0781 - Gegner im Dunkel
Stock und benutzten für den Rest der Strecke die Treppe. Einige Feyerdaler begegneten ihnen, nahmen aber keine Notiz von den Fremden - das erforderte ihre anerzogene Höflichkeit.
Die beiden Posten standen außerhalb des Gebäudes auf dem Bürgersteig, der um diese Zeit nicht mehr so belebt war wie zuvor. Über der Straße spannten sich die Träger der Bogenlampen. Der Himmel war dunkel. „An denen kommen wir nicht vorbei", flüsterte Fermaiden besorgt.
„Vielleicht gibt es einen Hinterausgang", hoffte Rhodan.
In der Tat gab es einen, und er war nicht bewacht.
Ihr Weg führte sie durch einen blitzblanken Hinterhof mit einer winzigen Grünfläche, dann kam die Mauer. Das schmale Tor war nicht verschlossen.
Sie huschten auf die Seitenstraße und gingen dann weiter, als absolvierten sie ihren täglichen Abendspaziergang. Die erste Querstraße brachte sie auf die Hauptstraße zurück. In zehn Minuten konnten sie den kleinen Park erreichen, in dem ihr erstes Quartier gestanden hatte.
Rhodans Vermutung stimmte. Die Reinigungs- und Aufräumungsroboter hatten alles beseitigt, was nicht mehr nietund nagelfest war. Selbst die nach der Explosion und dem Brand stehengebliebenen Mauerreste waren spurlos verschwunden.
Trümmerstücke gab es nicht mehr. Der Keller war zugeschüttet worden.
„Sieht fast so aus, als sei die Behörde daran interessiert gewesen, daß nichts mehr festzustellen ist", vermutete Fermaiden.
„Ich nehme an, der Sauberkeitsfimmel gehört zum Leben der Feinsprecher. Dies ist keine Ausnahme. Wir haben es mit einem völlig normalen Vorgang zu tun. Suchen wir trotzdem."
„In der Dunkelheit scheint mir das ziemlich aussichtslos zu sein.
Die Lampe dürfen wir nicht einschalten."
Rhodan zog ihn abseits unter die Bäume.
„Ich glaube, daß wir nicht beobachtet werden. Sie haben in einem Punkt recht: Es ist sinnlos, dort zu suchen, wo das Haus stand. Aber die Explosion hat auch woanders ihre Spuren hinterlassen, und die Roboter haben sich nur um den eigentlichen Detonationsherd gekümmert, aber nicht um den Park und die Bäume. Hier, fühlen Sie, Fermaiden." Er nahm die Hand des Technikers und legte sie auf die Rinde eines Baumes.
„Spüren Sie es? Splitter!"
„Ja, ich kann die Narben fühlen. Aber bringt uns das weiter?"
„Vielleicht..."
Was Rhodan suchte, waren nicht Trümmerstücke des Hauses, sondern Splitter des eigentlichen Sprengkörpers. Wahrscheinlich handelte es sich um mehrere Bomben, die im Haus verteilt worden waren, um eine möglichst große Wirkung zu erzielen. Sie mußten mit einer zentralen Zündstelle verbunden gewesen sein.
Die verheerende Wucht der Explosion ließ weiter darauf schließen, daß Reste der Sprengstoffbehälter ins Freie gelangt waren. Park und Straße waren gesäubert worden, aber die Bäume im Garten standen noch.
Dem nicht mehr vorhandenen Haus am nächsten stand ein besonders alter Baum mit dickem Stamm. Die ersten Äste begannen in drei Meter Höhe.
„Stellen Sie sich dagegen, Fermaiden, ich klettere auf Ihre Schultern. Die Chance, etwas Brauchbares zu finden, ist weiter oben größer."
Von der Straße aus konnten sie kaum gesehen werden, außerdem schien sich niemand um die Unglücksstelle zu kümmern.
Mit einem Klimmzug gelangte Rhodan auf den ersten Ast. Mit einer Hand hielt er sich fest, mit der anderen begann er auf der dem Explosionsherd zugewandten Seite die Rinde abzutasten.
Seine Vermutung bestätigte sich bereits nach wenigen Sekunden.
Die von kleinen Gesteinsbrocken eingedrückten Löcher interessierten ihn weniger. Was er suchte, waren noch in der Rinde steckende Metallsplitter, die eventuell vom Explosionskörper stammen konnten. Natürlich würde es sich dabei auch um Reste metallischer Einrichtungsgegenstände handeln können, aber das würde sich erst bei einer genaueren Untersuchung herausstellen.
„Schon was gefunden?" flüsterte Fermaiden von unten.
„Ja, aber das Ding sitzt zu fest im Holz. Haben Sie ein Messer?"
„Waffen sind doch verboten", kam es ironisch zurück. „Aber vielleicht sollte ich meine Nagelfeile opfern. Beugen Sie sich ein wenig zu mir herab ..."
Rhodan legte sich auf den Ast. Seine Fingerspitzen erreichten die Feile und ergriffen sie. Fast wäre sie ihm entglitten, aber dann hatte er sie fest in der Hand.
„Danke, wird schon genügen - hoffe ich."
Es war eine mühevolle Arbeit, den scharfen Splitter aus der Rinde zu graben. Mehrmals rutschte die Nagelfeile ab. Rhodans linke Hand begann zu bluten.
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