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0761 - Der Angst-Atmer

0761 - Der Angst-Atmer

Titel: 0761 - Der Angst-Atmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Zamorra erkennen, dass ein Arzt in diesem Fall nichts mehr ausrichten konnte. Die verzerrte, erstarrte Miene des Mannes, der zwischen 50 und 60 Jahre alt sein mochte und steif auf dem Bett lag, sprach Bände. Aber zum einen musste sowieso ein Arzt her - zumindest um den Totenschein auszustellen -, und zum anderen wollte Zamorra ein paar Minuten allein in dem Zimmer verbringen, um der Reaktion seines Amuletts nachzugehen.
    Merlins Stern hatte sich weiter erwärmt.
    Zamorra verzichtete darauf, die Silberscheibe umständlich von der Halskette zu haken und rief sie kurzerhand in seine Hand, wo sie augenblicklich erschien.
    Auch das war eines der Geheimnisse des Amuletts. Sowohl er als auch Nicole vermochten es mit einem Gedankenbefehl zu sich zu rufen, auch über große Entfernungen hinweg.
    Davon abgesehen, dass sich die Scheibe erwärmt hatte, zeigte sie keine Reaktion, als Zamorra jetzt mit ihr in der offenen Hand hinter der Türschwelle stand. Er trat weiter ins Zimmer, und Merlins Stern wurde noch etwas wärmer. Die Gefahr, dass das Amulett Zamorra die Hand verbrannte, bestand nicht, denn die Wärme des magischen Talismans war anderer Natur.
    Zamorra näherte sich dem Toten, und ein silbernes, stofflich wirkendes Leuchten strahlte vom Amulett aus. Wie schimmernder Nebel stieg es mehrere Fingerbreit empor. Und als die Entfernung zu dem Toten nur noch einen Schritt betrug, leckte das Licht nach der Leiche wie auslaufende Brandungswellen.
    Instinktiv wollte Zamorra das Amulett abschalten, weil er fürchtete, die Reaktion könnte den Leichnam beschädigen oder gar auflösen.
    Doch das geschah nicht.
    Stattdessen machte das silberne Leuchten etwas sichtbar. So wie bestimmte Stoffe nur unter UV-Licht zu sehen sind.
    Zamorra machte Spuren aus. Helle Schmierspuren im angstverzerrten Gesicht des Toten.
    Vorsichtig streckte der Parapsychologe die freie Hand danach aus, berührte die kalte, wächserne Wange des Toten und dort einen dieser Schmierstreifen, die nur im Licht des Amuletts zu sehen waren.
    Der Fleck fühlte sich ein wenig klebrig an, und zugleich bröckelte er unter Zamorras Berührung etwas ab.
    Er zog die Hand zurück und besah sich seinen Finger.
    »Schminke«, befand er. »Weiße Schminke wie - von einem Clown?«
    Er bewegte die Hand mit dem Amulett über den Leichnam und fand weitere Rückstände des weißen Make-ups an den Händen und der Kleidung des Mannes. Als er Merlins Stern wegnahm, wurden die Spuren wieder unsichtbar.
    »Höchst merkwürdig«, meinte Zamorra halblaut.
    Einen Reim konnte er sich auf seine Entdeckung nicht machen. Aber immerhin war sie ihm Beweis genug, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging dass Magie im Spiel war.
    Draußen auf dem Gang näherten sich Schritte, und es handelte sich nicht um Coves. Dessen Schrittfolge kannte Zamorra inzwischen. Er nahm sich nicht die Zeit, das Amulett an der Halskette zu befestigen, schaltete es mit hundertfach geübter Bewegung sozusagen in einen »Stand-by-Modus« und ließ es in die Hosentasche gleiten, weil er nicht unnötig Aufmerksamkeit oder gar Aufsehen erregen wollte. Zugleich gab er sich äußerlich den Anschein, als sei ihm in der Gegenwart einer Leiche gar nicht wohl zumute.
    Jemand trat durch die Tür. Jemand, der klein genug war, den Kopf nicht einziehen zu müssen. Unmittelbar hinter der Schwelle blieb der Neuankömmling stehen, als er Zamorras gewahr wurde.
    »Wer sind Sie?«, fragte der kleine Mann in forschem Ton und ohne Zeit mit einer Vorstellung seinerseits oder anderweitigen Höflichkeiten zu vertun.
    Zamorra nannte seinen Namen, verschwieg jedoch, weshalb er wirklich hier war und sagte: »Ich habe mich gerade als Gast eingemietet, und man wollte mir dieses Zimmer zu weisen. Doch es stellte sich heraus, dass es schon belegt war.« Er lächelte schief. »Und mit wem habe ich die Ehre?«
    Der andere, an dem neben seiner geringen Größe vor allem die hervortretenden Augen und die blasse, etwas teigig wirkende Haut auffielen, zeigte den Anflug eines um Verzeihung heischenden Lächelns. »Entschuldigen Sie, ich bin etwas von der Rolle wegen - nun ja - dieser Sache hier.« Er deutete in Richtung des Toten. »Mein Name ist Horace Bartleby. Ich bin der Besitzer von Cardigan Hall.«
    Er trat näher und reichte Zamorra die Hand, die dieser ergriff und schüttelte. Bartlebys Händedruck war kräftiger, als der Parapsychologe erwartet hatte.
    »Ihr Akzent scheint mir amerikanisch, nicht englisch oder schottisch, wenn Sie mir die

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