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0764 - Zeit der Grausamen

0764 - Zeit der Grausamen

Titel: 0764 - Zeit der Grausamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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geschickt, die sie so leicht nicht vertreiben konnte.
    In der folgenden Nacht fand Helen Kern so gut wie keinen Schlaf. Auch der nächste Tag lief nicht gut für sie ab. Immer wieder kamen die Erinnerungen zurück. Immer wieder dachte sie an die schlimmen Dinge, die sich zumeist in der Phantasie abgespielt hatten.
    Sie war froh, als die Anwendungen vorbei waren, denn in jedem Helfer hatte sie einen potentiellen Feind erkannt, der ihr ans Leben wollte. Aber sie lebte noch, und in den folgenden Tagen verblaßte der Schrecken dann.
    Ein paarmal hatte sie auch Sanders getroffen. Auf das Thema waren sie nicht zu sprechen gekommen, obwohl Helen es hin und wieder versucht hatte. Sanders aber hatte sich eisern gezeigt, nur gelächelt und den Kopf geschüttelt.
    Schließlich hatte sie sich damit einverstanden erklärt und ihm versprochen, alles zu vergessen.
    Das klappte auch, allerdings nur bis zur dritten Nacht. Da war es dann passiert.
    Sie war plötzlich erwacht und hatte den Grund dafür nicht gekannt. Jedenfalls war Mitternacht schon vorbei, wie sie mit einem raschen Blick auf die Uhr feststellte.
    Minutenlang saß sie im Bett und wartete. Sie wußte nicht, worauf, es ereignete sich nichts. Sie saß einfach da, ohne etwas zu tun und wischte immer wieder mit beiden Handflächen durch ihr Gesicht, denn dort lief der Schweiß wie Wasser.
    Warum war sie wach geworden? Und warum drängte sich der zurückliegende schreckliche Traum wieder in ihre Erinnerung hinein? Den Grund konnte sie nicht sagen, doch Helen war mutig genug, um es zu versuchen. Deshalb stand sie auf.
    Erst einmal blieb sie im Zimmer stehen, dann wusch sie ihr Gesicht. Die Unruhe blieb. Schließlich zog sie ihren Morgenmantel über. Dabei stand sie am offenen Fenster.
    Das war genau der Moment, als sie die fernen Schreie vernahm. Helen wußte nicht, wo sie aufgeklungen waren, sie konnte sich aber vorstellen, daß es in der Klinik geschehen war.
    Die Schreie blieben.
    Sie erinnerten sie an ein sehr entferntes Jammern einer Person, die tief unter der Erde steckte und gefoltert wurde.
    Angst kroch in ihr hoch. Gleichzeitig aber mischte sich auch Neugier in dieses Gefühl mit hinein, und sie drehte sich betont langsam um, als sie zur Zimmertür ging.
    Sie hatte einen Plan gefaßt!
    Helen konnte die Ungewißheit nicht mehr ertragen. Sie gehörte zu den Menschen, die gewissen Dingen auf den Grund gehen wollten, und es gab bei ihr einen bestimmten Punkt, der einmal überschritten sein mußte, dann ließ sie sich durch nichts mehr abschrecken, und sie hatte die Warnungen auch tief in ihr Innerstes verbannt.
    Sie wollte nicht mehr an Sanders denken und nur mehr nachforschen, weshalb hier geschrien wurde.
    Andere Personen hätten nicht so gedacht, aber Helen konnte nicht anders. Es lag möglicherweise an ihrer Erziehung, denn ihre Eltern waren sehr tolerant und sozial engagierte Menschen gewesen, die immer darauf gedrängt hatten, den anderen nicht zu vergessen. Daran hatte sich Helen gehalten, auch im Beruf, in dem mit harten Bandagen gekämpft wurde.
    Um diese Zeit brauchte sie nicht zu befürchten, daß ihr jemand begegnete. Auch das Personal hatte sich zurückgezogen, bis auf einige wenige Nachtwachen.
    Die Frau kannte sich in der Klinik aus. Sie wußte, welche Wege sie gehen mußte, um das Risiko einer Entdeckung auf Null zu drücken. Auch in dieser Nacht hatte sie Glück. Keiner sah sie auf ihrem Weg in die verbotene Zone. So hatte sie die Umgebung des Kellers getauft, und sie fühlte sich auch wie ein kleines Mädchen, das etwas tat, was die Mutter verboten hatte.
    Sie verzichtete auf den Lift, nahm die Treppe, deren Stufen sie hinabschlich. Auch jetzt achtete sie auf jedes Geräusch, landete in einem Flur und blieb dort zunächst stehen.
    Helen ahnte, daß sie dem Ziel nahe war. Die dunklen Türen der Kellerräume flößten ihr Furcht ein.
    Das Licht der Notbeleuchtung gab nur einen schwachen grünlichen Schein ab.
    Er verlor sich schon auf dem Boden, und Helen hatte beim Gehen den Eindruck, wie ein Geist über dem Untergrund zu schweben.
    Etwas trieb sie voran. Eine Kraft, die seltsamerweise auch ihre Angst überdeckt hatte.
    Sie ging auf eine Tür zu. Diese war breiter als die anderen und bestand aus zwei Hälften.
    Die Schreie hörte sie nicht mehr. Auch kein Wimmern oder schmerzvolles Jammern.
    Dennoch traute sie sich nicht, die Tür zu öffnen. Sie wollten warten, zumindest so lange, bis sich etwas getan hatte, bis sich die Geräusche wiederholten

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