0778 - Draculas blutige Brautnacht
vergessen, dass dein Besuch immer einen Fächer des Schreckens über Petrila ausgebreitet hat. Aber das ist mir egal, jedenfalls ist der Ort nicht schutzlos.« Marek stand halb auf und quälte sich hinter dem Tisch hervor von seiner Eckbank. »Du entschuldigst mich mal für einen Moment.«
»Auch für zwei.«
»Das ist nett. Wusste ja, dass du ein Freund bist.« Er deutete auf eines der Fenster. »Noch ist es nicht dunkel. Wir haben ein paar Stunden Zeit. Wie ich sie jedoch einschätze, werden sie bereits in der Nähe lauern und den Ort beobachten.«
»Nur die vier?«
»Keine Ahnung. Möglicherweise ist auch er mit dabei.« Marek hob die Schultern und verließ die geräumige Küche. Er bewohnte das Haus seit dem Tod seiner Frau schon seit Jahren allein. Ich hatte Marie Marek damals töten müssen, als sie zu einem Blutsauger geworden war. Da hatten sich die Vampire furchtbar gerächt, denn Marek war schon lange vor dem Ableben seiner Ehefrau ein Erzfeind der Blutsauger. Er jagte sie, wo er sie nur jagen konnte, und er besaß als Waffe einen uralten Eichenpfahl, mit dem er phantastisch umgehen konnte. Durch ihn hatte schon so mancher Blutsauger sein untotes Leben verloren.
Auch ich erhob mich und blieb vor dem Fenster stehen. Über der kleinen Stadt Petrila lag ein grauer Tag mit grauen Wolken, die sich von der Farbe der niedrigen Häuser kaum abhoben und sich auch der des Kirchturms anglichen, der seine Spitze den tief liegenden Wolkenbergen entgegenreckte. Auch er und die Kirche selbst hatten schon ihre schwarzmagischen Stürme erlebt, doch bisher allem getrotzt, was für mich wiederum ein Funke der Hoffnung war.
In diesem Fall allerdings – und das wollte ich gern zugeben – lagen die Dinge anders.
Wenn Marek Recht hatte, dann mussten wir uns auf vier weibliche Vampire gefasst machen.
Viermal der Tod auf zwei Beinen!
Falls es dabei blieb, denn es war durchaus möglich, dass sich die Vampire bereits Nahrung geholt hatten. Jede Person, die von ihnen angefallen wurde, verwandelte sich ebenfalls in einen Blutsauger, und das konnte zu einer Kettenreaktion des Schreckens werden.
Ich hörte die Schritte aus dem Flur. Frantisek Marek kehrte zurück. Die Tür ächzte, als er sie öffnete. Davor blieb er stehen und hielt sie mit dem rechten Ellbogen an. »Willst du im Haus bleiben oder mitkommen?«
Ich gab vorerst keine Antwort, sondern starrte auf den Pfahl, den er geholt hatte. Marek sah meinen Blick, ein Lächeln umspielte die breiten Lippen. In seinen hellen Augen glitzerte es, als wären dort kleine Eiskrümel verteilt worden. »Es ist immer noch der alte, John. Ich pflege ihn auch. Oft genug wachse ich ihn ein, damit dieses alte Eichenholz lebt.« Mit der Spitze fuhr er über seine Handfläche. »Die ist noch immer in Ordnung. Die spießt die Körper der Blutsauger auf.«
»Das glaube ich dir gern.« Ich schaute zu, wie Marek seine Waffe unter der dreiviertellangen Jacke verschwinden ließ. Ein derartiges Kleidungsstück trug auch ich. Nur bestand meine Jacke aus Leder, Mareks aus dickem Stoff. »Was wolltest du noch von mir?«
»Dich zu einem Gang durch den Ort einladen.«
»Gibt es einen Grund?«
»Nein.« Er hob die Schultern. »Nur mal schauen, falls es dir recht ist.«
Ich schickte meiner Antwort ein Grinsen voraus. »Wie zwei Sheriffs – oder?«
»Meinetwegen auch das.«
»Okay, ich gehe mit.«
Wir verließen Mareks Haus gemeinsam, und der alte Vampirjäger schloss sorgfältig ab. Er besaß noch immer die alte Schmiede, die in einem schuppenähnlichen Anbau untergebracht war. Hin und wieder arbeitete Marek noch mit Hammer und Amboss, jedoch nur, wenn Not am Mann war. Seinen Lebensunterhalt hätte er damit nicht verdienen können. Für ein relativ gutes Einkommen sorgte Lady Sarah Goldwyn, die zweimonatlich einen Scheck schickte, damit Marek über die Runden kam und auch unabhängig blieb, denn oft genug konnten ihm nur Devisen weiterhelfen. Ich hatte ihm den Scheck mitgebracht, und er hatte wieder einmal den Kopf geschüttelt und sich sträuben wollen, das Papier anzunehmen. Ich musste ihn davon überzeugen, dass es kein Almosen war und dass wir oft genug auf seine Hilfe angewiesen waren. So konnte er sich den Kaffee besorgen, der mir bei ihm so gut schmeckte. Das war einer der kleinen Vorteile.
Die Luft war kalt. Sie roch auch nach Rauch, denn in den Häusern wurde geheizt.
Wir hörten, dass jemand Holz hackte. Es war einer von Mareks Nachbarn, der sich noch den Vorrat für den Winter
Weitere Kostenlose Bücher