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0770 - Kind der Finsternis

0770 - Kind der Finsternis

Titel: 0770 - Kind der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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natürlich, mit wem sie es zu tun hatte. Kali, die Göttin des Todes und der Zerstörung, stand nun der jungen Engländerin gegenüber.
    Und die schwarze Gestalt mit den blutigen Lippen und der Totenschädelkette amüsierte sich wieder einmal königlich!
    »Gefällt dir mein bescheidener Palast nicht?«
    »Was soll ich hier, große Kali?« Trish rang verzweifelt die Hände. »Ich habe doch nichts getan…!«
    »Das glaubst du vielleicht, Frau mit dem Gemüt eines Kindes. Es macht keinen Unterschied, verstehst du? Die Kräfte des Universums haben dir eine Rolle in ihrem ewigen Drama zugeteilt. Und diese Rolle wirst du spielen, ob es dir gefällt oder nicht.«
    »Aber warum?«
    »Das ist die falsche Frage. Das richtige Fragewort muss in deinem Fall wie lauten.«
    »Also gut. Wie werde ich meine Rolle zu spielen haben, große Kali?«
    »Indem du dein Kind zur Welt bringst!«
    Trish erschrak. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit. Sie freute sich auf die Geburt, seit sie von der Schwangerschaft erfahren hatte. Inzwischen war die Engländerin im siebten Monat. Lange konnte es bis zur Niederkunft nicht mehr dauern. Wie lange würde sie in diesem entsetzlichen Blutpalast bleiben müssen? Allein die Vorstellung, ihr Kind in dieser Umgebung zur Welt zu bringen, jagte ihr eiskalte Schauer über den Rücken.
    »Aber… aber was willst du von meinem Kind, große Kali?«
    »Ich? Gar nichts.«
    Falls die Göttin des Todes und der Zerstörung einen harmlosen Eindruck machen wollte, gelang ihr dies nur unzureichend. Vielleicht lag es ja an dem Blut, das unablässig aus ihren großen, rollenden Augen tränte. Oder an dem mit Reißzähnen gespickten Maul in dem schwarzen Gesicht, dessen Schönheit von Kalis Schrecklichkeit ins Absurde verkehrt wurde.
    Trish jedenfalls war keineswegs beruhigt.
    »Wann… wann darf ich denn wieder gehen?«
    »Gefällt es dir nicht in meinem Blutpalast?«, fragte Kali lauernd. Sie weidete sich an der Hilflosigkeit und der Angst ihres unfreiwilligen menschlichen Gastes. »Du wirst meine Welt verlassen, wenn die Zeit gekommen ist.«
    »Was habe ich denn nur getan?«
    »Frag lieber, was du nicht getan hast. Oder noch nicht getan, besser gesagt. Nämlich dein Kind zur Welt gebracht. Aber ich weiß natürlich, dass die Natur ihre Zeit braucht. Wie gesagt, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dann wirst du meinen Palast wieder verlassen dürfen.«
    Natürlich verschwieg die Furchtbare, dass sie Trish keineswegs lebend aus ihrer Gewalt lassen wollte. Das würde dieses elende Menschlein schon noch früh genug mitbekommen…
    »Ich verstehe nicht, warum ich mein Kind hier zur Welt bringen soll! Denn das soll ich doch, oder?«
    »Du merkst aber auch alles. Es geht hier um Dinge, von denen du nichts ahnst. Da nutzt es dir auch nichts, dass du diesen Narren Gandharva anbetest.«
    Gandharva!
    Wieso hatte Trish die ganze Zeit keinen Gedanken an diesen indischen Gott verschwendet? Schließlich war sie seit über einem Jahr eine seiner treuesten Anhängerinnen in London.
    Trish Waters gehörte zu den Menschen, die von einer Sekte und einem Psychokult zum nächsten surften.
    Gandharva war sie verhältnismäßig lange treu geblieben, nachdem sie sich zuvor als Feueranbeterin, Pseudo-Druidin, moderne Hexe und Baal-Anhängerin betätigt hatte.
    Gandharva würde sie retten! Davon war Trish plötzlich fest überzeugt. Doch Kalis Hohngelächter brachte sie sofort wieder aus dem Konzept. Natürlich konnte die Todesgöttin die Gedanken der Schwangeren lesen. »Du solltest dich nicht auf diesen Narren Gandharva verlassen! Der kann ja noch nicht einmal sein eigenes Kind vor der Vernichtung bewahren!«
    Sein eigenes Kind? Trish verstand inzwischen überhaupt nichts mehr. Noch ein Kind? Oder sprach Kali von dem Leben, das in Trishs Bauch heranwuchs?
    »Es gibt Wesen, die Vasu für unzerstörbar halten«, orakelte die Todesgöttin weiter. »Sollen sie das nur glauben, diese Dummköpfe! Vasu kann sehr wohl vernichtet werden. Denn ich, Kali, kenne das Geheimnis seiner Zerstörung.« Ein furchtbarer Verdacht machte sich in Trishs Seele breit.
    »Dieser Vasu, ist damit mein ungeborenes Kind gemeint? Das darfst du nicht tun, Kali! Du kannst nicht…«
    »Wie kommst du denn nur darauf, Trish?«, geiferte die Furchtbare. »Ich würde niemals auch nur im Traum daran denken, deinem Kind ein einziges Haar zu krümmen. Ganz im Gegenteil.« Die junge Frau war erleichtert. Aber dieser Zustand hielt nur so lange an, bis Kali

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