Frau bekam, was ihr zustand, und er konnte es sich leisten, freiwillig sogar noch etwas draufzulegen.
Er war ihr nicht böse, daß sie nicht bei ihm geblieben war. Sie hatten ja doch so gut wie nichts von einander gehabt. Manchmal, wenn er lange nach Mitternacht nach Hause gekommen war, hatte er sie nebenan im Bett weinen gehört. Auf die Dauer war das für sie beide kein Zustand gewesen.
Nach der Scheidung schwor er sich, nie wieder zu heiraten. Da er auf Sex aber nicht verzichten wollte, schaute er sich nach etwas Passendem um. Und er geriet an Sharon Griffith.
Das Mädchen hatte zwar keine Hochschulbildung, aber sie war nicht dumm. Im Gegenteil, er staunte manchmal über ihre Intelligenz und ihre rasche Auffassungsgabe. Sie hatte zudem einen gesunden Menschenverstand, so daß es durchaus möglich war, sehr ernste Gespräche mit ihr zu führen.
Und der Clou war, daß zwei seiner besten Entscheidungen nicht auf seinem, sondern auf ihrem Mist gewachsen waren. Natürlich durfte er das niemals publik machen, sonst war er als vielgefragter Politiker erledigt.
Er saß in zahlreichen Gremien und Ausschüssen. Seine Gegner nannten ihn einen Ämterkumulierer, einen Hans Dampf in allen Gassen. Man behauptete, er wäre ein gewissenloser Multifunktionär, dem es nur darum ginge, so viele Jobs wie möglich auf sich zu vereinigen, aber anhaben konnte man ihm nichts, denn was unter seiner Verantwortlichkeit getan wurde, hielt den Angriffen politischer Gegner jederzeit stand.
Bei einem so dichtgedrängten Programm, wie es David Vaughn täglich absolvierte, hatte er keine Zeit, um die Gunst einer Frau zu werben. Er fand es praktischer, zwischen zwei Terminen schnell mal bei Sharon vorbeizuschauen und sich von ihr ein wenig verwöhnen zu lassen.
Sie wußte von seinen Zeitnöten und machte
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