0786 - Angst vor der Hexe
und sicherlich gab es dafür auch einen Grund. Wohl fühlte ich mich nicht, es gab zu viele Ungereimtheiten, ich kam mit der Hexe und ihrem Partner nicht zurecht. Ich wusste nicht, was hinter ihnen steckte, wonach sie strebten und dachte eigentlich nur an die beiden Kinder. Ich hoffte für sie, dass ihnen noch kein Leid zugestoßen war.
Ich sah kein Fenster mehr. Auf der Rückseite gab es nur wenige Öffnungen. An den Scheiben klebten Schnee und Eis. Hierher drang kaum die Wärme des Feuers.
Dann kletterte ich auf das Dach. Ich hatte mir zuvor einen Holzklotz hingestellt, der mir als Starthilfe diente. So kam ich gut hoch und lag schon sehr bald auf der hellen Schneefläche, die nicht so stabil war, wie ich angenommen hatte, denn unter meinem Gewicht brach sie unter leichtem Knirschen zusammen.
Schnee rutschte vom Dach, klatschte zu Boden. Ich hielt den Atem an, weil ich Angst hatte, dass die Geräusche auch im Innern gehört werden konnten.
Nichts tat sich.
Endlose Sekunden vergingen. Meine rechte Wange fror beinahe ein, da ich mit dem Gesicht auf dem Schnee lag. Ich wartete nicht mehr länger, sondern schob mich weiter vor. Trotz der Dunkelheit hatte ich gesehen, dass die Umgebung um den kleinen Schornstein herum von Schnee und Eis befreit worden war. Hier hatte die Wärme alles weggetaut, und das war für mich nur gut.
Als ich den First des Daches erreicht hatte – die Neigung des Daches war nur minimal –, blieb ich liegen. Vor mir dampfte der Rauch aus der Kaminöffnung. Es roch nach verbranntem Holz, auch etwas harzig und biss in die Augen.
Davon ließ ich mich nicht abhalten, sondern holte die Lampe hervor und leuchtete die Umgebung ab.
Ich jubelte nicht, doch viel hätte nicht gefehlt, als ich die Luke sah.
Da war ein Wunschtraum in Erfüllung gegangen, denn ich hatte gehofft und darauf gebaut, so etwas zu finden. So war es oft bei diesen Holzhäusern, es gab noch einen Durchschlupf, um auf das Dach zu gelangen, denn es war unbequem, den Weg zu nehmen, den ich hatte nehmen müssen.
Ließ sich die Luke öffnen?
Bestimmt nicht mit den Händen. Mein Dolch konnte mir dabei helfen. Da sie nahe des Kamins und damit der Wärmequelle lag, war sie zum Glück nicht festgefroren. Ich konnte die Dolchklinge in den Spalt schieben und zog die Waffe an der Breitseite von oben nach unten. Das tat ich noch weitere drei Male, löste Schmutz und auch letzte Schneereste und klemmte den Dolch an der breitesten Stelle fest. Im nächsten Moment benutzte ich ihn als Hebel.
Klappte es, klappte es nicht?
Ich konnte nicht voll hineingehen, ich musste vorsichtig sein, zudem wollte ich die Klinge nicht verbiegen, aber sie war stärker als das Holz, und ich merkte, wie es unter dem Druck allmählich nachgab und sogar etwas in die Höhe glitt.
Noch ein Stück weiter.
Ich packte es.
Der Spalt war mittlerweile so groß geworden, dass ich meine Finger hineinschieben konnte. Dann ein Ruck! Wieder hörte ich die leisen, knirschenden Geräusche. Um meinen Kopf herum tanzte der Rauch, er biss in die Augen, was mich nicht davon abhielt, es weiter zu versuchen.
Das musste einfach klappen.
Und dann kippte das Lukenbrett plötzlich nach außen. Bevor es aufprallen konnte, fing ich das Holz mit der Hand ab und legte es vorsichtig nieder.
Jetzt lag die Öffnung frei.
Ich hielt unwillkürlich den Atem an, als ich den Gestank wahrnahm, der mir aus der Tiefe entgegenquoll. Es war ein widerlicher Gestank, den ich überhaupt nicht einschätzen konnte. Eine Mischung aus Moder und alten Lumpen. Aus Schweiß und Erbrochenem, so jedenfalls kam er mir vor, und in das alles hinein mischte sich eine dumpfe, bullige Wärme, die noch einiges dazutat, um mir im ersten Moment den Atem zu nehmen.
Ich wartete.
Geräusche hörte ich auch. Sie waren aus dem Haus an meine Ohren gedrungen und ich rechnete damit, dass es Stimmen waren, ohne jedoch welche unterscheiden zu können. Nur ein dumpfes Gemurmel breitete sich zwischen den stinkenden Wänden aus.
Der Kamin zog nicht richtig. Als ich durch die Luke kletterte, da hatte ich den Eindruck, in diese andere Welt hineinzutauchen, die mir direkt lebensfeindlich vorkam.
Ich schwebte nicht lange mit den Beinen in der Luft, sondern bekam schnell Kontakt mit dem Boden. Die Luke ließ ich offen, als ich zur Seite ging und die Lampe hervorholte.
Ich befand mich auf einem sehr niedrigen Speicher, auf dem ich mich nicht aufrichten konnte, dann hätte ich mir den Kopf gestoßen.
Es gab auch keine Tür,
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