077 - Die Gruft der bleichenden Schädel
Seemann zusammen, der behauptete, daß Vivian Whitacker nach
London zurückgekehrt sei. Er fuhr auf der Sea Eagle, die seinerzeit in Kudat
anlegte, um Fracht zu löschen. Bei dieser Gelegenheit schmuggelte sich Vivian
auf das Schiff.
Dieser Mann
entdeckte sie, aber er verriet sie nicht. Bis vor wenigen Tagen. Als Stuart
Hamshere dies erfuhr, nahm er mit Ihnen, Whitacker, Kontakt auf. In diesem
Augenblick war auch schon sein Schicksal durch Sie besiegelt!«
Robert A.
Whitacker sagte keinen Ton und starrte den Reporter nur an. An seinem Blick
aber war abzulesen, daß Harold Pinky Shorthand mit jedem Wort, das er sprach,
ins Schwarze traf.
»Sie lauerten
Stuart Hamshere auf und saßen in einem Wagen auf dem Parkplatz, gegenüber von
Jonnys Inn. Von dort aus schossen Sie den Pfeil ab, den ich übersehen habe. Als
ich in die Bar zurücklief, nutzten Sie die Zeit, das Projektil aus Hamsheres
Brust zu ziehen und sich heimlich abzusetzen.«
»An Ihnen ist
ein guter Kriminalist verlorengegangen«, murmelte Whitacker. Er schwitzte aus
allen Poren. »Es stimmt alles, was Sie sagen«, sprudelte es über seine Lippen. »Doch
es geschah in Vivians Interesse. Keine Menschenseele durfte wissen, daß ich sie
hier versteckte, geschweige denn, durfte man sie so sehen. Und Stuart Hamsheres
Neugierde wäre nur befriedigt worden, wenn er sie zu Gesicht bekommen hätte.«
»Auch ich bin
neugierig. Ich möchte Vivian sehen. Es muß ein großes Geheimnis um sie geben.«
»Es ist ein
schreckliches Geheimnis!« Whitackers Blicke wurden unstet. Die Pistole mit dem
Pfeilmagazin war noch immer auf ihn gerichtet. Pinky Shorthand brauchte nicht
mal ein guter Schütze zu sein. Die Hauptsache war, daß einer der vergifteten
Pfeile den Körper des Opfers traf. Die geringste Verletzung genügte, um die
tödliche Dosis in die Blutbahn zu schleusen.
»Ich habe
meine Beobachtungen gemacht und das letzte Telefongespräch mit angehört. Es
geht um Vivians Kopf. Führen Sie mich zu ihr!«
»Was haben
Sie davon, wenn Sie das Geheimnis erfahren?« wich Whitacker aus.
»Die tollste
Story aller Zeiten, scheint mir.«
»Sie machen
einen Menschen unglücklich.«
»Davon will
ich mich erst selbst überzeugen.«
Whitacker bot
all seine Überredungskunst auf, den ungebetenen Eindringling abzuwimmeln.
Er bot ihm
Geld an, aber davon wollte Pinky Shorthand nichts wissen. Ihm kam es auf die
Story an und die Sensation, die er damit erreichen konnte.
Whitacker
blieb schließlich nichts anderes übrig, als den Wünschen des Reporters
nachzukommen. Aus einem Geheimfach nahm er die Schlüssel, die die Türen zum
Trakt öffneten, wo die gefangengehaltenen Ärzte untergebracht waren.
Pinky
Shorthand ging immer zwei Schritte hinter Whitacker her.
Sie
passierten einen langen, kahlen Gang, an dessen Ende es eine weitere Tür gab,
die erst aufgeschlossen werden mußte.
Knirschend
sprang der Riegel zurück. Robert A. Whitacker zog die Tür auf.
Er prallte
zurück, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gerannt.
Vor ihm auf
dem Boden lag eine Leiche.
Whitacker
stand mit dem rechten Fuß in einer riesigen Blutlache.
Der Mann am
Boden war Dr. Poul Jenkins, der Gehirnspezialist.
●
Sein Körper
war schrecklich zugerichtet. Der Brustkorb war aufgerissen, sein Hals und sein
Gesicht, als wäre mit einer scharfkantigen Kette… Eine Kette! Das Geräusch ließ
Whitacker das Blut in seinen Adern gefrieren.
Etwas zischte
durch die Luft. Wie eine metallene Peitsche legte sich die Kette, an der Vivian
angeschmiedet worden war, um seinen Hals.
Whitacker
schrie. Der Schlüssel entfiel seinen Händen. Verzweifelt bemühte er sich, die
Fessel, in die absichtlich scharfe Kanten eingeschliffen worden waren, um
Vivians Toben auf ein Minimum zu beschränken, abzustreifen.
Alles ging blitzschnell.
Die Kette um
seinen Hals wurde mit brutaler Gewalt angezogen. Die scharfen Glieder bohrten
sich knackend in seine Haut. Whitacker brüllte. Vor ihm, in dem düsteren Gang,
sah er Vivian, die wütend und schrecklich stöhnend an der Kette riß.
Die Haut
fetzte auf. Brennender, unerträglicher Schmerz peitschte durch seinen Körper.
Vivian
Whitacker rächte sich für die Schmach, die ihr angetan geworden war! Sie
begriff nicht, daß dies alles nur zu ihrem Schutz geschah.
Robert A.
Whitacker stürzte mit aufgerissener Halsschlagader zu Boden. Ein Schwall Blut
schwappte über seine Schultern.
»Vivian!«
entrang es seinen Lippen mit ersterbender Stimme.
»Ich bin
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