0778 - Draculas blutige Brautnacht
müssen. Er heißt Peter. Die Blutsauger werden ihn nicht ungeschoren gelassen haben.« Er streckte seine Arme in die Höhe. Es war eine Geste des Wohlbehagens. »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es endlich zur Sache geht.«
»Du bist sehr optimistisch.«
Er beugte sich vor. »John, es muss mal wieder etwas geschehen. Du glaubst nicht, was es mir für einen Schock versetzt hat, als ich merkte, dass die vier jungen Frauen verschwunden waren. Die hat sich Mallmann geholt. Jetzt haben wir sogar den indirekten Beweis.«
»Obwohl er von den beiden nicht gesehen wurde.«
»Das stimmt auch.«
Sie aßen. Sie hatten Hunger, und sie ließen die Tischregeln außer Acht. Wenn Kinder sich so benehmen, kriegten sie zumeist großen Ärger. Den beiden war es zu verzeihen, obwohl ihr Schmatzen bei mir eine Gänsehaut hinterließ. Nicht bei Marek. Er kümmerte sich nicht darum, sondern erklärte mir, dass er den beiden unbedingt einige Fragen stellen wollte. Es waren ihm zu wenig Einzelheiten mitgeteilt worden.
Die beiden Krüge hatten sie schnell geleert. Marek bestellte Nachschub, der auch sofort kam, wobei ich nichts mehr trinken wollte.
Der Krug ging trotzdem nicht zurück. Branco hatte noch Verwendung für ihn.
Er war im besten Alter, hatte graue Haare und wirkte alterlos. Sein Gesicht zeigte einen schmalen Schnitt. Die grauen Augen lagen tief in den Höhlen, und die Nase wirkte wie ein krummer Stab. Er trug einen grauen Mantel, der genauso schmutzig war wie sein Gesicht.
Der Uniformierte sah nicht besser aus. Nur wirkte er so rund und gut genährt wie ein Schweinchen. Nichtsdestotrotz hatte er sich auf die Seite des Gefangenen geschlagen, und das war ihm hoch anzurechnen.
In unserer unmittelbaren Nähe lag das Fenster. Ich konnte nach draußen schauen. Der Platz vor dem Gasthaus wirkte wie leer gefegt. Überhaupt war in Petrila wenig los. Das Dorf gehörte sowieso zu den Orten, die nicht eben am Puls der Zeit lagen, aber etwas mehr Bewegung hatte ich hier schon erlebt. Es kam mir so vor, als wüssten die Menschen Bescheid über die schrecklichen Dinge. Sie stellten sich darauf ein, sie warteten ab, sie würden wieder einmal das Grauen erleben und fürchteten sich vor der nächsten Nacht.
Ich dachte daran, dass ich bei Einbruch der Dunkelheit mit meinen Patrouillengängen beginnen würde. Dann würde ich mir wirklich vorkommen wie ein Marshal, aber das musste eben sein. Auch die Bewohner kannten sich aus. Man brauchte ihnen nicht erst zu sagen, wie sie sich zu verhalten hatten. Sie ließen von sich aus die Türen und Fenster der Häuser geschlossen, sie verfügten auch über die entsprechenden Mittel, um die Macht des Bösen abzuwehren. Ein moderner Mensch musste sich vorkommen wie im letzten Jahrhundert, als Bram Stoker seinen berühmten Roman »Dracula« geschrieben hatte, denn da hatten sich die Menschen auch vor den Vampiren zurückgezogen und ihre Häuser durch eine Anzahl von Knoblauchstauden gesichert. Das würde sich hier wiederholen, denn keiner wollte, dass ein Blutsauger sein Haus betrat.
Die Teller waren leer.
»Noch Nachschlag?«, fragte Marek.
»Nein.«
»Gut. Wir müssen uns jetzt darüber unterhalten, was wir unternehmen werden. Diese Nacht wird entscheidend sein. Ihr habt eine Blutsaugerin gesehen, aber es werden mehrere sein. Vier Frauen kenne ich, die den tödlichen Kreislauf in Gang gesetzt haben können, und jetzt rollt die Walze weiter.«
Marek hatte langsam gesprochen. Ungefähr ein Drittel hatte ich verstehen können, dann nahm er auf mich keine Rücksicht mehr und redete schneller weiter.
Ich hörte nicht zu, sondern wartete ab. Die Unterhaltung wurde oft nur im Flüsterton geführt, was gut war, denn wir wollten die anderen Gäste auf keinen Fall beunruhigen, die hin und wieder mit skeptischen Gesichtern zu unserem Tisch rüberschauten.
Zwei Männer standen auf, nachdem sie gezahlt hatten. Sie verließen das Wirtshaus eilig und stiegen in den Lastwagen, der vor dem Bau parkte. Als der Motor angelassen wurde, zitterte der gesamte Wagen, und aus seinem Auspuff quoll eine dicke blauschwarze Wolke, die sich als stinkendes Etwas in der Luft verteilte.
Ich stand auf und betrachtete mir das Kreuz aus der Nähe. Es war groß schlicht. Es flößte mir Vertrauen ein, ebenso wie das kleine Weihwasserbecken direkt unter dem Kreuz. Ich musste daran denken, dass Vampire Weihwasser ebenfalls hassten.
Hinter mir hörte ich Schritte. Die Wirtin kam. Sie blieb neben mir stehen, reichte mir nur bis
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