0760 - Chaos in der Koboldwelt
irgendwo übernommen hatte, wusste sie nicht.
Eins war jedoch klar: Calderone wollte sie ausspionieren. Er war nicht so gleichgültig gegenüber der Operation Koboldwelt, wie er tat. Stygia verzog die vollen Lippen zu einem Lächeln und rief den Para-Reflektor mit ihrer Gedankenkraft zu sich her.
Sie barg ihn in ihrem Armreif, der ein Fach enthielt, das mit entsprechender Umwandlung auch große Gegenstände in sich aufnehmen konnte. Sie würde den Para-Reflektor noch untersuchen.
So nicht, Calderone, dachte die Fürstin der Finsternis.
Marchosias hatte seine Unterweisungen beendet.
»Was meinst du dazu, Vetter Armand?«, fragte er den Konnetabel der Hölle abschließend. Der Feuerbart wiegte seinen Kopf hin und her. Die Flammen an seinem Kinn flackerten. Er war als Einziger des Höllischen Dreigestims mit Marchosias verwandt.
»Ein guter Plan, aber wir sollten mehr in die Offensive gehen«, antwortete er. »Dieser Zamorra ist der Hölle schon lange ein Dorn im Auge. Er und seine Gefährtin Duval haben viele Dämonen vernichtet und oft höllische Pläne durchkreuzt.«
»Du willst Zamorra angreifen?«, fragte Stygia.
»Es gibt Mittel und Wege, und zahlreiche Waffen. Ich war zu meinen Lebzeiten Reichsfeldmarschall des Königs von Frankreich. Zahlreiche Schlachten habe ich geschlagen. Ein dunkles Geheimnis umgab mich. Denn düstere Blutorgien feierte ich, und ich verschrieb meine Seele dem Teufel, wie Gilles de Rais [3] , dem ich auch in anderer-Weise nacheiferte. Als ich schließlich entlarvt und zum Tod verurteilt wurde - ungeachtet meiner hohen Stellung und meiner Verdienste um das Königreich - bat ich, mir die rechte Hand abschlagen zu dürfen, wie ich es dem Teufel gelobt hatte. Der Wunsch wurde mir erfüllt, und Lucifuge Rofocale nahm meine Seele bei sich auf. Da ich ihm ein so guter Diener gewesen bin, wurde ich zu einem Dämon. Für die rechte Hand jedoch, die ich mir abschlug, erhielt ich eine Besondere.« Er hob die Rechte. Sie schimmerte metallisch und glühte von innen heraus. »Das ist die Höllenhand, die Zamorra zerschmettern wird.«
»Zeig mir ihre Kraft«, verlangte Stygia.
»Seht Ihr die Säule dort, Herrin? Passt auf!«
Der Konnetabel der Hölle machte eine Bewegung, als werfe er einen Stein. Die Hand löste sich vom Gelenk, wuchs rasend schnell an und krachte groß wie ein Pkw gegen die Säule, die in Splitter zerbarst. Ein Teil der Decke stürzte ein, Lava floss herunter.
Stygia störte das nicht. Die Schäden konnten leicht repariert werden. Mit einem so einfachen Zauber brauchte sie sich nicht einmal selbst abzugeben, dafür gab es Dienstboten.
»Nicht schlecht«, sagte sie, als die Höllenhand wieder zum Konnetabel zurückkehrte und mit seinem Arm verschmolz. Die Hand erinnerte sie an die des Asmodis. Auch er konnte sie von sich schleudern und agieren lassen. Das Prinzip schien ihr das Gleiche zu sein. Allerdings war die künstliche Hand des Asmodis im Zuge der letzten Auseinandersetzung zerstört worden… [4] »Du bist ein wertvoller Kämpfer. Warum habe ich nicht früher von dir gehört? Weshalb konnte ich dich nicht eher für meine Zwecke gebrauchen?«
Marchosia's räusperte sich, soweit ein Wolf das konnte, und hielt sich die Pranke vor den Rachen. »Vetter Armand wurde von Magnus Eysenbeiß eingekerkert, der in seiner Zeit auf dem Thron des Ministerpäsidenten manches trieb, was nicht im Sinn des Erfinders war. Eysenbeiß verbarg ihn so gut in den Schwefelklüften, dass ich ihn erst neulich entdeckt habe. Armand Barbe Feu ist tatsächlich ein Vetter von mir. Schon zu Lebzeiten hatte er Schwarzes Blut in sich. Einer meiner Onkel, der als Incubus [5] auftrat, zeugte ihn.«
»Du hast ja eine tolle Verwandtschaft«, entfuhr es Stygia. Sie klatschte in die Hände. »Ihr seid entlassen. Ihr wisst, was ihr zu tun habt. Wenn ihr versagt, erwarten euch die Abgründe des ORONTHOS.« Womit sie die Hölle für die Dämonen meinte.
Es sei denn, aber das sagte sie nicht, Zamorra schickt euch für immer ins ewige Nichts.
***
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Zamorra die bis zum Boden reichenden schweren Vorhänge des Schlafzimmers zur Seite zog. Er schaute über den Swimmingpool und den Schlosspark hinab ins Loiretal. Der hoch gewachsene, muskulöse Parapsychologe streckte und reckte sich.
Während er noch überlegte, ob er übers Haustelefon bei Butler William einen kräftigen Brunch bestellen sollte, hörte er Nicolens Stimme. »Komm ins Bett, Zamorra!«
Wie magisch
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