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076 - Mimikri

076 - Mimikri

Titel: 076 - Mimikri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Pukallus
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Ul'bas Kiemensystem hörbar rasselten. Außerdem schwoll gelegentlich sein hellblauer Rückenkamm.
    Nach dem, was Rulfan inzwischen über Hydriten wusste, waren das unverkennbare Symptome stärkerer Erregung.
    Vermutlich quälten ihn Sorgen um diese Hydritin, von der er vorhin gesprochen hatte.
    Es berührte Rulfan sonderbar, dass diese fischigen, schuppigen Wasserwesen sentimentale Regungen kannten. Er selbst hatte sich selten genug einen Ausflug in zarte Empfindungen geleistet - die meist tödliche Umgebung verzieh solche Fehler selten.
    Trotzdem verstand er Ul'ba besser, als er sich eingestehen wollte. Der Grund dafür war Aruula, die Barbarin, die Matt Drax begleitete. Eine Zeit lang - nachdem die beiden getrennt und auf einen britanischen Sklavenmarkt verkauft worden waren - hatte es ausgesehen, als wäre Drax für immer verschollen.
    In dieser Zeit war Aruula mit ihm, Rulfan, gereist und hatte sogar einmal ihr Lager mit ihm geteilt. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte der Sohn eines Bunkermenschen und einer Barbarin erfahren, was Liebe wirklich bedeutete, auch wenn er nicht den Mut gefunden hatte, es ihr zu sagen.
    Und dann hatten sie wider Erwarten Matt Drax in Meeraka aufgespürt -Rulfan verwünschte den Tag! -, und Aruula war wie selbstverständlich zu ihm zurückgekehrt.
    Dass Rulfan sich jetzt an dieser Rettungsaktion beteiligte, lag gewiss nicht am Hilferuf Commander Drax', sondern weil er Aruula in Gefahr wähnte.
    Er wollte sie nicht im Stich lassen, und wer wusste schon, ob…
    Rulfan verdrängte den Gedanken. Er wollte sich keine Hoffnung gestatten, bevor er Aruula wiedergesehen und mit ihr gesprochen hatte.
    Etwas mehr als eine Viertelstunde verstrich, bis am Ausstieg der Qualle gedämpfte Schmatzgeräusche ertönten.
    Die bionetische Muskulatur wogte und klaffte auseinander. In dem Durchschlupf erschien Mer'ols Schuppenschädel.
    »Ihr könnt herein!« , rief der Hydrit.
    Froh über jede Möglichkeit, seinem Bewegungsdrang nachzugeben, sprang Wulf mit einem weitem Satz als erster durch den fleischigen Spalt.
    Die Räumlichkeiten der kleinen Fabrik waren noch feucht und kühl, als sich Rulfan durch den mit Ausstieg und Eingang gebildeten Schlauch hinab auf den nassen Fußboden wand. Die Luft roch nach Salz und Tang.
    Hinter Rulfan klatschten die Flossenfüße der drei Hydriten in den Bau. Als Letzter kraxelte Dave McKenzie aus der Transportqualle.
    An schrägen Werkpulten gab es allerlei kuriose Gerätschaften und Rohstoffe zu sehen. Anscheinend wurden hauptsächlich Muscheln verarbeitet.
    »Was wird hier produziert?« , hörte Rulfan den ewig neugierigen Astrophysiker fragen.
    »Gehäus für Wassauhren« , antwortete Ul'ba. »Wird expotiert bis Maaris.«
    »Wasseruhren?« Dave musste unwillkürlich grinsen, als ihn die Anlage plötzlich an eine Kuckucksuhrenfabrik erinnerte, die er einmal im Schwarzwald besucht hatte.
    Rulfan widmete sich längst wieder dem geheimnisvollen Wesen da draußen, das nach wie vor eine große Gefahr für sie darstellte - auch wenn es momentan mit seiner Reproduktion beschäftigt war.
    Was er durch den Feldstecher sah, bestätigte seine Befürchtungen: Die mysteriöse Kreatur hatte ihre Teilung vollendet. Ein großes Exemplar, vermutlich das Mutterwesen, füllte nach wie vor weite Innenbereiche des Hydrosseums aus und belegte den Vorplatz; das zweite, kleinere Exemplar hatte mit seiner Körpermasse das Kuppeldach eingehüllt.
    »Von nun an haben wir zwei Gegner« , sagte Rulfan. Er senkte den Feldstecher und überließ ihn McKenzie.
    Der Mann aus der Vergangenheit starrte stumm durch das Glas hinüber zum Hydrosseum. Dann gab er es wortlos weiter an Quart'ol.
    Plötzlich deutete Mer'ol durch ein anderes Bullauge ins Freie.
    »Todes-Man'tane!«
    Eilends begaben sich Rulfan, McKenzie und die beiden anderen Hydriten an benachbarte Bullaugen. Und tatsächlich: In einigem Abstand schweben zwei rochenähnliche Tiere elegant durchs Wasser. Rulfan schätzte ihre Breite auf vier und ihre Länge auf sieben Meter. Sie hatten schwärzliche Rücken und weiße Bäuche.
    An ihrem Schädel schimmerte etwas Grünliches. Ein Auge? Ein anderes Organ?
    Ul'ba zischte heisere Fauchlaute der Bestürzung. Offensichtlich hielt er das Auftauchen der »Todes-Man'tane« für ein weitere Gefahr.
    Rulfan wandte sich an Quart'ol.
    »Was sind das für Biester?« , fragte er.
    Der Hydrit sah ihn mit ungewissem Blick an, als überlegte er, ob er dem Menschen ein Geheimnis tatsächlich anvertrauen durfte.

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