079 - Die Abenteuerin
schrecklich leid, daß wir das tun mußten.«
»Es schadet ihm ja nichts«, entgegnete Steele heiter. »Wir müssen jetzt an uns selbst denken, denn das Hotel ist von allen Seiten umstellt. Die größte Gefahr liegt darin, daß er einen seiner Beamten an der Treppe postiert hat.«
Vorsichtig öffnete er die Tür und sah hinaus, der Gang war leer. Rasch winkte er Joyce zu sich.
»Nimm die Ledertasche mit den Juwelen. Ich habe das Geld und die Smaragdkette in der Tasche.«
Er schloß die Tür, und sie schlichen den Korridor entlang, gingen aber nicht in Richtung des Fahrstuhls, sondern zu einer kleinen Hintertreppe, die nur für die Dienerschaft sowie als Feuertreppe bestimmt war. Sie stiegen auch nicht zum Erdgeschoß hinunter, sondern nach oben, bis sie auf das flache Dach kamen.
Steele ging voraus, er kannte den Weg anscheinend sehr genau und zögerte nicht einen Augenblick. Das flache Dach stieß gegen eine Mauer. Er ging ein paar Schritte daran entlang, bis er zu einer Feuerleiter kam. Sie stiegen die Sprossen empor und erreichten ein verhältnismäßig kleines, leicht abfallendes Dach. Dann gingen sie über ein Schieferdach, das nur von einem niedrigen Geländer umgeben war. Steele half Joyce, und schließlich kamen sie zu einer Luke, die Steele von außen öffnete.
»Hier hinein«, sagte er.
Als sie nach innen geklettert war, folgte er ihr und verschloß die Dachluke wieder. Dann schlichen sie durch den Mansardenraum hinaus auf den Treppenflur.
Inzwischen waren Peters Beamte unruhig und nervös geworden. Schließlich witterten sie Unheil, gingen zu dem Zimmer und klopften an die Tür. Als sie keine Antwort erhielten, traten sie ein und fanden den Chefinspektor besinnungslos am Boden liegen. Sie gaben sich die größte Mühe, ihn zu Bewußtsein zu bringen. Bald traf auch ein Arzt ein, den sie telefonisch herbeigerufen hatten, und nach einiger Anstrengung gelang es, Peter wieder zu sich zu bringen.
Er war noch sehr benommen, konnte aber trotzdem erzählen, was sich ereignet hatte.
»Das Hotel haben sie nicht verlassen«, sagte einer der Beamten. »Wir haben alle Ausgänge scharf bewacht. Aber ich möchte nur wissen, wie es ihnen gelungen ist, Sie zu betäuben.«
Peter schüttelte den Kopf. »Ich habe mich zu leicht täuschen lassen und bin wie ein Lamm zur Schlachtbank gegangen«, sagte er und lächelte grimmig. »Sie hatten alles sehr schlau eingefädelt. Die Tatsache, daß sie mir versprachen, ein volles Geständnis abzulegen, hat mich unvorsichtig gemacht. Ich habe eine präparierte Zigarette geraucht.« Er dachte einen Augenblick nach. »Soweit ich die beiden kenne, haben sie sich aber nicht allein auf die Zigarette verlassen. Wahrscheinlich wäre es mir schlecht ergangen, wenn ich sie nicht angenommen und geraucht hätte.«
Eine Stunde darauf hatte er sich so weit erholt, daß er persönlich eine Untersuchung des ganzen Hotels vornehmen konnte. Das Gebäude wurde von oben bis unten durchgekämmt, und schließlich stieg er auch auf das flache Dach, hinauf. Dort fand er einen Anhaltspunkt: Ein kleines Stückchen Stoff war an der rauhen Mauer hängengeblieben, als Joyce die Feuerleiter hinaufkletterte. Nach einigem Suchen kamen die Beamten dann auch zu der Dachluke, die Peter mit Gewalt öffnen ließ, da sie von innen fest verschlossen war.
Er stellte fest, daß das Haus der Konfektionsfirma Backham & Boyd gehörte. Als sie die Treppe hinunterstiegen, mußten sie durch einen großen Fabrikationsraum gehen. Mehr als zwanzig junge Mädchen arbeiteten emsig an ihren Nähmaschinen und sahen erschrocken auf, als die Polizeibeamten im Raum erschienen. Weder die Aufsichtsdame noch die Arbeiterinnen hatten jemanden hereinkommen sehen, und da man unweigerlich diesen Raum durchqueren mußte, um zum Erdgeschoß zu gelangen, schloß Dawes, daß die beiden nicht diesen Weg für ihre Flucht benützt hatten.
»Die einzigen Leute, die hier oben waren«, sagte schließlich die Aufsichtsdame, »waren zwei Packer, die bei uns angestellt sind. Vor einer halben Stunde sind sie hier durchgekommen. Sie haben zwei schwere Ballen vom Dachgeschoß heruntertransportiert.«
»Waren es wirklich zwei Männer?« fragte Peter schnell. »Wo sind sie denn jetzt?«
Obwohl er alle Angestellten der Firma ausfragte, konnte er doch die beiden Leute nicht finden. Es stellte sich dabei heraus, daß in letzter Zeit viel Personal neu eingestellt worden war. Man konnte auch nicht genau sagen, wer in den unteren und wer in den oberen
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