079 - Die Abenteuerin
einen Shilling für die öffentliche Wohlfahrt geopfert habe. Bei der Gelegenheit setzte er auch seine egoistischen Ansichten auseinander und sagte, daß er nur dann Geld ausgebe, wenn er persönlich einen Vorteil habe.«
»Es sind also alle Voraussetzungen gegeben, daß sich die QuadratJane für ihn interessiert. Er hat ja überall den hohen Kaufpreis des Romney bekanntgegeben. Ich glaube, daß das ein gefundenes Fressen für unsere Spezialistin ist.«
Es war nicht leicht, Mr. Tresser zu treffen, er hatte so viele Interessen in der City, daß er von morgens früh bis abends spät beschäftigt war. Als es Peter schließlich gelang, ihn in einem Privatsalon des RitzCarlton zu sprechen, war er erstaunt über das gewöhnliche Aussehen dieses reichen Mannes. Der Multimillionär war dick und untersetzt und hatte rote Haare. Sein fleischiges Gesicht war glatt rasiert, das einzig Bemerkenswerte an ihm waren die lebhaften Augen von blaugrauer Farbe.
Die Visitenkarte des Chefinspektors verschaffte ihm sofort Zutritt zu dem bekannten Mann.
»Nehmen Sie bitte Platz«, sagte Mr. Tresser eilig. »Was haben Sie denn für Sorgen?«
Peter erklärte, warum er gekommen war, und der Millionär hörte ihm so interessiert zu, als ob es sich um ein lukratives Geschäft handelte.
»Ja, ich habe schon von dieser Quadrat-Jane gehört«, sagte er belustigt, »aber von mir wird sie nichts bekommen, daraufgebe ich Ihnen mein Wort. Und was den Romney betrifft - deshalb brauchen Sie sich keine Kopfschmerzen zu machen.«
»Aber soviel ich gehört habe, gestatten Sie dem Publikum den Zutritt zu Ihrer Gemäldesammlung?«
»Das stimmt, aber jeder, der die Gemäldegalerie besucht, muß sich in ein Buch eintragen. Außerdem werden die Gemälde scharf bewacht.«
»Wo hängt denn der kostbare Romney über Nacht? Doch nicht etwa in der Galerie?«
Mr. Tresser lachte laut auf. »Glauben Sie wirklich, daß ich so töricht wäre? Nein, nachts kommt er in meine Stahlkammer. Und Sie können sicher sein, daß sich der Herzog von Haslemere ein erstklassiges Panzergewölbe hat einbauen lassen, das nicht so leicht zu öffnen ist!«
Peter Dawes war nicht so zuversichtlich wie Tresser und traute verschlossenen und verriegelten Türen wenig. Er wußte nur zu gut, daß die Quadrat-Jane in ihrem Fach geradezu eine Künstlerin war und ihre Unternehmungen sehr genau plante. Es war natürlich zweifelhaft, ob sie sich wirklich mit Bildern abgeben würde, und ein großes Gemälde war ja auch nicht ohne weiteres aus dem Haus zu schaffen - höchstens dann, wenn sie nachts einen Einbruch versuchte. Aber das kam in diesem Fall ja kaum in Frage, da die Stahlkammer ein allzu großes Hindernis bot.
Er ging also zum Haslemere House, das in der Nähe des Berkeley Square lag. An das große, repräsentative Gebäude war eine moderne Gemäldegalerie angebaut. Nachdem er Einlaß gefunden hatte, trug er seinen Namen in das Besucherbuch ein. Unter den Angestellten erkannte sein scharfes Auge sofort einen Privatdetektiv. Er trat auf ihn zu, zeigte ihm seinen Ausweis und wurde sofort in die Galerie eingelassen. Gleich im ersten Saal hing der große Romney - ein prachtvolles Bild, eines der besten, das der berühmte Meister gemalt hatte.
Peter war der einzige Besucher. Er sah sich aber nicht nur die Kunstschätze an. Vor allem untersuchte er den Raum, in dem das berühmte Gemälde hing, denn er hatte ja daran zu denken, daß sich hier etwas Unangenehmes ereignen könnte. Der Saal war lang und verhältnismäßig schmal und besaß nur eine einzige Tür, durch die Peter hereingekommen war. Die hohen Fenster waren nicht nur mit Eisengittern versehen, sondern auch noch mit Drahtnetzen gesichert. Auf diesem Weg konnte man also das Gemälde nicht aus dem Saal schaffen. Da keine schweren Vorhänge angebracht waren, sondern nur Rollos, war der Raum sehr übersichtlich. Es konnte sich niemand darin verstecken.
Nachdem Peter diese Feststellungen gemacht hatte, ging er wieder hinaus. Er war vollkommen überzeugt, daß die Quadrat-Jane nicht so leicht davonkommen würde, wenn sie die Gemäldegalerie Tressers berauben wollte.
Peter kehrte nach Scotland Yard zurück und arbeitete bis zur Mittagszeit in seinem Büro. Dann ging er zu Tisch. Kurz nach seiner Rückkehr wurde er vom Chef angerufen.
»Würden Sie sofort in mein Büro kommen, Dawes? Ich habe eine wichtige Sache für Sie.«
Peter ging sofort hin.
»Es ist wie verhext, Dawes. Wir haben auf den nächsten Gaunerstreich der
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