077 - Der Schrei des Vampirs
sondern fiel gleich über sie her.
Wie ein Tier. Widerlich.
Celia konnte Bryan Jackson zwar gut leiden, aber für solche Sachen war ihre Beziehung noch nicht reif. Wie konnte er sie für ein billiges Flittchen halten, das man so plump überrumpeln konnte? Celia wehrte sich mit ganzer Kraft. Bryan war stark, und er zerriß sogar ihr Kleid. Das machte sie so wütend, daß sie ihn kratzte, biß und ohrfeigte.
Hinterher verlangte sie von ihm, daß er sie augenblicklich nach Hause fuhr, doch er setzte der Frechheit die Krone auf, indem er grinsend die Tür für sie öffnete und sagte, sie solle gefälligst aussteigen und allein heimlaufen.
Am liebsten hätte sie ihm noch eine runtergehauen, aber dann sprang sie aus dem Wagen und rannte in Richtung Laxford davon. Das würde ihr eine Lehre sein. Bryan Jackson war für sie gestorben.
Sie lief mit ihren Stöckelschuhen mehr schlecht als recht. Als sie sich beinahe den Knöchel verstauchte, zog sie die Schuhe aus und trug sie in der Hand.
Wieder einmal mußte sie die Erfahrung machen, daß das, was für ein Auto nur ein Katzensprung war, zu Fuß eine schier endlos lange Strecke sein konnte.
Verheult, verschwitzt, unglücklich und mit einem Herzen voller. Haß auf alle Jungs kam sie daheim an. Sie benützte den Hintereingang, denn sie wollte jetzt niemanden sehen. Vor allem Mutter nicht, denn die hätte sie mit vielen unangenehmen Fragen gelöchert.
In zerrissenen Strümpfen lief Celia die Treppe hoch und verschwand in ihrem Zimmer. Wütend und verzweifelt ließ sie sich auf ihr Bett fallen, und dann weinte sie das Kissen naß.
»Ich hasse dich, hasse dich, hasse dich, Bryan Jackson!« schluchzte sie, und mit den Fäusten schlug sie auf das Kissen ein, als wäre es der Junge, den sie meinte.
Aber dann sagte sie sich trotzig, daß es Bryan Jackson nicht wert wäre, daß sie seinetwegen auch nur eine einzige Träne vergoß, und sie stellte das Heulen sofort ein.
»Ich wünsche dir, daß du gegen einen Baum fährst!« zischte das Mädchen aggressiv. »Und den Führerschein sollen sie dir abnehmen. Und einsperren soll man dich, bis du schwarz bist…«
Sie stand auf und warf einen Blick in den Frisierspiegel. Gott, wie sah sie aus? Rotgeweinte Augen, geschwollene Lider, rote Nase… Und das alles wegen Bryan Jackson. Das war doch nicht zu fassen.
Sie verließ ihr Zimmer. Das Bad befand sich am Ende des Ganges. Dort wollte sie sich so lange kaltes Wasser ins Gesicht schleudern, bis sie sich wohler fühlte.
Sie wich den Kakteen aus, um die sie sich auch wieder einmal kümmern mußte, und öffnete die Badezimmertür. Nichts Böses ahnend, trat sie ein.
Und dann…
Das Grauen sprang sie an wie ein reißendes Tier. Sie schwankte, faßte sich an die Kehle, die plötzlich so eng wurde, und entsetzt, fassungslos und verstört starrte sie auf ihren toten Bruder, der rücklings in die Badewanne gefallen war.
***
Wir erhoben uns, da flog plötzlich die Tür auf, und Celia Dillaway stolperte herein. Verzweifelt streckte sie die Hände nach ihren Eltern aus. Sie zitterte, weinte und schien sich kaum noch auf den Beinen halten zu können.
»Ma… Pa…«
»Um Himmels willen!« platzte es aus Helen Dillaway heraus. »Mein Kind - Celia, was hast du?«
Celia fiel ihr in die Arme, drohte zusammenzubrechen. Angus Dillaway sprang auf und eilte auf Frau und Tochter zu. Er führte die beiden zu einem Sessel und forderte Celia auf, sich zu setzen. Einer solchen Aufforderung hätte es nicht bedurft. Helen Dillaway brauchte ihre Tochter nur loszulassen, schon saß sie.
»Celia, was ist passiert?« fragte Angus Dillaway heiser. »Hat dir jemand etwas getan?«
Ich wechselte mit Mr. Silver einen raschen Blick. Der Ex-Dämon verstand. »Darf ich mal mit Ihrer Tochter reden?« fragte er die verwirrten Eltern.
Helen Dillaway war nahe daran, vor Sorge ebenfalls in Tränen auszubrechen, und Angus, ihr Mann, wollte seine Tochter mit energischen Aufforderungen dazu bewegen, zu erzählen, weswegen sie so verstört war.
Doch Celia war kaum noch ansprechbar, und wenn sich Mr. Silver ihrer nicht annahm, würde sie wahrscheinlich in wenigen Augenblicken ohnmächtig werden. Verdächtig bleich war sie nämlich schon.
»Bitte!« sagte Mr. Silver eindringlich. Er drängte sich zwischen das Ehepaar und griff nach dem Kopf des Mädchens. Seine Fingerkuppen berührten die Schläfen. Er massierte sie leicht. Es war zwar nicht zu sehen, aber er schickte bestimmt auch etwas Magie in den Kopf des
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