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077 - Das Kollektiv

077 - Das Kollektiv

Titel: 077 - Das Kollektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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seine breite, dicht bepelzte Brust. Dabei winkelte sie ihre Knie an und ließ sich leicht herabsinken. Ein kleines Stück nur und sorgfältig darauf bedacht, keine Bewegung außer der senkrechten zu zeigen.
    Drei, vier Katzenlängen trennten die Beiden noch, als Aruula ruckartig den linken Arm ausstreckte - weit vom Körper weg. Es hatte den gewünschten Effekt: Der Kuuga teilte seine Aufmerksamkeit, die Pupillen folgten der Bewegung, die Ohren stellten sich auf.
    Er musste prüfen, was es mit der unerwarteten Veränderung seiner Beute auf sich hatte. Das dauerte nur buchstäblich einen Augenblick, doch die Zeit reichte. Aruulas Schwert kam herunter; die Barbarin drehte sich leicht und schlug zu.
    Ein wütender Schrei war die Antwort, enorm laut und auf unerklärliche Art wie mehrstimmig. Der Kuuga warf sich zur Seite, blitzschnell und mit der Schlagrichtung des Schwertes. Der Sprung rettete ihm das Leben, doch er forderte seinen Tribut. Der Kuuga geriet aus dem Gleichgewicht, stürzte und rollte in das Gras am Wegesrand. Sofort kam er wieder hoch und setzte erneut zum Angriff an.
    Doch Aruula hatte keine Zeit verloren.
    Das Schwert in beiden Händen, die Klinge schützend vorgestreckt war sie zurückgewichen - auf den Windbruch zu. Der Berglöwe flog heran; mit der Sonne im Rücken. Die Barbarin hatte sie sich die Lage der umgestürzten Bäume hinter ihr eingeprägt, in jeder Einzelheit. Als sie einen Widerstand im Rücken spürte, blieb sie stehen und bewegte das Schwert auf Hüfthöhe provozierend hin und her. Raubkatzen schlagenxhoch zu, und genau das wollte sie dem Kuuga schmackhaft, machen.
    Es gelang. Der Berglöwe fixierte den ungeschützten oberen Teil seines Opfers, zog die Hinterbeine an, stieß sich ab - und sprang. Im Flug streckte sich der kräftige Körper, die Pranken kamen vor und ein Bataillon eisenharter Krallen wuchs heraus.
    Aruula wartete bis zum letzten Moment.
    Dann tauchte sie nach unten ab.
    Viel zu spät sah der anspringende Kuuga, was sich hinter dem Rücken seines Opfers verborgen hatte: ein von einem liegenden Baumstamm abstehender, abgebrochener Ast.
    Der Aufprall war gewaltig und trieb das Holz weit in die Brust des Berglöwen.
    Gleichzeitig stach Aruula von unten das Schwert durch seine Bauchdecke.
    Der Kuuga brüllte im Todeskampf, riss mit erschlaffenden Vorderpfoten noch die Baumrinde in Streifen - und starb.
    »Wudan sei Dank!«, murmelte Aruula, während die Anspannung von ihr abfiel wie ein Umhang aus Blei. Schon wollte sie sich hinsetzen und dem heftigen Pochen unter den Rippen Gelegenheit geben, sich zu beruhigen, da fiel ihr Blick auf den Weg.
    »Meerdu!«, fluchte sie unterdrückt.
    Ein Todesrochen! Eins der unheimlichen Tiere, die sie bereits beim Bergwerk der Narod'kratow gesehen hatten und die bei den hier lebenden Völkern als Boten der Götter galten.
    In geringer Höhe kam der fliegende Rochen daher. Aruula fasste das Schwert, und ihr Fluchen wiederholte sich: Die Klinge steckte im Kuuga fest!
    Hastig stemmte sie einen Fuß gegen den Kadaver, zog und zerrte, doch es nützte nichts - die Klinge musste sich zwischen zwei Rippen verkeilt haben.
    »Welchen Gott habe ich vergessen zu ehren?«, presste sie zwischen den Zähnen hervor, während sie die nutzlose Waffe fahren ließ und sich dem Todesrochen stellte. Ein gezielter Schlag gegen die Tentakel auf der Unterseite des Kopfes würde ihn vielleicht vertreiben.
    Der Rochen verlor an Höhe. Er musste sich in leichte Schräglage begeben, um die mächtigen Flügelflossen von den Bäumen im Windbruch fern zu halten, und für einen Moment blitzte der grüne Kristall in seiner Stirn hell auf.
    Aruula stieß ihre Faust hoch, doch der Schlag ging ins Leere. Als habe ihn der Rochen vorausgesehen. Ein kalter, warziger Tentakel umschloss ihr Handgelenk, zog sich zusammen und riss sie mit einem Ruck in die Höhe. Es krachte hörbar in ihrer Schulter, und ein Schmerz wie von schneidenden Messern durchlief ihre Muskeln.
    Der Rochen bewegte seine Schwingen in schnellerem Rhythmus. Das zusätzliche Gewicht unter ihm ließ seinen Körper einen Moment lang durchsacken.
    Als Aruulas Füße wieder den Boden berührten, nutzte sie diese letzte Gelegenheit: Sie stieß sich ab und rammte ihre Faust tief in das weiche Fleisch unterhalb des Kieferknorpels.
    Hätte der Rochen Stimmbänder besessen, wäre sein Gebrüll weithin zu hören gewesen. So aber musste er sich mit einem unwilligen, heftigen Schlenker begnügen, der die nackten Beine der

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