0752 - Lauras Leichenhemd
enger geworden, über seinen Rücken liefen kalte Schauer, und erschaute auch zu, wie sich Laura vor ihm drehte.
Sie schien beflügelt zu sein. Ihr Leichenhemd schwang dabei in die Höhe.
Johnny wollte aufstehen.
Er stöhnte.
Es fiel ihm schwer.
Bleigewichte schienen seinen Körper beschwert zu haben, und er schaffte es endlich mit einer wahnsinnigen Mühe, wieder auf die Beine zu kommen. Schwankend blieb er vor der Bank stehen. Rechts und links engte sich das Blickfeld ein. Der Himmel hatte den strahlenden Glanz verloren. Erschien für ihn aus einem dunklen Mauerwerk zu bestehen, das sich allmählich senkte.
Er sah nur sie.
Laura stand vor ihm.
Ihr Gesicht hatte sich verändert. Es sah aus als wäre ein Schatten darüber hinweggehuscht, wieder zurückgekehrt und hätte sich dann auf den Zügen festgesetzt.
Die Augen leuchteten dabei in einem tiefen Glanz. Sie sahen aus wie düstere Perlen.
Fanatismus strahlte ihm entgegen…
Johnny schaffte es, den Kopf nach links zu drehen. Nach dieser Bewegung hatte er das Gefühl, die eine Welt verlassen und die andere betreten zu haben.
Da stand sein Rad!
Es schwankte. Sein Blick war beeinträchtigt worden. Hinter dem Kopf lastete ein starker Drück. Es waren nur wenige Schritte bis zu seinem Rad. Er brauchte sie nur zu gehen, sich in den Sattel zu schwingen und wegzufahren.
»Komm her, Johnny!«
Ein Befehl! Scharf und hart hatte er den Mund der Laura Saracelli verlassen.
Und Johnny gehorchte, weil er nicht anders konnte. Er drehte sich dem dunkelhaarigen Mädchen zu, das nicht mehr so war wie früher, denn in ihm steckte ein furchtbarer Geist.
Laura hatte ihm von einer Prinzessin erzählt, deren Geist das Totenhemd getränkt hatte. Wie eine Prinzessin kam sie ihm nicht vor, nein, da erinnerte sie ihn schon mehr an eine Königin aus dem Schattenreich. Düster und gefährlich.
Sie trug das Kleid, und eine unheimliche Aura hielt sie umfangen.
Sie war nicht zu sehen, nur zu fühlen, und Johnny merkte das Böse genau, das aus dem Leichenhemd hervor in seine Richtung kroch.
All seine Bemühungen, sich dem Grauen zu entziehen, klappten nicht. Laura Saracellis Leichenhemd war stärker.
»Komm…«, lockte sie. »Ich warte auf dich. Ich werde dich von deinem Leben befreien. Du wirst etwas Sinnvolles tun und für die Prinzessin sterben. Sie will Blut, immer nur Blut, dein Blut …«
Johnny gehorchte.
Er machte den ersten Schritt, dann den zweiten. Er wusste nicht, wie die Menschen vor ihm gestorben waren. Man hatte von natürlichen Todesfällen und Unglücken gesprochen.
Und ein Unglück würde auch ihm widerfahren…
***
Neben mein Wagen hielt der Porsche mit quietschenden Reifen, weil Bill Conolly ihn so hart abgebremst hatte. Er sprang aus dem Wagen, hochrot im Gesicht, und ich sah, dass Sheila neben ihm saß, mit einem flackernden Blick in den Augen.
Ich öffnete die Rovertür.
»Nichts«, sagte Bill. »Verdammt noch mal, wir haben von ihm nichts gefunden.«
Da konnte ich ihm nur zustimmen. Auch Suko und ich hatten von Johnny keine Spur gesehen. Wir waren natürlich später in dieser Gegend eingetroffen, hatten von unterwegs noch miteinander telefoniert und diesen Treffpunkt ausgemacht.
Ich stieg aus.
Bill stand vor mir. Er hob die Arme und ließ sie wieder fallen. Sein Gesicht sah verzerrt aus. Die Sorge um seinen Sohn stand dort wie eingemeißelt.
»Jetzt weiß ich mir keinen Rat mehr, John.«
Ich wusste auch keinen, suchte trotzdem nach Worten, und dabei drehte ich mich auch, um in die Runde zu zeigen. Natürlich standen hier Häuser, aber versteckt in großen Vorgärten und durch das Grün der Bäume verdeckt. Es gab Wege, die sich durch das Gelände schlängelten, schmal und nur den Einheimischen bekannt, zu denen ich Bill zählte, obwohl sein Haus noch mehr als eine Meile von hier entfernt stand.
»Bill, du wohnst hier. Wo könnten die beiden hingegangen sein?«
Wir gingen immer davon aus, dass sich Laura und Johnny getroffen hatten.
»Ich weiß es doch nicht!« Er quälte sich.
»Einsame Stellen – gibt es die?«
»Ja, schon.«
»Wo denn?«
»Wir müssten eine große Suchaktion durchführen. Das wäre die einzige Chance.«
Sheila stieg aus. Sie hatte mitgehört. »Ja, Bill, das ist es auch. Wir starten eine große Suchaktion. Wir nehmen uns jeder eine bestimmte Richtung vor. Ist das okay?« Auch sie war nervös und ängstlich. Auf ihren Wangen tanzten rote Flecken. An den Augen war zu sehen, dass sie geweint hatte. Ihre Knie zitterten,
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