0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne
Geräusch synchron mit dem Licht voranschritt. Je mehr sich die fahle und doch grelle Helligkeit auf ihn zubewegte, umso stärker hörte er das Donnern im Boden.
Das Unheil tanzte auf ihn zu.
Schon jetzt schrien seine Gedanken nach Flucht, doch eine Gegenkraft hielt ihn fest. Aus weit geöffneten Augen, leicht vorgebeugt und zitternd dastehend schaute er dem funkelnden Unheil entgegen, das durch keine Barriere mehr gehalten werden würde und freie Bahn hatte. Aber das Licht schwebte nicht nur hoch in der Luft, der Kreis hatte eine Basis, die ebenfalls hell erleuchtet war.
Die bekam er zu sehen.
Und diesmal wollte er seinen Augen nicht trauen. Nein, das konnte es nicht geben, das war schrecklich, gleichzeitig unbegreiflich. Er hatte den Tod schon in zahlreichen Variationen gesehen, aber nicht in der Gestalt einer geisterhaften, auf einem Schimmel sitzenden Nonne…
***
Währenddessen stand Reverend Peters auf dem Kirchturm und beobachtete das bleiche Licht, für dessen Existenz er keine Erklärung hatte.
Es wanderte durch die Nacht, schien sich durch nichts aufhalten zu lassen.
Obwohl sich der Pfarrer von der wandernden Lichtquelle ziemlich weit entfernt befand, überkam ihn trotzdem das Gefühl der Furcht, die wie ein Bohrer war, der sich in seinen Leib hineinpresste, um zu einer Zange zu werden, denn etwas Heißes und Kaltes zugleich umklammerte sein zuckendes Herz.
Hier oben kam ihm richtig zu Bewusstsein, wie Recht der Landstreicher doch gehabt hatte. Diese Nacht war nicht wie alle anderen, er sah sie als Zentrum des Unheils an, dem er persönlich nicht entfliehen konnte. Auch wusste er nicht, was er dagegen unternehmen sollte, denn andere Kräfte waren mächtiger als er. Wie ein kleines Licht kam sich der Reverend vor.
Was wollte dieses Licht? Hatte es ein Ziel, oder zirkulierte es nur einfach durch die Dunkelheit?
Reverend Peters wusste es nicht. Da konnte er nur raten. Obwohl er noch weit entfernt stand und auch aus ziemlicher Höhe über das Land schaute, fühlte er sich schon bedroht. Was da flackerte, war nicht normal. Eine Erklärung für ein derartiges Licht gab es nicht, denn in dieser Gegend standen auch keine Lampen oder Laternen.
Es war da, es setzte seinen Weg fort, und es zog die Blicke des Pfarrers an wie ein Magnet. Er hatte sich aus dem Turmfenster gebeugt und konnte jetzt erkennen, dass sich das Licht auch auf dem Boden abzeichnete, es dort aber anders aussah als in der Höhe. Da bildete es keinen Kreis, sondern war mit einem kompakten Gegenstand zu vergleichen, der sich seinen Weg suchte.
Plötzlich stoppte es.
Den Grund erkannte Peters nicht.
Er glaubte aber, einen Schrei gehört zu haben. Sehr weit entfernt und schnell wieder verschwunden.
Der Kreis bewegte sich wie ein überdimensionales Lasso aus Licht.
Er jagte hoch in die Luft und ging an einer ebenfalls hellen Stange oder was immer es sein mochte.
Peters schauderte zusammen. Wenn ihn nicht alles täuschte, hatte der Kreis bereits die Kirchturmhöhe erreicht, fiel dann etwas nach unten und gleichzeitig nach vorn, als wollte er sich auf das nächste Ziel konzentrieren.
Es war die Kirche!
Und damit auch er.
Plötzlich kriegte er Angst und fühlte sich auch in der Höhe nicht mehr sicher. Fluchtartig verließ er den Turm, um sich in seiner Kirche vor dem Unheil zu verstecken…
***
Pinky Eagle merkte nicht mal, dass er nicht in der Lage war, auch nur eine Wimper zu bewegen. Er stand da wie ein Denkmal und schaute dem Unwahrscheinlichen entgegen. Das Bild, das sich ihm bot, traf zwar voll und ganz sein Blickfeld, es drang aber, nur intervallweise bis zu seinem Gehirn vor.
Da war zuerst das Pferd. Ein Schimmel beim ersten Hinsehen, beim zweiten jedoch sah es künstlich aus, als wäre das Tier selbst eine durchsichtige Lichtgestalt, dessen Kopf von einer Trense umschlungen war, die sich als dunkle Streifen abmalte. Die Zügel schienen von der Nonne gehalten zu werden.
Sie saß etwas schief auf dem Pferd, als würde sie jeden Augenblick an der linken Flanke herabfallen. Durch den rechten ausgestreckten Arm war ihr Körper in eine Schräglage gelangt, und mit der Rechten hielt sie eine Stange fest, die wie eine lange Leuchtstoffröhre aussah.
Auf der einen Seite zerfaserte die Röhre und wurde zu einem gewaltigen Kreis, der sich aus einer wahren Orgie aus Lichtblitzen zusammensetzte. Der Griff um ihre rechte Hand schimmerte golden, es konnte durchaus ein Degen oder Säbel sein, den sie festhielt, aber das nahm Pinky nur
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