0787 - Das Mordreptil
ihnen war von der uralten Magie fortgewischt worden.
Auch nach Abschluss der grauenhaften Verwandlung blieb das Geschöpf zitternd am Boden liegen. Der Alte wusste, es würde einige Minuten dauern, bis es den Schock der Transformation überwunden hatte.
»Du trauriger kleiner Mann«, flüsterte der Dukun leise. »Ich habe keinen Funken Mitleid mit dir. Im Grunde bist du schon tot, seit du zum ersten Mal einen Fuß in dieses Dorf gesetzt hast. Dein Körper mag sich noch bewegen, jedoch lediglich um meinem Willen zu gehorchen.«
Das Geschöpf zu seinen Füßen hörte langsam auf zu zittern. Der Dukun nickte befriedigt und machte eine befehlende Geste. Mit kreatürlicher Furcht in den Augen richtete sich das Ungetüm zu seiner vollen Körpergröße auf.
»Geh jetzt«, befahl der alte Mann. »Hol dir dein nächstes Opfer!«
Das Geschöpf zischte und entfernte sich.
Matten Blickes verfolgte der Dukun, wie sich der verwandelte Zainuri in die Tiefen des Waldes zurückzog, um auf die Jagd zu gehen.
***
Missmutig blickte sich Silvio Martino in der Hotelbar um. Es herrschte nicht mehr viel Betrieb zu dieser späten Stunde.
Die kleine Live-Kapelle am anderen Ende des Raumes hatte ihre Lautstärke mittlerweile gedrosselt und versuchte etwas zu spielen, das man mit viel gutem Willen als Blues-Musik bezeichnen konnte. Die wenigen übrigen Gäste schienen sich von dem eher abenteuerlichen Ergebnis nicht abschrecken zu lassen und bewegten sich eng umschlungen über die Tanzfläche.
Am anderen Ende der Bar saß ein langhaariger angetrunkener Pauschaltourist und versuchte sich zu entscheiden, ob er lieber eine Banane verspeisen oder erst einmal das neben ihm sitzende einheimische Mädchen von seinen Vorzügen überzeugen sollte. Bei seinen Annäherungsversuchen ging er jedoch denkbar plump vor. Schon nach wenigen Augenblicken handelte er sich eine schallende Ohrfeige ein. Kopfschüttelnd stierte der Angetrunkene dem davonlaufenden Mädchen hinterher und widmete sich wieder seiner Banane.
Martino beobachtete das groteske Schauspiel amüsiert, als ihn die Stimme seines britischen Geschäftspartners aus seinen Gedanken riss.
»Was halten Sie von Zamorra?«, fragte Bishop. Er hatte seinen Whiskey in Augenhöhe gehoben und musterte versonnen die Lichtreflexe im Glas. Seine Augen wirkten bereits leicht glasig. Auch heute hatte er schon ordentlich dem Alkohol zugesprochen.
Martino machte eine wegwerfende Bewegung.
»Nichts«, erwiderte er dann. »Oder nehmen Sie Parapsychologie etwa ernst?«
Der Engländer nippte an seinem Drink. Er schien sich unwohl zu fühlen.
»Auf dieser Insel gehen seltsame Dinge vor«, antwortete er dann, ohne auf Martinos Frage einzugehen. »Erst der merkwürdige Tod von Johnson, dann verschwindet Zainuri spurlos. Ich hatte das Gefühl, die verheimlichen uns etwas.«
»Was meinen Sie?«, fragte der Italiener interessiert.
»Haben Sie sich mal den Bullen näher angeschaut?« erwiderte Bishop. »Der war immer noch völlig aus dem Häuschen. Ich weiß nicht, was er gesehen hat, aber es scheint ihn ziemlich beeindruckt zu haben.«
Martino nickte anerkennend. Bishop hatte es also auch bemerkt.
»Sie haben Recht«, gab er zu, »Irgendetwas stimmt nicht. Ich frage mich, ob es mit Zainuri zu tim hat.«
Der Italiener dachte nach. Er hielt es für sehr wahrscheinlich, dass Zainuri nachträglich kalte Füße bekommen hatte und darum untergetaucht war. Das konnte er Bishop allerdings schlecht sagen, denn der Engländer war nicht in alle Einzelheiten des Deals eingeweiht. So wenig Mitwisser wie möglich, das war schon immer Martinos Motto gewesen.
Bishop leerte seinen Drink und stellte das Glas hinter sich auf die Theke.
»Ich brauche eine Abkühlung«, erklärte er. »Kommen Sie mit? Ich gehe eine Runde schwimmen.«
Martino schüttelte den Kopf. »Ich bleibe noch etwas«, antwortete er und winkte den Barkeeper heran, um einen weiteren Drink zu ordern.
»Gut, dann sehen wir uns morgen«, verabschiedete sich der Engländer.
Martino nickte ihm zu und beobachtete, wie Bishop leicht schwankend die Hotelbar verließ. Er hatte ein wenig Schlagseite. Kein Wunder, wenn man bedachte, wie viele Drinks er schon intus hatte…
Ob es gut für ihn war, in diesem Zustand zu schwimmen, wagte Martino zu bezweifeln.
Der Italiener widmete sich wieder seinem eigenen Glas und ließ geistesabwesend seinen Blick durch den Raum schweifen. Die Worte der Französin, dieser Duval, arbeiteten in ihm. Vielleicht sind Sie der
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