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0764 - Zeit der Grausamen

0764 - Zeit der Grausamen

Titel: 0764 - Zeit der Grausamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zusammenzupressen.
    Die Angst war wie ein böser glühender Pfahl, der durch ihren Körper fuhr. Zum erstenmal seit ihrer Gefangennahme konnte sich Helen vorstellen, daß sie Menschen in die Hände gefallen war, die ihren Tod wollten. Die nichts anderes taten, als sie auf das grausame Ende vorzubereiten, und jetzt bereute sie es, den Weg überhaupt gegangen zu sein.
    Der Unbekannte stand noch immer vor ihr. Sehr dicht sogar. Sie ahnte, daß er sich ihr entgegenbeugte und nun noch näher an sie herankam, was Helen als schlimm empfand.
    Dann spürte sie ihn auf eine andere Art und Weise, denn bisher hatte er sie nur mit seinen Händen oder Krallen berührt. Nun aber beugte er sich über sie, und er preßte sich dabei auch gegen ihr Gesicht, wobei etwas ihre Haut streifte, mit dem sie nicht zurechtkam. Es war keine Haut, es waren keine Nägel, es war etwas anderes, und es war ihr unmöglich, dies zu identifizieren.
    Es fühlte sich kratzig und dennoch weich an.
    Wie… wie… sie suchte nach dem Vergleich, der ihr auch dann in den Sinn kam.
    Ja, wie Federn!
    Als ihr dies bewußt geworden war, durchfloß sie ein Strom der Angst. Helen dachte auch weiter.
    Die logische Folge davon war, daß vor ihr ein Riesenvogel stand.
    Aber gab es denn so etwas?
    Ihre Gedanken wurden unterbrochen, weil die Berührung nicht mehr auf eine Stelle konzentriert blieb. Etwas glitt an ihren Wangen entlang.
    Sie schüttelte sich.
    Dann spürte sie das Harte auf der Haut. An zwei verschiedenen Stellen an der rechten Wange. Es drückte hinein - bis der süße Schmerz sie überkam und sie im selben Moment wußte, daß sie von dieser für sie unsichtbaren Kreatur gebissen worden war.
    Gebissen!
    Das Wort jagte durch ihren Kopf. Sie konnte es nicht glauben, dachte an einen Vampir und stellte ihn sich auch vor. Ein bleiches, riesiges Ungeheuer, ein Gewächs der Nacht, das ausschließlich vom Blut unschuldiger Opfer lebte.
    Nur gab es keine Vampire. Wenigstens nicht ihn Wirklichkeit, nur in Filmen und Büchern.
    Oder?
    Helen bekam Zweifel, während sie sich auf die Berührung an der rechten Wange konzentrierte. Der süße Schmerz hatte etwas nachgelassen, aber sie hatte den Eindruck, als würde in die kleinen Wunden etwas Bestimmtes hineingepumpt.
    Das konnte natürlich eine Täuschung sein, doch an diesem Tag war einfach alles möglich.
    Sie wartete ab…
    Der Druck verschwand. Vor sich hörte sie ein schabendes Geräusch, als sich das Wesen zurückzog.
    Im Hintergrund flüsterte jemand, ein anderer lachte leise.
    »Das war gut.«
    »Sie wird es irgendwann merken.«
    »Jetzt gehört sie zu uns.«
    Helen bekam die Worte mit, ohne sie richtig einsortieren zu können. Sie fühlte sich erschöpft, ihr Denkapparat arbeitete nicht mehr so, wie er es eigentlich hätte tun müssen.
    Die Frau hing in ihrem Stuhl fest und merkte, wie ihr Kopf langsam zur Seite glitt. Es war ihr alles egal, auch der leichte Druck an der Wange störte sie nicht. Aber er veränderte sich in ein Ziehen, und sie hatte den Eindruck, als würde die Wunde schnell wieder heilen.
    Das alles bekam sie mit, schrak dann doch zusammen, als sie Schritte hörte.
    Ein Licht erwischte nicht nur sie, sondern auch die Gestalt dicht vor ihr. Es war der Bärtige, der ihr auch die Tür geöffnet hatte und nun nach ihr griff. Jedenfalls wies seine Bewegung darauf hin, aber er griff an ihr vorbei, und seine Hände glitten an den Händen entlang und stoppten dort, wo die Lederriemen ihre Gelenke umschlossen. Sie lösten sie mit sicheren Griffen, was Helen kaum mitbekam, denn sie war zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Auch das Öffnen der Fußfesseln registrierte sie kaum. Erst die Flüsterstimme riß sie aus ihrem Traum.
    »Du kannst aufstehen und gehen…«
    Helen hatte den Befehl gehört, nur setzte sie ihn nicht sofort in die Tat um. Sie blieb hocken. Der Kopf sank nach vorn, was der Mann vor ihr trotz der Dunkelheit mitbekommen haben mußte, denn er legte zwei Finger unter ihr Kinn und hob den Kopf wieder an.
    »Du brauchst nicht mehr hier sitzen zu bleiben. Steh auf, du kannst wieder auf dein Zimmer gehen. Es geschieht dir nichts, Helen, gar nichts. Glaub es mir.«
    Die Worte hatten auf sie eine hypnotische Wirkung ausgeübt. Ohne es eigentlich zu wollen, erhob sich die Frau, blieb mit zitternden Knien stehen und spürte den Druck einer Hand in ihrem Rücken, der sie anschob.
    Sie ging, sie zitterte, und sie setzte dabei ihre Schritte wie ein kleines Kind.
    Und so wurde sie auch zu der Tür

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