0780 - Die Testwelt
hatte. Unser Leben stand auf dem Spiel.
Ich ließ mich fallen und riß den Desintegratorstrahler aus dem Stiefelschaft. Rhodans Augen weiteten sich. An ihm vorbei schoß der lindgrüne Energiestrahl mitten in den Riesenkopf des Tieres hinein. Der Koloß, der nur aus Muskeln, Pranken, Reißzähnen und Freßgier zu bestehen schien, bäumte sich brüllend auf.
Erbleichend fuhren wir zurück. Ich schätzte, daß die Bestie eine Höhe von fast zwanzig Metern erreichte, als sie sich auf ihre Hinterbeine stemmte.
Die Tatzen wirbelten haltsuchend durch die Luft, schlugen krachend in die seitlichen Felswände und rissen zentnerschwere Brocken daraus hervor.
Rhodan und ich rannten die Schräge hoch auf den Dschungel zu. Doch wir kamen nicht weit, denn plötzlich schossen aus Felsspalten armdicke, silbrige Fäden hervor. Innerhalb von Sekunden bildete sich vor uns ein undurchdringliches Spinnennetz. Das Tier, das es aufbaute, konnten wir nicht sehen, aber wir hatten auch keine Sehnsucht danach. Wir wußten ohnehin, daß es lebensgefährlich war, ihm nahezukommen.
„Wir sitzen in der Falle", stellte Rhodan fest. Er war erstaunlich ruhig, viel ruhiger als ich.
„Das Biest hat den Desintegratorstrahl schon verdaut", sagte ich stammelnd. Tatsächlich hatte sich das gigantische Raubtier wieder beruhigt. Es näherte sich uns langsam, wobei es die mächtigen Pranken vorsichtig voranschob. Aus seinem gewaltigen Schädel sickerte eine violette Flüssigkeit.
„Die Reichweite ist zu gering", bemerkte Rhodan. „Das ist das Problem. Geben Sie mir den Strahler, Galto. Ich gehe dichter heran."
„Kommt überhaupt nicht in Frage", lehnte ich ab. „Ich habe die Waffe gegen Ihren Willen mitgenommen, und jetzt setze ich sie auch ein. Wäre es falsch gewesen, die Waffe einzuschmuggeln, hätte ich ja auch das Donnerwetter einstecken müssen. Passen Sie nur auf, daß Sie der verfluchten Spinne nicht ins Netz gehen."
„Keine Sorge, Galto", erwiderte er. „Ich bleibe hier stehen.
Wichtiger ist, daß Sie den Strahler nicht verlieren."
„Wenn es mich erwischen sollte, werde ich versuchen, die Waffe zu Ihnen zu werfen", versprach ich.
Ich wischte mir die Handflächen an den Hosen ab und ging auf das riesige Raubtier zu. Es beobachtete mich mit funkelnden Augen. Die Tatzen scharrten über das Gestein, und ein bestialischer Gestank schlug mir entgegen. Er stammte von den Fetzen verwesenden Fleisches, die noch zwischen den Zähnen hingen. Unwillkürlich dachte ich daran, daß ich auch keine angenehmeren Düfte verbreiten würde, wenn ich das Pech haben sollte, zwischen diesen Kiefern zu landen.
*
Aufzeichnung Joftblahn: Jorkdahl war außer sich!
„Was hat denn das noch mit würdevollem Benehmen zu tun?"
schrie er mich an und zeigte mit ausgestreckten Armen auf die Projektionskästen, in denen Rhodan und sein Begleiter zu sehen waren.
„Für die beiden geht es um Leben und Tod. Was für einen Sinn hätte es für sie, wenn sie sich so verhielten, als wäre alles in Ordnung?"
Ich blickte ihn ruhig an, stützte die Hände auf die Knie und schwieg.
„Oder willst du behaupten, daß diese Situation nicht entstanden wäre, wenn ich die Kontrollen nicht abgeschaltet hätte?" fragte er.
Ich antwortete wiederum nicht.
„Sie wäre aufgetreten", erklärte einer meiner Assistenten, „aber sie wäre ungefährlich gewesen, weil unsichtbare Energiefelder einen Zusammenprall vermieden hätten."
Ich war entsetzt über die Einmischung, verriet jedoch nicht, was ich empfand. Wenn einer meiner Mitarbeiter Anstand und Würde vergaß, dann bedeutete das nicht, daß ich darauf reagieren mußte. Er hatte einen Teil meines Lebens beendet und schien sich erst jetzt dessen bewußt zu werden.
Verstört blickte er mich an und überschritt dadurch wiederum die Grenze des Vertretbaren.
„Lächerliches Theater also", sagte Jorkdahl verächtlich. „Die Testpersonen werden erschreckt und gefoppt."
Er stellte sich vor mir auf, packte mich bei den Schultern und schüttelte mich.
„Was soll damit bewiesen werden?" fragte er zornig.
„In Gefahrensituationen zeigt sich, wie es im Innern wirklich aussieht", erwiderte ich, ohne meinen Blick von einem imaginären Punkt in der Ferne zu lösen. „Feiglinge fliehen, Verräter suchen Schutz hinter dem Rücken dessen, den sie bis dahin als Freund bezeichnet haben. Wer nicht Herr seiner selbst ist, verfällt in Panik. Alle beweisen Charaktereigenschaften, die sie unter normalen Umständen sorgfältig vor
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