078 - Küss’ niemals Choppers Geisterbraut
davon überzeugen, dass der
Haussegen offensichtlich nach einer heftigen Phase gegenseitiger Vorwürfe
wieder in Ordnung ist. Die Wohnung ist noch etwas ramponiert, aber von ihnen
ist niemand verletzt. Und Ihre Frau hat auch nichts angedeutet und will
offensichtlich auch keine Anzeige machen.«
»Warum sollte sie?«
»Körperverletzung... vielleicht haben Sie sie
geschlagen? Von den Nachbarn zumindest kam dieser Hinweis. Aber da sieht man
mal wieder, wie schnell die Leute übertreiben.«
»Mir kann es im Prinzip egal sein, was Sie von mir und
meiner Familie denken«, sagte Willi Scharner rau. »Zugegeben, ich hatte eine
Debatte mit meiner Frau... Aber Sie werden wohl selbst einsehen, dass keiner
von uns in der Lage sein konnte, in wenigen Minuten die ganze Wohnung auf den
Kopf zu stellen.«
»Wir haben schon ganz andere Sachen erlebt«, seufzte
der angesprochene, dunkelhaarige Mann. Sonja Scharner und die Zwillinge Marion
und Andreas kehrten scheu in die Wohnung zurück. Die Anwesenheit der beiden
Polizisten schien ihnen gewisse Sicherheit zu geben. Auch Sonja Scharner und
die Kinder des Ehepaares mussten in diesem speziellen Fall die Aussagen ihres
Vaters bestätigen. Den Polizisten war der Name Chopper nicht unbekannt. Es war
noch gar nicht so lang her, da machte dieser Name Schlagzeilen in der deutschen
und internationalen Presse. Eine junge Zahnarzthelferin hatte ersten Kontakt
gehabt. Die knarrende Stimme eines Unsichtbaren terrorisierte wochenlang die
Leute in einer Zahnarztpraxis. Spezialisten der Post versuchten damals der
Geisterstimme, die sich aus Steckdosen, Ausgüssen und dem Telefon meldete, auf
die Spur zu kommen.
Ein Stab von Technikern untersuchte wochenlang mit
hochempfindlichen Geräten die ganze Umgebung, errichtete Antennen, grub Löcher
in die Erde und meißelte Wände auf, weil der Verdacht bestand, dass sich jemand mit einem privaten Sender einen makabren
Scherz erlaubte. Doch der Terror mit der Geisterstimme ging weiter, und selbst
Beamte der Kripo, die Beobachtungsposten rund um die Uhr an dem fraglichen Haus
aufgestellt hatten, kamen dem Geheimnis der rätselhaften Geisterstimme nicht
auf die Spur. Bis über Nacht dann plötzlich der ganze Schwind el,wie
die offizielle Verlautbarung der Staatsanwaltschaft schließlich lautete,
aufflog. Die Geisterstimmen seien von den Beteiligten selbst verursacht
worden...
Der dunkelhaarige Polizist betrachtete die Kinder des
Ehepaares genau.
»Na, ihr beiden?«, meinte er unvermittelt und blickte
abwechselnd von dem Mädchen auf den Jungen. »Ich nehme an, ihr wollt zu der
Geschichte auch noch etwas sagen, wie? Wer von euch kann Stimmen gut imitieren
oder versteht sich auf die Kunst des Bauchredens?« Marion, dunkelhaarig und
ihrer Mutter sehr ähnlich, blickte erschrocken drein. »Warum sehen Sie mich so
an?«, fragte sie mit belegter Stimme. »Ich kann keine Stimmen nachmachen und
schon gar nicht bauchreden... Warum sollte ich so etwas tun? Ich hab’s
gehört... wir alle haben’s deutlich gehört.«
»Auch ich habe die Stimme nicht nachgemacht«,
verteidigte sich Andreas. Er kam in Aussehen und Gestalt mehr auf seinen Vater
heraus. Keiner käme auf die Idee, Marion und Andreas als Zwillinge zu
bezeichnen. Sie sahen einander kaum ähnlich. Die Beamten machten sich Notizen
und sahen sich auf Scharners Drängen die ganze Wohnung an. Überall war etwas in
Unordnung gebracht. Aber keiner der Beteiligten wollte das Geringste damit zu
tun haben. »Komisch, dass Chopper sich jetzt, da wir da sind, nicht meldet,
nicht wahr?«, ließ der rotblonde, hagere Polizist unvermittelt eine Bemerkung
fallen. »Da könnten wir doch gleich einige Fragen an ihn richten.«
»Einverstanden«, sagte
da die blechern klingende Stimme. Der Hagere wirbelte herum und suchte nach dem
Sprecher. Die Geschwister, das Ehepaar und auch sein Kollege standen wie vom
Donnerschlag gerührt.
»Einverstanden... dann schieß mal los...«
●
Um die Lippen des verdutzten Polizisten zuckte es.
»Hört auf mit dem Unsinn«, sagte er unwillig und blickte die Anwesenden der
Reihe nach an.
»Da macht keiner Unsinn«, entgegnete die Stimme. Sie
kam aus der Lampe, die mitten im Raum hing. Der Hagere war blass geworden, und man
sah ihm seine Ratlosigkeit förmlich an. »Du wolltest Fragen stellen«, machte
die unheimlich klingende Stimme sich wieder bemerkbar. »Ich warte noch immer
darauf.«
»Wer bist du?«, stieß der Hagere hart hervor. Er
suchte mit seinen Blicken den Raum
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