0770 - Die andere Seite der Hölle
spekulieren, es war mir egal. Nicht egal war mir der plötzliche Ruf. »Das ist nicht wahr. Sinclair und Suko sind hier. Verdammt, wenn die beiden…«
Ich drehte mich um.
Das grinsende Gesicht eines Boulevard-Reporters aus London zeigt Triumph in den Augen. Nur für einen Moment, dann riß der Mann die Kamera hoch, um die Fotos zu schießen.
Diesmal war ich schneller.
Suko und ich drehten ab. Wir verschwanden im Hotel. Wenn der Knabe fotografierte, dann höchstens unsere Rücken. Wir hörten ihn hinter uns toben. »Wartet nur, ich kriege meine Aufnahmen noch. Darauf könnt ihr euch verlassen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was hier abgelaufen ist.«
Im noch immer stinkenden und verkohlten Foyer blieben wir stehen. Wegen des Durchzugs war es kalt geworden. Rauchschwaden zogen an uns vorbei. Ein kräftiger Mann ging auf und ab. Als er uns sah, blieb er stehen.
»Was wollen Sie hier? Verschwinden Sie! Wer hat Sie überhaupt reingelassen?«
Der Mann war der Chef der Feuerwehr. Klar, daß er die Zusammenhänge nicht begriff. Klar war auch, daß er sich aufregte, und ebenso klar war, daß wir uns auswiesen mußten..
Er beruhigte sich, nachdem er einen Blick auf unsere Dokumente geworfen hatte. »Dann müssen Sie beide die Zeugen sein, die als erste hier eintrafen.«
»Das stimmt.«
»Wie schön. Können Sie mir vielleicht eine Erklärung geben. Ich als Fachmann bin überfragt.«
»Sind wir auch.«
Er drehte sich auf der Stelle. »Schauen Sie sich um. Sehen Sie sich an, was hier verbrannt wurde. Es hat drei Tote gegeben und einige Leichtverletzte. Die Flammen brausten auf wie ein gewaltiger Sturmwind. Plötzlich waren sie da, fraßen sich durch. Sie waren hungrige Mäuler, die alles verschlingen wollten und auch verschlungen hätten, wenn es mit normalen Dingen zugegangen wäre. Aber nichts davon stimmte. Es ging eben nicht mit normalen Dingen zu. Es war alles anders. Das Feuer brach zusammen, als hätte ein Riesenmaul Wasser darüber gespuckt. Das will mir nicht in den Kopf. Das widerspricht allen Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich stehe hier ebenso ratlos wie meine Leute.«
»Wir auch.«
»Ich heiße übrigens Ferguson.«
»Okay, Mr. Ferguson«, sagte Suko.
»Aber wie ich sagte, wir haben es auch nicht begriffen.«
»Was sahen Sie denn?«
»Wie das Feuer zusammenbrach.«
Ferguson winkte mit beiden Händen. »Einfach so - oder?«
»Ja, wir kamen an, wir stiegen aus dem Wagen, wir rannten auf die Brandstelle zu, und plötzlich war alles anders. Da sanken die Flammen ineinander, da verschwand der stinkende und fettige Qualm, und wir hatten das Nachsehen.«
»Seien Sie froh.«
»Kann man so sehen. Es ist uns trotzdem nicht erklärbar, wie das geschehen konnte.«
Ferguson glaubte uns nicht so recht. Wir sahen es an seinem Blick, in dem schon Mißtrauen aufkeimte. »Nein, nein, ich habe den Eindruck, als wollten sie mir etwas verheimlichen.«
»Was denn?«
»Warum sind Sie hier?«
»Nicht wegen des Feuers«, erwiderte ich.
»Das denke ich auch. Diese Stadt hat noch eine Sensation ganz anderer Art. Sagen Sie nicht, daß Sie davon noch nichts gehört haben. Darüber würde ich nicht einmal mehr lachen.«
»Sie denken an die Wunderheilerin.«
»Genau.«
»Mr. Ferguson«, sagte Suko. »Glauben Sie eigentlich an das, was man sich so über das Mädchen erzählt?«
»Warum fragen Sie mich?«
»Sie sehen aus wie jemand, der sich nichts vormachen läßt.«
Ob er es als Kompliment aufnahm, war möglich, denn er bekam einen leicht roten Kopf. »Nun ja, was soll ich dazu sagen? Ich kenne die Kleine natürlich. Ich habe sie aufwachsen sehen. Jeder hier im Ort kennt sie. Sie ist ja hier geboren.«
»Schön. Wann hat sie entdeckt, daß sie über außergewöhnliche Kräfte verfügt? Schon früher oder…«
»Nein, nein, das war erst vor kurzem. Wenigstens drang es erst vor kurzem an die Öffentlichkeit. Sie war ein normales Kind, auch wenn man sie als kränklich ansehen konnte. Soviel ich weiß, hat sie in der Schule oft gefehlt. Deshalb mußte sie auch ein Jahr wiederholen. Zudem erschien sie uns allen immer sehr in sich gekehrt. Meine Frau, die die Familie Hopkins näher kennt, die meinte immer, daß sie doch sehr still ist. Mit anderen Kindern vertrug sie sich nur selten. Elenor spielte zwar mit ihnen, aber man akzeptierte sie nicht so recht. Sie wissen genau, was ich damit sagen will.«
»Eine Außenseiterin.«
»Richtig, Inspektor. Aber auch religiös.«
»Ach ja?«
»Sie
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