0775 - Lady Luzifer
ausgerechnet jetzt, wo Lady Sarah nicht da war, so etwas passiert war. Wenn das die Horror-Oma gewußt hätte, sie hätte nur den Kopf geschüttelt und sich gleichzeitig bestätigt gesehen, was ihre Warnung anging.
Jane Collins kam noch immer nicht darüber hinweg, daß ihr so etwas widerfahren war. Hatte sie denn geträumt? Nein, das nicht, obwohl die Fahrt zum Haus schon einer Routine glich, doch sie paßte eigentlich immer wieder auf. Auch diesmal war es so gewesen. Selbst mit den Gedanken war sie bei der Sache gewesen und nicht bei Lady Sarah, und einen kurzen Blackout hatte sie auch nicht gehabt. So etwas überließ sie lieber den Politikern. Die schwarzhaarige Frau im roten Kostüm war wie vom Himmel vor ihren Wagen gefallen. Sie hätte sie doch sonst auf dem Gehsteig sehen müssen.
Sie würde bestimmt von der Frau darüber aufgeklärt werden, das stand fest. Zunächst einmal mußte sie sich um den Wagen kümmern und ihn in die entsprechende Parklücke rangieren. Auch das klappte nicht so wie sonst, denn sie war einfach zu nervös und rangierte zweimal hin und her, bis sie es geschafft hatte.
Danach blieb sie hinter dem Lenkrad sitzen und atmete sehr tief durch, ohne allerdings die große Erleichterung zu spüren. Sie war einfach zu nervös, hinzu kam der Schock, den sie noch immer nicht überwunden hatte, aber sie mußte etwas tun.
Jemand klopfte an ihre Scheibe. Sie drehte den Kopf nach rechts. Ein älterer Nachbar, der seinen Pudel ausführte, schaute hinein. »Ist der Frau etwas passiert?« fragte er, als Jane den Wagenschlag nach außen drückte.
»Nein, nichts. Nur etwas mit dem Fuß.«
»Ich habe es gesehen«, sagte der Mann, während der Pudel kläffte und Jane ausstieg. »Wissen Sie, Miß, die Person ist ja so plötzlich auf die Straße gekommen.«
»Haben Sie die Frau vorher gesehen?«
Er nickte so heftig, daß die flache Mütze auf seinem Kopf beinahe den Halt verloren hätte. »Klar, ich habe sie gesehen. Sie stand am Rand des Gehsteigs, zwischen zwei Bäumen. Das Kostüm hat richtig rot geleuchtet. Dann ist sie gegangen, einfach so, wenn sie verstehen. Als hätte man ihr einen Schubs gegeben. Ich sah ja noch, wie sie stolperte. Ich glaube, der ist schlecht geworden.«
»Ja, das kann sein.«
Der Nachbar streckte ihr den Zeigefinger entgegen. »Sie trifft überhaupt keine Schuld, Miß Collins. Ich habe gesehen, wie gut sie reagierten. Dank Ihnen ist nicht mehr passiert.«
»Herzlichen Dank, daß Sie mir das gesagt haben. Es hat gut getan. Leider kann ich nicht bleiben, ich muß mich um die Frau kümmern.«
»Ja, tun Sie das. Ist auch wichtig.«
Der Pudel kläffte wieder, als Jane ging und durch den Vorgarten auf die noch immer offenstehende Haustür zulief. Wenn es zu einer Verhandlung kommen sollte, war sie froh, einen Zeugen zu haben, der so günstig für sie aussagen konnte, vorausgesetzt, er änderte seine Meinung nicht, was Jane aber nicht glaubte.
Sie fand die Verletzte im Wohnzimmer. Die Frau hatte ihren linken Schuh ausgezogen und das geschwollene Bein hoch auf die Sitzfläche eines Stuhls gelegt. Sie trug einen sehr kurzen Rock, und Jane erkannte, daß sie wunderschöne Beine hatte.
»Wie geht es Ihnen?«
»Nicht so schlecht.«
»Ich werde mich gleich um Ihr Bein kümmern und einen kühlenden Verband um den Knöchel wickeln.«
»Nicht so eilig, Miß…«
»Ich heiße Jane Collins.« Sie streckte der Dunkelhaarigen die Hand entgegen.
»Angenehm, Jane. Mein Name ist Deborah Taft. Aber sagen Sie ruhig Deborah zu mir.«
»Okay, ich bin Jane. Und was wollten Sie jetzt?«
»Ist es zu unverschämt, wenn ich Sie um einen Drink bitte?«
Jane Collins lachte. »Nein, alles, nur das nicht. Den kann ich nämlich auch gebrauchen.«
»Wunderbar.«
»Cognac oder Whisky?«
»Der aus Frankreich.«
»Den nehme ich auch.«
Jane goß direkt zwei Doppelte ein, denn den Schluck hatten sie sich verdient. Gegenüber ließ sich Jane nieder. Sie prosteten sich zu, und Deborah lächelte schon wieder.
Sie war eine schöne Frau, das mußte Jane neidlos anerkennen. Herrliches schwarzes Haar, das den Kopf wie weiche Wellen umfloß. Ein ebenmäßiges Gesicht und eine Haut, die eine gesunde Sonnenbräune zeigte. Hinzu kamen die blauen Augen, die weichen Lippen und die etwas hochstehenden Wangenknochen. Sie war eine Schönheit, daran gab es nichts zu rütteln. Hinzu kam das modische Kostüm, das ihr ausgezeichnet stand. Es war eng geschnitten, auf Taille gearbeitet, und die Jacke hatte einen
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