0774 - Vampirblut
er. »Ich rufe McGrady an.« Er schaute auf seine Armbanduhr. »Es ist 8 Uhr 25. McGrady dürfte schon im Büro sein.«
Zamorra griff zum Telefon und bat den Bediensteten an der Rezeption, eine Verbindung mit Scotland Yard herzustellen. Als sich die Telefonvermittlung der Polizeidienststelle meldete, bat Zamorra, mit Inspektor McGrady verbunden zu werden. Dann hatte er den Inspektor an der Strippe.
»Guten Morgen, McGrady. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen nach dem Erlebnis der vergangenen Nacht.«
»Nein, Professor, ich hab nicht eine Minute die Augen zugekriegt. Das alles war dermaßen ungeheuerlich, dass ich es noch immer nicht so recht glauben will. Ich sitze am Computer und will einen Bericht anfertigen, doch ich weiß beim besten Willen nicht, was ich schreiben soll. Die Wahrheit glaubt mir doch keiner. Um vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden, fühle ich mich noch zu jung.«
Zamorra lachte. Dann sagte er: »Eine Bitte, McGrady. Können Sie feststellen, ob in London eine junge Frau namens Lisa Vanderbildt lebt.«
»Natürlich kann ich das. Brauchen Sie die Adresse, Professor?«
»Ja.«
»Ich melde mich wieder bei Ihnen.«
»Vielen Dank.«
Eine halbe Stunde später kam der Rückruf. »Ich bin fündig geworden, Professor. Es gibt zwei Frauen mit dem Namen Lisa Vanderbildt. Die eine ist 1928 geboren, die anderen 1979. Welche der beiden Frauen suchen Sie?«
»Die jüngere. Wo wohnt sie?«
Der Inspektor nannte die Adresse. Lisa Vanderbild wohnte im Stadtteil Kensington and Chelsea.
»Was hat es denn mit der jungen Lady auf sich?«, wollte der Polizist wissen.
Zamorra fragte sich, ob er es McGrady auf die Nase binden sollte. Im Weltbild des gutes Mannes stimmte seit der vergangenen Nacht sowieso eine Menge nicht mehr. Das Erlebnis mit dem Vampir würde er so schnell nicht überwinden. Doch dann entschloss sich der Dämonenjäger, McGrady einzuweihen.
»Allmächtiger!«, seufzte der Polizist. »Nicht schon wieder. Von Vampiren bin ich bedient.«
»In welchem Verhältnis stehen Sie zu Verona Mills?«, wollte Zamorra wissen. »Mir scheint, von Seiten der Frau steckt etwas mehr dahinter als rein berufliches Interesse.«
»Wie meinen Sie das, Professor?«
»So wie ich es gesagt habe. Auch Sie interessieren sich doch für Verona, McGrady. Es abzustreiten ist sinnlos. Ich habe schließlich Augen im Kopf.«
»Nun, Sie mögen Recht haben, Zamorra. Dabei kenne ich sie erst, seitdem ich in der Sache Jim Spacey ermittle. Natürlich war es nicht zu verheimlichen, dass irgendein Untier den Reporter umgebracht hat. Er war Veronas Kollege beim selben Verlag. Als dann der Nachtwächter zerfleischt wurde und nachdem bezüglich des Verschwindens des toten Jim Spacey eine Nachrichtensperre verhängt wurde…«
Der Inspektor brach ab. Den Rest konnte sich Zamorra an fünf Fingern abzählen. »Was mag Veronas Neugier geweckt haben?«
»Keine Ahnung.« McGrady schien kurz nachzudenken. »Wahrscheinlich war es die Art und Weise, durch die Spacey ums Leben kam«, meinte er schließlich. »Sicher vermutete Verona dahinter eine große Story.«
»Die hat sie seit vergangener Nacht«, murmelte Zamorra versonnen.
»Allerdings wird sie ihr keiner abkaufen«, sagte McGrady lachend. »Ebenso wenig wie man sie mir abnehmen wird, wenn ich sie in meinem Bericht verewige.«
»Vielen Dank für Ihre Mühe«, sagte Zamorra und legte auf. Er wandte sich an Nicole. »Wir fahren nach Kensington.«
***
John Vanderbildt befand sich in Hypnose. Den 53-Jährigen quälten seit vielen Wochen Albträume. Nacht für Nacht erschien in seinen Träumen eine junge Frau, die ihn mit großen Augen schweigend und hassvoll anstarrte. Jedesmal, wenn er diesen Traum hatte, wachte er auf und fand keinen Schlaf mehr.
Er hatte sich in psychotherapeutische Behandlung begeben. Der Psychiater war ein Anhänger der Reinkarnationstheorie. Er vermutete die Ursache der quälenden Träume in einem Erlebnis, das Vanderbildt vor seinem derzeitigen Leben gehabt hatte.
Er führte ihn zurück.
»Was sehen Sie?«
»Dunkelheit.«
»Sonst nichts?«
»Nur Dunkelheit.«
»Wir gehen weiter zurück«, sagte der Therapeut.
Die Dunkelheit lichtete sich. Es wurde hell. Vanderbildt sah sich. Er bewegte sich in einem großen Haus. Er trug einen Hausmantel.
Langsam stieg er die Treppe hinunter, die in der Wohnhalle des Hauses endete. Ein riesiger Kamin befand sich da, ein großer Tisch, um den zwölf Stühle mit hohen Lehnen gruppiert waren. Am Stirnende des
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