0765 - Fehde der Mächtigen
zu einer anderen Gruppe: Zu den Mutanten!
Man hätte diesen Wesen sicher unrecht getan, wenn man sie als elitäre Gemeinschaft bezeichnet hätte, aber sie waren zu ungewöhnlich und zu verschieden von „normalen" Intelligenzen, als daß sie deren Leben hätten führen können.
Lareena hatte oft darüber nachgedacht, wie sie auf den Verlust (und es war ein Verlust) ihres Kindes reagieren würde, und sie war fast entsetzt darüber, daß sie Erleichterung über das Ende des Versteckspiels empfand.
Nun war etwas eingetreten, was ohnehin nicht hatte verhindert werden können. Wahrscheinlich war es sogar ein Vorteil, daß ein Angehöriger der SOL-Geborenen nun auch unter den Mutanten zu finden war.
Es war schwer festzustellen, wie Bjo darüber dachte.
Wahrscheinlich machte er sich überhaupt keine Gedanken darüber. Er wurde von der Entwicklung aufgesogen.
Stolz dachte Lareena: Ich habe diesem Schiff etwas Wertvolles gegeben!
Sie errötete, als sie einen vorwurfsvollen Blick des rotbraungefleckten Katzers empfing.
Er hatte ihre Gedanken gelesen und war offenbar nicht damit einverstanden, daß sie ihren Schmerz über den Verlust mit eitlen Regungen zu kompensieren versuchte.
Wie sehr er doch schon Mitglied der anderen Gruppe war! dachte sie.
Unwillkürlich schloß sie die Augen.
Verschwinde jetzt aus meinen Gedanken! befahl sie.
Ich bin verwirrt und möchte dir in diesem Zustand nicht weh tun.
Sie wußte, daß er sie in dieser Hinsicht immer respektieren würde, wie er überhaupt niemals grundlos in den Gehirnen anderer Menschen herumschnüffelte.
Bjo war stolz und selbständig, trotz seiner Anhänglichkeit an die Mutter. Er besaß, wie er selbst vor ein paar Minuten zum Ausdruck gebracht hatte, den Charakter einer Katze.
An Bord der SOL gab es zahlreiche solcher Tiere, aber Lareena hatte ihre Nähe immer gemieden, um Bjo nicht in Verlegenheit zu bringen.
Es war ihr unerklärlich, warum die Genmutation bei Bjo ausgerechnet diesen Sprung vollführt hatte, aber jede Mutation war im Grunde genommen unerklärlich.
In den vergangenen siebzehn Jahren hatte Lareena ihr ganzes Leben diesem ungewöhnlichen Kind gewidmet.
Nun würde sie endlich Zeit haben, wieder an sich selbst zu denken. Das war die positive Seite dieser Angelegenheit.
„Die Zeit ist um", sagte Mentro Kosum und erinnerte Lareena Breiskoll mit aller Deutlichkeit daran, daß sie wahrscheinlich keine Zeit mehr haben würde, um ihr etwas egoistisches Vorhaben jemals in die Tat umzusetzen.
*
Als Joscan Hellmut im Hangar der DEMETER die Lightning-Jet bestieg, bedrängte ihn die etwas merkwürdige Frage, warum er überhaupt Lungen besaß, die Sauerstoff atmeten, und warum sein Kreislauf auf die Umweltbedingungen von einem Gravo eingerichtet war.
Biologisch gesehen, war die Antwort einfach: Seine Eltern waren Kinder der Erde und hatten ein Wesen gezeugt, das auf der Erde hätte leben sollen.
Aber auch seine, Joscan Hellmuts Kinder, würden die gleichen Lungen und das gleiche Kreislaufsystem besitzen, weil das in die DNS-Moleküle verankerte genetische Programm eben keine andere Entwicklung zuließ.
Verstandesmäßig war die SOL also eine denkbar ungeeignete Heimat für Wesen wie Joscan Hellmut.
Ohne Lungen und mit einem anderen Kreislauf ausgerüstet, hätten die SOL-Geborenen frei im Weltraum leben können, und das war zweifelsohne auch ein Zustand, den sie herbeisehnten.
Die Frage, ob gefühlsmäßiges Engagement Veränderungen einer Art herbeiführen konnten, stellte sich nicht zum erstenmal: Schon die Jogis vergangener Jahrhunderte hatten solche Versuche unternommen und schrittweise Erfolg gehabt.
Aber weder Hellmut noch die anderen SOL-Geborenen besaßen die Fähigkeit der verändernden Meditation, obwohl ihnen mit Dalaimoc Rorvic sicher ein unvergleichlich guter Guru zur Verfügung gestanden hätte.
So gesehen, war die Lightning-Jet kein Schutz, sondern ein Gefängnis, und die SOL (Heimat oder nicht) ein größeres Gefängnis.
Als das Beiboot durch eine Strukturlücke im Schutzschirm der DEMETER glitt, stellte Joscan Hellmut mit einem Blick auf die Uhr erschrocken fest, daß die Frist in diesen Sekunden ablief.
Das Gespräch mit Scarlon Thorab hatte ihn länger aufgehalten als beabsichtigt.
Augenblicklich begann er zu beschleunigen, damit er aus dem Störbereich des großen Schiffes heraus in den Ortungsbereich der SOL gelangte. Man sollte ihn an Bord des Schiffsgiganten sehen. Gleichzeitig begann er zu funken.
Wenig später
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