0760 - Chaos in der Koboldwelt
angezogen, obwohl es in dem Fall nur der durchaus natürliche Zauber einer schönen Frau war, drehte er sich um. Nicole räkelte sich auf der Lustwiese, dem überbreiten französischen Bett.
Sie trug nur einen Hauch von Parfüm am Leib. Zamorra näherte sich ihr. Seine Hände und Lippen berührten Nicoles samtzarte Haut. Er sog ihren Duft ein, und der alte und immer neue Zauber der Liebe begann für sie und nahm sie gefangen, ließ sie ihre Umwelt vergessen.
»Du bist leidenschaftlich wie am ersten Tag«, sagte Nicole später, als sie eng umschlungen dalagen. »Ich werde nie vergessen, wie wir uns das erste Mal sahen.«
»Ich auch nicht«, sagte Zamorra.
Was würde ich ohne Nicole tun, fragte er sich. Längst war sie viel mehr als seine Sekretärin - seine Geliebte, die Frau seines Lebens und seine ihm ebenbürtige Gefährtin. Dabei quirlig und quecksilbrig, launisch mitunter, ein Rätsel. Sie heiterte ihn auf, wenn er niedergeschlagen war, und stand ihm in allen Situationen zur Seite.
»Jetzt kannst du das Frühstück kommen lassen«, sagte sie.
»Schleichhase in Wendelkraut?«
»Damit kannst du Fooly locken, nicht mich. Wo steckt er überhaupt?«
»Bestimmt heckt er mit Lord Zwerg irgendwelchen Unsinn aus.«
Gerade streckte Zamorra die Hand nach dem Telefon aus, um den Brunch zu ordern, als ferner Donner ertönte. Es war Juni, und ein Sommergewitter zog von Norden heran, doch noch hatten sich die Wolken über dem Loiretal nicht zusammengezogen.
»Angst vor Gewitter?«, fragte Nicole mit einem unschuldigen Aufschlag ihrer verlockend langen Wimpern, als Zamorra zögerte.
Er spürte die Ausstrahlung des Amuletts, das auf dem Nachttisch in dem großen Zimmer lag.
»Merkst du nichts?«, fragte er.
»Dich spüre ich, du liegst neben mir. Und… anscheinend bist du bald wieder fit für die Fortsetzung unserer Morgengymnastik.«
»Nici! Das Amulett!«
Jetzt spürte auch Nicole die Aura des Amuletts, das sie warnte. Etwas war nicht in Ordnung. Unheil braute sich zusammen über dem Château Montagne.
Schweflig und düster leuchtete es in den heranziehenden Gewitterwolken.
Zamorra stand auf und trat wieder ans Fenster. Nicole folgte ihm.
»Die Wolke dort über dem Berg hat die Form einer riesigen Faust«, sagte sie.
»Château Montagne ist mit Dämonenbannern gesichert. Außerdem haben wir das Amulett und die Dhyarra-Kristalle. Kein Schwarzblütiger kann hier einbrechen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.«
Die Gewitterwolken zogen rasch näher. Der Himmel verdüsterte sich. Die drückende Schwüle des Junitags spürten die beiden im Schlafzimmer des Schlosses dank der Klimaanlage nicht.
Zamorra hielt das Amulett in der Hand. Es leuchtete schwach, er spürte sein Prickeln. Das zuvor helle Sonnenlicht wirkte jetzt matt.
Zamorra und Nicole hielten den Atem an. Denn plötzlich stieß eine gewaltige Faust aus den Wolken und schmetterte mit Urgewalt auf das Schloss nieder. Massig wie ein Berg war diese Faust.
Ihre Wucht entsprach der von Thors Hammer, den Zamorra in der Straße der Götter von Thor von Asgaard selbst erhalten hatte und der später vernichtet worden war. Unwillkürlich duckten sich der Parapsychologe und die neben ihm stehende Frau.
Doch die magische Sperre, die das Château schützte, hielt dem Angriff stand. Ein Donnerschlag krachte, laut und gefährlich, als sei er nicht von dieser Welt. Kaum war er verhallt ertönte ein wahrhaft dämonisches Gelächter.
»Seltsame Scherze«, sagte Zamorra. »Wer zuletzt lacht, lacht am Besten. Mehr fällt mir dazu nicht ein.«
Nicole presste sich an ihn.
Da klopfte es an der Tür.
»Ist bei Ihnen alles in Ordnung, Monsieur le Professeur?«, erklang Butler Williams Stimme.
»Ja.«
»Haben Sie diesen Spuk auch gesehen? Die gewaltige Faust?«
»Allerdings.« Zamorra nickte, obwohl der Butler im Flur das natürlich nicht sehen konnte.
»Was hat das zu bedeuten?«
»Goethes Faust war es nicht«, antwortete der Parapsychologe gallig. »Dieses Werk steht im Bücherregal. Dieser Faust muss von jemand anders sein.«
William räusperte sich. Er war Schotte und absolut humorlos. »Haben Sie irgendwelche Wünsche, Professor? Mademoiselle Nicole?«
»Unseren Brunch, bitte«, rief Nicole.
»Ich bin bereits mit dem Tablett hier.« Der Butler drückte die Klinke mit dem Ellbogen nieder.
Er trat ein, und er zuckte mit keiner Wimper, seinen Brötchengeber und dessen Lebens- und Kampfgefährtin textilfrei zu sehen. Er stellte das große Tablett nieder.
»Kaffee,
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