0761 - Traum eines Cyborgs
und Träume wie er.
Das Schiff verließ den normalen Weltraum und befand sich im Linearraum. Die sechs und acht Zehntel Lichtjahre waren in weniger als einem Tag zurückgelegt. Smolk ging langsam und nachdenklich zurück in seine Kabine, schaltete den Bildschirm ein und wählte ein leichtes, ablenkendes Programm aus der Unterhaltungsabteilung.
Natürlich würden die anderen tun, was ihnen befohlen worden war. Schließlich waren sie noch immer Züchtungen, aber noch keine echten Menschen. Mitten in seinen Überlegungen ging der Türsummer.
„Ja! Komm herein!" schrie Herthor und richtete sich von der Liege auf. Eine tiefe Mattigkeit hatte ihn ergriffen. Das Schott wurde geöffnet. Nacheinander schoben sich drei Mann der Besatzung in den Raum.
„Wir müssen mit dir sprechen, Herth!" sagte einer und schloß die Metalltür.
„Das tut ihr bereits. Worüber?" fragte er. Konnte es sein, daß sie ihn einzeln aufsuchten, weil sie seine Botschaft hören wollten?
„Du hast vor einigen Stunden so merkwürdige Dinge gesagt!"
erklärte ein anderer.
„Sie waren nicht merkwürdig!" sagte Herthor gedankenvoll „Es waren die Überlegungen eines Menschen."
„Wir drei haben dieselben Probleme!"
„Ja? Welche?"
Sie zögerten, darüber zu sprechen. Aber er ermunterte sie.
Nach kurzer Zeit hörte er schweigend und mit steigender Freude und Bewegtheit, daß sie auf dem Weg waren, den er schon beschritten hatte. Auch diese drei Männer hatten in sich die Seele entdeckt. Sie waren noch verwirrt. Noch nicht so sicher wie er.
Sie hatten die Unruhe der ersten Entdeckungen und der schweren Gedanken noch nicht überwunden.
„Was werdet ihr tun?" fragte er schließlich, nachdem er sie soviel hatte berichten lassen, daß kein Irrtum mehr möglich war.
„Nun, wir werden gehorchen. Wir sind Multi-Cyborgs und als Diener der Menschen gezüchtet worden.
Wir werden tun, was unser Auftrag uns befiehlt. Zuerst die kleine arkonidische Kolonie auf Fandmann, dann die anderen Mitglieder der GAVÖK. Nacheinander."
Er stand ächzend auf und nickte.
„Ihr habt einen Weg vor euch, der aus euch allen Menschen machen wird!" sagte Herthor Smolk laut und eindringlich.
„Ihr könnt nichts anderes tun als warten und nachdenken.
Ich machte dieselbe Phase durch und bin jetzt ein echter Mensch.
Wir sind die ersten. Andere werden uns folgen.
Alle Mucys werden sich verändern und sich ihres Menschseins bewußt werden."
„Du hoffst es, nicht wahr?" fragten sie, als sie sich zum Gehen wandten. Er sagte nachdrücklich: „Ich weiß es!"
Sie gingen schweigend und noch verwirrter als vorher.
Herthor lehnte sich wieder zurück und wußte, daß das Schiff in einigen Stunden landen würde. Er hatte keine Vorstellungen von der nahen und fernen Zukunft, aber er würde auf alle Fälle eines erreichen.
Er würde die Menschen, und die Mucys überzeugen, daß sie gleichwertige und gleiche Partner waren!
Er würde mindestens bis zur Landung warten müssen. Also noch einen halben Tag. Er sollte schlafen, um sich für die neue Aufgabe auszuruhen.
9.
Die Schatten des Abends kletterten an den Bergen hoch.
Ein dicker, blauer Nebel erfüllte die Dunkelheit. Einzelne Regentropfen kondensierten und bildeten im harten Licht der vielen Tiefstrahler kleine Fontänen auf dem Staub.
Überall in der Umgebung und auf dem Gelände des kleinen Raumhafens auf Fandmann Vier lag Staub. Der Nebel war wie ein Schleier, der die Zukunft verhüllte. Große, weiße Vögel flogen südwärts, dem fernen Meer entgegen. Ihre Schwingen bewegten den Nebel.
Es gab nicht den geringsten Windhauch.
Der hochgewachsene, breitschultrige Mann, der bewegungslos an einer Landestütze lehnte, hatte den Verschluß seiner Jacke bis fast zum Gürtel geöffnet, trotzdem glänzte Schweiß auf seiner dunklen Haut. Vor zwei Tagen war das Beiboot hier gelandet.
Seit etwa achtundvierzig Stunden versuchten die Frauen und Männner, hier die Lage zu klären.
Von der Polschleuse her näherten sich zögernde, leichte Schritte. Ras bewegte sich nicht. Nur seine schlanken Finger mit den hellen Nägeln führten die Zigarette zwischen die Lippen.
„Ras? Ich bin's, Mgarna!"
„Ich habe dich erwartet", sagte Tschubai leise mit seiner tiefen Stimme. „Im Boot ist nichts los, in der Stadt herrscht die Langeweile, und hier ist es auch nicht viel interessanter."
„Vielleicht wird es ein wenig abwechslungsreicher", sagte die Funktechnikerin und ließ sich von ihm Feuer für ihre Zigarette geben.
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