0775 - Lady Luzifer
was mir Spaß macht. Erinnere dich an meinen Namen - Lady Luzifer. Ich habe ihn nicht grundlos bekommen. Du kannst dir denken, daß mir schon etwas einfällt…«
Ja, das konnte sich Jane. Sie gab keine Antwort, aber die Kälte der Angst kroch in ihr hoch wie bröseliges Eis…
***
Uns ging es noch immer um den geheimnisvollen Knochen-Sessel. Nicht direkt um ihn - er befand sich bei den Templern in Südfrankreich in relativer Sicherheit -, sondern um seine Herkunft und um die Person, die einmal der Sessel gewesen war, denn er war nichts anderes als das Skelett eines Menschen. Und zwar ein sitzendes Skelett, auf dessen Schoß ein normaler Mensch seinen Platz fand.
WER WAR ER GEWESEN?
Wir wußten es nicht, aber wir zerbrachen uns die Köpfe darüber. Ich hatte einige Male mit dem Abbé in Alet-les-Bains telefoniert, ohne jedoch eine Antwort bekommen zu haben. Er war der Ansicht, daß der Knochen-Sessel seinen Platz unbedingt in der Kathedrale der Angst haben sollte, wo auch das silberne Skelett des Hector de Valois lag, denn wahrscheinlich existierte auch eine Verbindung zwischen ihm und dem Sessel.
Nur eine Annahme, kein Beweis, und einen Beweis wollten Suko und ich finden.
Auch unser Freund Bill Conolly mischte sich ein. Er hatte gute Verbindungen, hatte einige von ihnen aktiviert, ohne jedoch einen Erfolg erreicht zu haben.
»Immer ins Leere«, sagte er und schlug mit der flachen Hand auf die Sessellehne. »Mir scheint es, als wäre jemand dabei, die Spur bewußt zu kappen.«
»Wenn ja - wer?« fragte Suko.
Bill hob die Schultern.
Ich sagte nichts und schaute durch die breite Scheibe des Wohnzimmerfensters hinaus in den Garten der Conollys, der allmählich ein herbstliches Bild bekam. Das Laub sah müde aus, und ebenso müde flatterte es zu Boden, wenn sich der Wind in den Kronen verfing. Der Pool war längst abgedeckt worden, einige helle Gartenstühle standen trotzdem noch draußen, umgeben von nassen Blättern, und mich erinnerte die Szene an ein trauriges Stilleben, das ein sentimentaler Maler gezeichnet hatte. Eine blasse Sonne hatte sich hinter grauen Wolken versteckt. Wo sie stand, bekam der Dunst einen hellen Schein.
Dieser Morgen bereitete keine Freude, aber wir waren zu Bill hingefahren, um wenigstens einen Anruf abzuwarten, praktisch den letzten Trumpf, den der Reporter in der Hinterhand hielt.
Ein Kollege aus Frankreich, der sich in der Historie des Landes auskannte und angeblich auch etwas über die Templer wußte. Ob das alles so stimmte, war fraglich, wir griffen halt nach dem letzten Strohhalm. Sheila, Bills Frau, hatte uns allein gelassen. Sie war weggefahren, um in der City einzukaufen.
Bill hob die Augenbrauen, als er über sein braunes Haar strich. »Eigentlich sind wir viel zu verwöhnt«, sagte er. »Immerhin wissen wir doch, welche Funktion der Knochen-Sessel gehabt hat und auch noch hat. Er schafft es, die Grenzen zu überwinden. Er kann uns in das geheimnisvolle Avalon bringen. Das ist immerhin etwas - oder nicht?« Er schaute gerade mich dabei an, und ich nickte.
»Du hast Nadines Stimme gehört, nicht?«
»Ja.«
»Mich wundert nur, John, daß du es nicht ausprobiert hast. Da komme ich nicht mit.«
»Was willst du hören?«
»Die Wahrheit.«
»Die habe ich dir schon gesagt.« Bill erhoffte sich von Suko Unterstützung, denn er schaute ihn an.
»Stimmst du John auch zu, wenn er sagt, daß er sich noch nicht sicher genug fühlt und deshalb mit einem ersten großen Test warten will?«
»Es ist dein Problem.«
»Aber so kommen wir nicht weiter, verdammt!«
»Weiß ich selbst«, mischte ich mich ein. »Es muß auch von dir zu begreifen sein, daß ich zuerst voll und ganz über die Kräfte und Funktionen des Sessels informiert sein möchte, bevor ich mich an seine Erkundung begebe.«
»Ja - das sehe ich ein.«
»Vielleicht zündet die letzte Spur«, sagte Suko.
Bill hob nur die Schultern. »Ich kann es euch nicht sagen, sondern nur hoffen. Denke ich allerdings an das Gesetz der Serie, so bin ich nicht sehr hoffnungsfroh, daran gibt es nichts zu rütteln. Wenn meine Information die mathematische Größe Null bringt, weiß ich nicht mehr weiter.«
»Wie gut ist denn dein Bekannter?«
Bill holte tief Atem. »John, ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Gérard Tigne hat sich auf gewisse Forschungen spezialisiert. Er ist Historiker, und einmal, als wir beide schon einiges getrunken hatten, da hat er sich scherzeshalber als einen Mystiker bezeichnet. Was da nun
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