077 - Der Schrei des Vampirs
Mädchens, um sie zu stärken und zu beruhigen.
Celia wurde still, sie zitterte und schluchzte nicht mehr, blickte dem Ex-Dämon verzweifelt in die perlmuttfarbenen Augen.
»Würden Sie uns erzählen, was Sie so sehr aus der Fassung gebracht hat?« fragte Mr. Silver freundlich.
»Er… ist tot«, hauchte das Mädchen.
»Tot? Wer ist tot?« fragte Angus Dillaway erschrocken.
»Bryan Jackson hat sie abgeholt«, sagte Helen Dillaway zu ihrem Mann. »Vielleicht ist ihm etwas zugestoßen.« Sie wandte sich an ihre Tochter. »Hatte Bryan einen Unfall, Kind?«
Mr. Silver hielt immer noch seine Finger an Celias Schläfen. Sie griff nach seinen Händen, drückte sie fester auf ihren Kopf, als wollte sie verhindern, daß er sie fortnahm.
»Ich meine nicht Bryan. Von dem spreche ich nicht«, flüsterte Celia. »Es ist… Ray.«
»Ray?« Es klang wie ein schriller Aufschrei, und Helen Dillaway schaute ihren Mann bestürzt an.
»Mach dir keine Sorgen, Helen«, sagte Angus Dillaway besänftigend. »Celia irrt sich. Ray ist okay.«
Doch Celia blieb dabei. »Ray ist tot«, sagte sie mit tonloser Stimme. Sie schaute keinen von uns an, starrte nur vor sich hin und schien Ray vor sich zu sehen.
»Das Mädchen muß den Verstand verloren haben«, sagte Angus Dillaway. »Ray war doch noch vor kurzem mit mir in der Werkstatt. Du irrst dich, Celia. Ray geht es gut.«
»Er liegt oben in der Wanne. Er rührt sich nicht, Daddy. Er ist verletzt… Sein Gesicht… Alles voll Blut… Er ist tot, Daddy.«
»Himmel, Angus, ich kann das nicht mit anhören«, stöhnte Helen Dillaway: »Sieh nach, ob es stimmt, was sie sagt.«
»Sie muß sich irren, Helen.«
»Bitte, sieh nach, Angus.«
»Ich komme mit Ihnen«, sagte ich, und wir verließen den Raum.
Ich ließ Angus Dillaway den Vortritt. Er eilte die Treppe hinauf, ich folgte ihm. Mit schweren, polternden Schritten stürmte er den Flur entlang, und einige Herzschläge später stieß er die Badezimmertür auf.
Auf dem Boden lag ein langstieliger Rückenschrubber. Ich warf einen Blick über Angus Dillaways Schulter. Die Badewanne war leer, beide Flügel des Fensters waren offen.
Das konnte bedeuten, daß Ray Dillaway sich auf diesem Wege davongemacht hatte.
»Ich wußte es!« sagte Angus Dillaway, und große Erleichterung schwang in seiner Stimme mit. »Ich wußte, daß sie sich irrt, aber wie kommt sie dazu, uns einen solchen Schrecken einzujagen?«
Ich lief zum Fenster und beugte mich weit hinaus, doch ich sah niemanden.
»Was kann Celia wirklich gesehen haben, Mr. Ballard?« fragte mich Angus Dillaway, aber er wollte darauf keine Antwort. Das war besser so, denn in meinem Kopf spukte auf einmal eine verfluchte Vampirbrut herum.
Irgend etwas Schreckliches mußte Celia gesehen haben, sonst wäre sie nicht in dieser furchtbaren Verfassung zu uns gekommen. Ich konnte natürlich den Vater verstehen, in dem sich alles gegen eine solche entsetzliche Ungeheuerlichkeit auflehnte, aber wenn man in Betracht zog, wie verstört und erschüttert Celia gewesen war, konnte sie nur ihren Bruder gesehen haben.
Ray… tot. Was war naheliegender, als anzunehmen, daß er das Opfer eines Vampirs und bereits selbst zum gefährlichen Blutsauger geworden war?
Natürlich behielt ich das für mich, denn ich wollte nicht, daß Angus Dillaway mir an die Kehle ging, aber die Gefahr, daß ich mit meinem Verdacht richtig lag, bestand leider.
»Gott, bin ich froh, hier nicht wirklich Ray gefunden zu haben«, sagte Angus Dillaway.
Ich nickte stumm. Wir verließen das Bad. Als wir wieder bei den anderen waren, befand sich auch Jimmy Dillaway im Raum. Der Kleine machte aus mir unerfindlichen Gründen ein recht schuldbewußtes Gesicht.
Während sich Helen und Angus Dillaway um Celia kümmerten, nahm mich Mr. Silver auf die Seite.
Celia bekam einen Scotch, und ihre Eltern redeten pausenlos auf sie ein. Celia beantwortete nicht einmal die Hälfte der an sie gerichteten Fragen.
»Was war oben los?« wollte der Ex-Dämon wissen.
»Nichts.«
»Fehlanzeige?«
»Würde ich trotzdem nicht behaupten. Das Fenster ist ganz weit offen, von Ray keine Spur.«
»Du meinst, er könnte aus dem Fenster geklettert sein? Aber warum sollte er - Moment!«
»Wahrscheinlich denkst du das gleiche wie ich.«
»Verdammt, ja. Wir sollten Ray suchen.«
Wir sagten, wir kämen gleich wieder. Wir hätten uns das sparen können; es nahm sowieso niemand Notiz von uns.
In großer Eile verließen wir das Haus. Draußen trennten wir
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