0784 - Die Rache der Feuerflieger
sich gefürchtet und danach getrachtet, von dem Fremden nicht bemerkt zu werden.
Später aber war ein Mensch aus dem fremden Gefährt geklettert.
Vleeny hatte ihn scharf beobachtet, während er an einem Trümmerhaufen vorbei zu einer Stelle der Felswand ging, die seitlich unterhalb des Ausgangs ihrer Höhle lag. Soweit das Licht reichte, hatte sie jeden seiner Züge, jede seiner Bewegungen studiert und war zu dem Schluß gekommen, daß es sich um einen Terraner handeln müsse. Der Himmel mochte wissen, wie er in die Gesellschaft des fremden, vierbeinigen Geschöpfs gekommen war.
Ein paar Augenblicke lang zögerte Vleeny noch. Aber dann brach ihre Verzweiflung sich Bahn. Was kümmerte es sie, ob der eine dort unten wirklich ein Terraner war. Hier oben war sie ohnehin verloren. Sie begann zu schreien.
„Kommt her und rettet mich ... wenn ihr Menschen seid!"
Unten entstand sofort Bewegung. Das fremde Wesen glitt von der Wand fort. Auf der dunklen Körperoberfläche spielten feingliedrige Fühler. Der Mann, der vorübergehend aus Vleenys Blickfeld verschwunden war, tauchte wieder auf und blickte in die Höhe. „Wer ist dort?" rief er. Wie ein elektrischer Schlag durchzuckten Vleeny die Klänge der vertrauten Sprache.
„Die letzte Überlebende der Station!" rief sie zurück. „Könnt ihr mich holen? Ich sitze hier fest?"
„Wir kommen!" erklang die beruhigende Antwort.
Der Mann und das fremde Geschöpf hasteten zu dem keulenförmigen Fahrzeug zurück. Sie verschwanden im Innern.
Ein leises Summen war zu hören, als sich der Flugkörper vom Boden löste. Langsam, vorsichtig glitt das Fahrzeug in die Höhe und näherte sich dabei der Felswand. Fasziniert beobachtete Vleeny, wie die Wandung dem Felsband immer näher kam und es schließlich mit leise knirschendem Laut berührte. Das Luk klappte wieder auf. Ein Mann, nicht allzu groß, aber breitschultrig und kräftig wirkend, stand in der Öffnung und streckte Vleeny die Hände entgegen.
Sie griff zu. Jetzt, im Augenblick der Rettung, verließen sie die Kräfte. Der Terraner hob sie ins Innere des Fahrzeugs. Vleeny sah nur noch, daß es im Innern der Keule ziemlich eng war.
Dann wurde ihr weich in den Knien. Als der Griff des Stämmigen sie losließ, glitt sie zu Boden.
Die Strapazen waren zuviel für sie gewesen.
*
Mein Gott, was für eine Frau!
Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoß, als ich sie draußen auf dem Felsband stehen sah. Mittelgroß, sehr schlank und dennoch phantastisch entwickelt. Sie hatte große, intelligente Augen. Volle Lippen bildeten die Konturen eines um eine Spur zu breiten Mundes. Die Nase war in klassischer Weise geschwungen. Das Haar, kastanienbraun mit einem Stich ins Fuchsfarbene, trug die Fremde lang und strähnig.
Ich half ihr herein. Sie ließ sich willig helfen. Ich muß zugeben, daß die Berührung mich nicht gleichgültig ließ. Ich wollte sie nach ihrem Namen fragen. Aber in dem Augenblick, in dem ich sie losließ, klappte sie zusammen. Sie hatte das Bewußtsein verloren. Der Himmel mochte wissen, wie lange sie schon in dieser Höhle gesteckt hatte, ohne Trinken und Essen!
Douc Langur brachte die HÜPFER wieder zu Boden.
Mitternacht war vorüber. Es ging auf Morgen zu. Wir hockten da und sprachen kein Wort. Wir warteten darauf, daß unser neuer Passagier erwachte. In Wirklichkeit dauerte die Ohnmacht kaum eine halbe Stunde. Es war meine Ungeduld, die mir die Zeit so lang erscheinen ließ.
Schließlich begann die Fremde sich zu regen. Mit einem leisen Seufzer schlug sie die Augen auf. Was für Augen! Groß, ausdrucksvoll und intelligent. Sie fuhr in die Höhe.
„Was...?"
Mein Lächeln war wahrscheinlich mehr eine Grimasse.
Es erzeugte keine beruhigende Wirkung.
„Du bist in Sicherheit, Schwester", sagte ich und verfiel unwillkürlich in den Jargon der Aphilie.
Das hätte ich nicht tun sollen. Ihr Gesicht nahm einen abweisenden, fast feindseligen Ausdruck an.
„Kommst du von der Erde?" fragte sie.
„Ja."
Ihr Blick streifte zuerst Douc Langur, dann den Ka-Zwo. Ich konnte sehen, daß ihr beide unheimlich waren.
„Seid ihr dort noch immer so ... so verbiestert?"
Das Wort war ihr nicht gleich eingefallen. Ich verstand sie nicht sofort. Aber als mir aufging, was sie meinte, fing ich an zu lachen.
Das hatte einen wundersamen Effekt. Die Feindseligkeit verschwand aus ihrer Miene. Sie lächelte. Ich brauchte ihre Frage nicht zu beantworten.
„Ihr seid es nicht mehr", stellte sie fest.
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