0756 - Der Kopfjäger des Spuks
wissen, wo sie sich hier befanden.
»In einer günstigen Gegend. Man wird uns nicht finden.«
»Wo?«
»Noch in London.«
Mallmann wollte es genau wissen. Er drängte sich an Sir James vorbei und öffnete die rechte Türhälfte so weit, bis ihm ein guter Blick gestattet wurde.
Assunga behielt Sir James im Auge.
Der Mann spürte den Hass der Hexe, der gegen ihn strömte. Dabei konnte er überhaupt nichts dafür, dass sie den Mantel nicht mehr besaß.
Mallmann kam zurück.
»Zufrieden?«, fragte Assunga.
»Ja, es ist einsam genug.«
»Wann willst du wieder anrufen?«
»Bei Anbruch der Dunkelheit. So lange werden wir noch warten müssen. Obwohl ich es andersrum lieber hätte.« Er starrte den Gefangenen an. »Sein Blut würde mich schon reizen.«
»Vergiss es vorerst.«
Sir James hatte sich wieder gefangen. Er gab sich sogar ziemlich sicher, beinahe schon normal, und er fragte, wie sich die beiden die Übergabe vorgestellt hatten.
»Das soll dich nicht kümmern, alter Mann!«, antwortete Assunga knallhart. »Frage dich lieber, wo du sterben willst.«
»Das weiß ich nicht. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.«
Sie grinste ihn an und hielt das Messer dicht an seine Kehle. »Auch dadurch kannst du vernichtet werden. Ein Schnitt reicht. Das Messer schlitzt dir die Kehle von einem Ohr zum anderen auf.«
Sir James wich zurück. Er traute der Hexe alles zu, auch dass sie plötzlich durchdrehte, aber Mallmann ging dazwischen. »Lass es sein, verdammt! Denk lieber daran, wie wir den Mantel zurückbekommen.«
»Durch ihn hier.«
»Ja, kann sein. Aber ich würde gern wissen, wohin dieser verdammte Sinclair gereist ist, nachdem er den Mantel übergestreift hat. Kannst du dir das vorstellen?«
»Nein, leider nicht.« Sie sah Mallmanns spöttisch angehauchtes Lächeln und regte sich auf. »Glaubst du denn, dass ich allwissend bin, zum Henker?«
»Das nicht. Aber du kennst deinen Mantel.«
»Na und?«
»Du kannst ihn lenken.«
»Ich schon, aber nicht er. Wenn sich Sinclair meinen Mantel überstreift, muss er sich ihm auch ergeben, wenn du verstehst. Es ist dann der Mantel, der die Kontrolle übernimmt. Er schaltet seinen Willen aus, nur ich kann ihn führen.«
Mallmann verengte die Augen. »Und das stimmt? Davon bist du überzeugt, Assunga?«
»Ja, ich weiß es.«
Der Vampir ballte seine Hände zu Fäusten. »Dann, verflucht noch mal, hätte Sinclair den Mantel doch niemals überstreifen dürfen. Oder liege ich da falsch?«
»Nein, du hast Recht. Es hätte nicht passieren dürfen. Und ich kann dir auch keine Garantie dafür geben, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder an einem bestimmten Ort ist.« Im blassen Licht war ihr Lächeln deutlich zu sehen, aber es sah nicht ehrlich aus. »Wir stehen nicht gerade in der ersten Reihe, mein Lieber. Unser Plan kann sehr schnell kippen. Der Mantel hat über Sinclair die Kontrolle übernommen. Er ist uralt, er ist aber mächtig und eine wunderbare Entwicklung aus der Urzeit, wo die Mächtigen schon so weit fortgeschritten waren, dass es kaum für möglich gehalten wurde. Heute versuchen Wissenschaftler gleichzuziehen, durch Teleporting und andere Dinge, die aber noch im Keim stecken geblieben sind. Dieser Mantel aber hat der mächtigen Lilith gehört, und deren Kräfte waren einfach unermesslich.«
Der Vampir strich über sein dunkles, leicht gelichtetes Haar. Dabei drehte er sehr langsam den Kopf, bis sich der Blick auf Sir James einpendelte.
Der Superintendent hatte den Dialog zwischen den beiden sehr genau verfolgt und war auch intelligent genug, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Dass er damit auf der richtigen Seite stand, hörte er wenig später aus Mallmanns Mund. »Wenn das alles so läuft und du Recht hast, Assunga, dann ist dieser Alte hier überflüssig.«
»Ich weiß es nicht genau, aber möglich ist es schon.«
»Ja, es ist wahr.« Er ging einen Schritt auf Sir James zu. »Ich denke, dass ich bisher genügend Rücksicht auf ihn genommen habe. Das brauche ich nicht mehr zu tun.«
»Du willst sein Blut?«
»Sicher!« Mallmann bückte sich, um Sir James anzufassen. Der hatte sich mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt und sah die Klaue mit den ausgebreiteten Fingern wie die Kralle eines Raubvogels auf sich zuschweben. Dann packte Mallmann zu.
Die Finger wühlten sich in Höhe der Brust in den Hemdstoff und drückten ihn zusammen. In den Augen des Blutsaugers lag ein gieriges Funkeln. Das D auf seiner Stirn glühte
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