0786 - Rebell gegen die Kaiserin
wurde geringer, die Wolken rissen ein wenig auf.
Zwischen krachendem Donner und wütenden Regengüssen tauchten die kahlen Berggipfel auf. Teilweise lag in tiefen Spalten apernder Schnee. Eine grenzenlose Öde breitete sich rund um den gewaltigen Vulkankessel aus. Der Gleiter sank tiefer und folgte dem Lauf eines schmalen, aber überraschend fruchtbaren Tales voller Büsche und alter Bäume.
Die verwitterte Lava war selbst nach einigen Jahrtausenden noch ein besonders fruchtbarer Boden.
„Unfaßbar", sagte Nampriete leise und mit gebrochener Stimme, „daß die Kaiserin vielleicht auch diesen Berührungskreis ..." Er beendete den Satz nicht, sondern starrte die PFORTE an.
„Du meinst, sie sprengt auch diesen Bezirk?"
„Es wäre denkbar."
„Der Schock ist jetzt schon groß genug."
Die PFORTE schob sich aus Regenwänden und Nebelfetzen hervor. Ungeheure Säulen, dahinter Halbsäulen, waren aus dem Fels herausgearbeitet worden, Vorsprünge und breite Friese befanden sich über den Säulen. In der Mitte dieses halb natürlichen, halb mit künstlicher Perfektion und einem immensen Aufwand an Arbeitszeit und Maschinenaufwand erzeugten Triumphbogens befand sich ein Loch, rechteckig und etwa eine Stunde Fußmarsch lang.
Es durchschnitt dicht über dem Grund des Trichters den Berghang fast an seiner Basis und mündete in einen kreisrunden, blühenden Garten, der von Maschinen instand gehalten wurde.
Der Gleiter wurde von der automatischen Anlage erfaßt und durch den Tunnel geschleust, am Ausgang dieses einzigen Eingangssystems abgebremst und auf eine Parkplattform dirigiert.
Nampriete und Qartane stiegen aus. Der Pilot wartete; die Barriere dort drüben durften nur Feinsprecher betreten.
„Gehen wir. Versuchen wir, uns mit der Kaiserin zu verständigen."
Während die zwei Regelerschaffer ein ausgeklügeltes System von Barrieren und Sperren passierten, wurden sie von Linsen, Detektoren und Antennen beobachtet und abgetastet. Ihre individuellen Impulse waren gespeichert, ebenso wie jene aller anderen Regelerschaffer, die diesen verbotenen Bezirk betreten durften. Sie gingen langsam und zögernd weiter, ihre Unruhe und Besorgnis nahm zu, bis sie endlich vor dem ersten Kommunikationspunkt standen.
Als sie in den Sesseln Platz genommen hatten, flammte die Beleuchtung auf. Die wenigen Kommunikationselemente schalteten sich selbsttätig ein. Leuchtende Ströme begannen die durchsichtige Ader zu erfüllen, in denen die kristallenen Nervenstränge verliefen. Der Bildschirm blieb leer, und Nampriete stieß Qartane mit der Hand an.
„Die Kaiserin beabsichtigt nicht, den Schirm einzuschalten."
Die Regelerschaffer wußten, daß die Kommunikation verzögerungsfrei erfolgte. Sie war relativ einseitig; die Kaiserin entschied alles: Dauer, Einsatz der Bildschirme oder Speicheranlagen, das Anlaufen von verschiedenen Aufzeichnungsgeräten, auf deren Bänder, Folien oder Platten sie ihre Anordnungen, Befehle oder Ratschläge in verschiedenen Darstellungsformen gab.
„Ich sehe es selbst, Regelerschaffer Nampriete", entgegnete Qartane voller Würde, trotz der eisigen Furcht, die ihn ausfüllte wie noch niemals in seinem langen Leben. „Die Augen und Ohren, die Münder und Tastorgane der Kaiserin sind auf uns gerichtet."
„Wer beginnt, unsere Fragen und Probleme aufzuwerfen, und auf eine Antwort der Kaiserin von Therm zu warten?"
„Es ist gleichgültig, wer von uns beiden. Wir sind nicht bevorzugt, und alles, was wir erfahren, geben wir weiter."
Qartane hob die Hand und lenkte dadurch die Aufmerksamkeit der Elemente auf sich. Irgendwo am Ende eines langen, völlig unbekannten Kommunikationskanales befand sich dieses Überwesen, dem sie ihr Leben gewidmet hatten. Niemand wußte, wie die Kaiserin wirklich aussah.
Qartane begann mit einer klassischen Kurzform; es gab einige Dutzend Varianten, ein Gespräch zu eröffnen, und jede davon hatte eine präzise abgestufte Bedeutung, die von wilder, stammelnder Freude bis zu abgrundtiefer Verzweiflung ging und trotzdem aus nahezu denselben Worten, Silben und Lauten bestand.
„Atti minallatja inim zhari zinnaal" Eine Variante, die in der Mitte dieses Spektrums lag. Sie war logisch, enthielt keine Lobpreisungen und war auf keinen Fall emotional gefärbt. Ich bitte dich, höre mir zu! dies bedeutete es in Wirklichkeit, unbetont ausgesprochen. Ein Feinsprecher, der nicht im Zeremoniell erstarrt war, verstand genau, daß sein Gegenüber sich jetzt um äußerste Klarheit von Frage
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