0774 - Vampirblut
sich die Gestalt einer Frau bildete. Sie war jung, schwarzhaarig und sehr schön.
»Erkennst du mich, Steven Brown?«. Ihre Stimme übertönte das Gepolter, das die beiden Untoten an der Tür verursachten.
»Nein! Mein Gott, nein! Wer bist du?«
»Vor zweihundert Jahren lebte ich hier in London als Amanda O’Nelly. Dein Name war Lucas Jefferson. Du hast mich durch deinen Verrat den Henkersknechten der Inquisition überantwortet. Ich starb den furchtbaren Tod des Ertrinkens. Erinnerst du dich?«
»Nein! Neiiin!«
»Du hast mich der Buhlerei mit dem Satan angeschuldigt, Lucas, obwohl ich deine Geliebte war. Du wolltest mich aus dem Weg haben, weil du die reiche Tochter des Händlers heiraten wolltest. Ich habe dich mit meinem letzten Atemzug verflucht. GORG- HON, ein mächtiger Dämon, hörte meinen Fluch und nahm sich meiner an. Er hilft mir, den Fluch zu erfüllen.«
Amanda lachte teuflisch und zeigte ihr Gebiss. Dann fuhr sie fort:
»Nach deinem Tod fand deine Seele keine Ruhe, Lucas. Sie ging in das Schattenreich GORG-HONs ein, in ein Reich der rastlosen Seelen. Alle hundert Jahre werden wir iviedergeboren. Alle hundert Jahre vollzieht sich der Fluch. Du musst alle hundert Jahre großes Leid erfahren, bis dich dein eigenes Fleisch und Blut in Stücke reißt. Es ist ein ewiger Kreislauf, Lucas Jefferson. Du wirst niemals Ruhe finden.«
»Du - du hast meine Kinder umgebracht und zu Vampiren gemacht«, entrang es sich dem Mann. Sein Herz schlug bis zum Hals und drohte in der Brust zu zerspringen. »Du hast sie ermordet, um mir Leid zuzufügen. Wenn ich dir Unrecht getan habe, dann tut es mir Leid. Ich…«
»Amanda O’Neill starb durch deinen Verrat. Sie hat dich verflucht. Ihre Seele lebt in mir. Kurz vor ihrem Tod vermächte sie ihre Seele den Mächten der Finsternis. Darum fürchtete sie den Tod nicht, darum nahm GORG-HON sie auf. - Wenn Mary und Jason dich in Stücke gerissen haben, Lucas Jefferson, verschwinden sie in der Schattenwelt. Dort wirst du sie treffen. Und du wirst erneut hundert Jahre dem Tag entgegenzittern, an dem du wiedergeboren wirst.«
»Bitte, Amanda, verzeih mir. Ich -ich…« Die Stimme Steven Browns verlosch. Er fiel auf die Knie nieder, hob in flehender Geste die Hände, streckte sie dem Vampir entgegen.
Ein grausames Lächeln zog den Mund der Frau in die Breite. Dann sagte sie: »Du wirst einen grausamen Tod erleiden, Lucas. Dein eigen Fleisch und Blut wird dich voll Gier zerfetzen. Der Fluch vollzieht sich.«
Krachend flog die Tür auf.
Silbriges Geflirre in der Luft zeigt an, wo der Vampir entmaterialisierte.
Die beiden Geschöpfe der Hölle stürzten mit weit aufgerissenen Mäulern in den Kellerraum. Sie fielen über Steven Brown her. Ihre Zähne bohrten sich in sein Fleisch…
»Aufhören!«, schrie er. »Hört auf! Bei allen Heiligen!«
Der Körper wurde auf der Couch hin und her geworfen. Wie in stummer Verzweiflung klaffte nach seinem Geschrei der Mund des Patienten auf. Nur ein Röcheln drang aus seiner Kehle. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Wild rollten die Augen unter den geschlossenen Lidern.
Der Therapeut schnippte mit Daumen und Mittelfinger.
John Vanderbildt erwachte aus der Hypnose. Mit dem törichten Ausdruck des Nichtbegreifens starrte er in das Gesicht des Psychiaters. Sein Atem ging immer noch stoßweise. Seine Lippen bebten. »Es - es war entsetzlich«, flüsterte er schließlich.
»Sie haben also vor dreihundert Jahren als Steven Brown gelebt, John«, murmelte der Psychiater. »Die Frau, die Sie gesehen haben, diese Dämonin - ist es die Frau, die Ihnen in den Albträumen erscheint?«
John Vanderbildt nickte. Eine unsichtbare Hand schien ihn zu würgen.
***
Lisa Vanderbildt war nicht in ihrer Wohnung anzutreffen. Nachbarn verrieten Zamorra und Nicole, wo das Mädchen arbeitete. Ein Rückruf bei ihrem Betrieb bestätigte Zamorras Verdacht: Lisa war nicht zur Arbeit erschienen.
Sie schien spurlos verschwunden zu sein.
»Vielleicht versuchen Sie es mal bei ihrem Vater«, schlug eine Nachbarin vor. »Er wohnt nicht weit entfernt, sozusagen gleich um die Ecke.«
»Können Sie mir die Anschrift nennen?«, fragte der Professor.
Die Frau beschrieb ihm den Weg und das Gebäude, in dem Lisas Vater und Bruder wohnten. Es war wirklich gleich um die Ecke. Zamorra und Nicole gingen zu Fuß.
Eric Vanderbildt, Lisas Bruder - er studierte Medizin und wohnte noch bei seinem Vater - öffnete ihnen die Tür. Zamorra stellte sich und Nicole vor.
Auf die
Weitere Kostenlose Bücher