Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0772 - Das Gericht der Toten

0772 - Das Gericht der Toten

Titel: 0772 - Das Gericht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ernst und gleichzeitig skeptisch. Die Augen meines Chefs wirkten hinter den dicken Brillengläsern unnatürlich groß. Dabei hatte er seine Stirn in tiefe Falten gelegt, als würde er nachdenken.
    Blieb Glenda.
    Ja, sie hatte Angst, und sie dachte auch nicht daran, dies zu verbergen. Sie stand unbeweglich und hielt einen Arm leicht erhoben. Und zwar so weit, dass sie ihren Handballen gegen den Mund pressen konnte, als wollte sie im letzten Moment noch irgendwelche Warnungen zurückhalten.
    Ich kam mir auch etwas komisch vor. Es war nicht so, als würde ich mich in einen normalen Sessel hocken. Dieser hier kam mir schon vor wie eine Todesschleuder.
    »Okay, Freunde, dann werde ich mal.«
    Sie nickten. Sir James hob sogar einen Daumen. Und ich drückte mich auf das Kissen nieder…
    ***
    Zuerst geschah nichts.
    Ich lehnte mich zurück. Sehr bald schon spürte ich den Druck der Knochen im Rücken, doch das war okay und nicht neu. Ich streckte die Beine aus, die Hacken waren auf den Boden gestemmt. Hätte dieser Sessel nicht aus einem Skelett bestanden, hätte jemand meinen können, da wäre jemand, der sich hingesetzt hatte, um den Abend bequem vor der Glotze zu verbringen.
    Dem war nichts so.
    Ich spürte schon die Spannung, die mich erfüllte, denn ich dachte daran, was Bill berichtet hatte, und bereitete mich innerlich darauf vor.
    Es geschah zunächst nichts.
    Mein Freund hatte von einer ungewöhnlichen Wand oder Mauer erzählt, die sich zwischen ihn und das Zimmer geschoben hatte. Ich spürte sie nicht. Ich horchte auch in meinen Körper hinein, ob sich da etwas veränderte, was mit dem Unterbewusstsein zu tun hatte.
    Es war durchaus möglich, dass eine fremde Kraft versuchte, sich meiner Seele zu bemächtigen. Versuche hatte es da schon gegeben.
    Nichts in dieser Richtung passierte. Ich saß weiterhin in meinem Wohnzimmer und dachte schon darüber nach, wann ich diesen seltsamen Platz wohl verlassen konnte.
    Sollte ich mir fünf Minuten geben oder die Zeit noch verlängern?
    Wenn nichts geschah, war das nicht unbedingt gut, denn dann musste ich mir vielleicht eingestehen, mit der Ersteigerung etwas Falsches getan zu haben. Zwischen dem Sessel und mir gab es nicht einmal eine indirekte Verbindung, von einer direkten ganz zu schweigen, die traute ich nur Hector de Valois zu.
    Auch mein Kreuz »meldete« sich nicht. Es gab also keinen Hinweis auf etwas Schreckliches. Komisch…
    Ich hörte mich selbst atmen. Ich spürte im Rücken den Druck der Knochen, und wenn ich den Kopf zu weit zurücklegte, dann traf ich mit dem Schädel zusammen.
    Auch das brachte nichts.
    Ich blieb hocken. Allmählich verlor ich die Geduld. Es war möglicherweise ein Fehler, so ungeduldig zu sein, aber ich wollte einen Erfolg sehen. Das konnte doch nicht Tage oder Wochen dauern.
    Vielleicht sollte sich Bill noch einmal auf meinen Platz setzen.
    Diesmal aber etwas länger, damit die Eindrücke aus dieser anderen Welt oder Dimension stärker wurden. Ich schaute ihn an und…
    Verdammt, was war das?
    Ich zwinkerte, weil ich nicht glauben wollte, was ich da sah, aber es stimmte. Nicht allein Bill Conolly, auch Glenda, Suko und Sir James hatten sich von mir entfernt. Sie waren noch da, ich sah sie auch, nur schienen sie auf einer schmalen Straße weit, sehr weit zurückgegangen zu sein, und ihre Gestalten hatten dabei an Größe verloren. Für mich waren sie in den Hintergrund eines Bildes eingetaucht, das von einer Allee beherrscht wurde.
    Wer zog sie von mir weg? Wer hatte es geschafft, die Perspektive derartig zu verzerren? Hatte Bill ebenfalls unter diesen Eindrücken gelitten?
    Nein, das glaube ich nicht. Dann hätte er etwas gesagt. Es war wohl so, dass jeder die Magie des Skelett-Sessels anders erlebte. Ich hatte nicht mehr den Wunsch, ihn zu verlassen. Wenn ich ehrlich sein sollte, ich hätte es auch nicht gekonnt, denn da war die andere Macht, die mich praktisch auf dem Kissen festhielt. Sie zerrte mich weiter. Hinein ins Uferlose…
    Auch an ein Ziel?
    Es war mein letzter Gedanke. Mit einem Schlag war alles anders.
    Da sah ich weder meine Freunde noch das Zimmer, und ich dachte plötzlich an das Gericht der Toten…
    ***
    Die Einheimischen hatten Rose Cargill davor gewarnt, sich einem gewissen Gebiet zu sehr zu nähern, denn dort sollte es angeblich nicht geheuer sein, weil da noch immer die Stummen lebten.
    Rose hatte erst nicht gewusst, wer die Stummen waren, und schließlich erfahren, dass sie zu einer Gruppe von Mönchen gehörten,

Weitere Kostenlose Bücher