079 - Die Geisterspinne
im geringsten lustig war. Es war ein gnadenloser Kampf, und die Amazone neben ihr hatte das einzig Richtige getan: sie hatte Coco Zamis zu einer Rüstung und zu Waffen verholfen. Coco trug ihre Stiefel, darüber die rostigen, schweren Beinschienen eines knabenhaften attischen Helden. Eine Art kurzer Rock, aus stinkenden Lederplatten und mit starken Bronzezungen beschlagen, war am breiten Ledergurt mit der riesigen Eisenschnalle befestigt. Darüber hatte sie die eiserne Rüstung einer späteren griechischen Epoche gezogen, die unter den Achseln mit breiten Lederbändern zusammengehalten war. Ein schwarzer Helm, der mit breiten Eisenspangen Kinn und Nase verhüllte, saß schwer auf ihrem Kopf. Sie trug einen kleinen, runden Schild, der keineswegs leicht war. Dazu ein langes, schmales Schwert, das eher einem Kreuzfahrer gehört haben mochte. Vier lange, stilettartige Dolche aus Salamanca steckten im Gürtel, einer länger als der andere.
Ihre Stimme klang hohl, als sie endlich fragte: „Du willst frei sein, Antiope? Warum flüchtest du nicht? Jedes Leben ist besser als dieses hier."
Antiope schüttelte den Kopf, daß ihre goldenen Locken flogen. „Ich weiß nicht, wie. Ich weiß nicht, wohin. Auch die Krieger sind über ihre Aufgabe nicht glücklich."
„Sie sind Helden, Krieger, Kämpfer. Warum flüchten sie nicht?"
Sie befanden sich in einem Teil der unterirdischen Anlage, der weit vom Sonnenlicht entfernt war. Coco hatte jeden Zeitbegriff verloren, aber Antiope schien hier jeden Stein zu kennen.
„Weil es Feiglinge sind. Nach dem Kampf habe ich sie anfeuern wollen. Wir sollten die Bestie töten und flüchten."
„Und?"
„Keiner von ihnen wagt es, sich gegen die Herrschaft der Krebs-Spinne aufzulehnen."
„Aber dann, wenn die abscheuliche Bestie getötet ist, seid ihr frei?"
Antiope hob die Arme und schlug mit dem Schwert gegen den goldenen Schild. Es klang zweifelnd, als sie antwortete: „Ja, dann sind wir frei. Aber es sind alles Feiglinge. Es sind Männer, verstehst du, Coco? Vielleicht können wir sie überreden?"
Coco glaubte, zu wissen, daß Antiope erst erwacht war, als irgendwer oder irgendwas signalisiert hatte, daß die Jacht in der Bucht vor Anker gegangen war. Panino, der verrückt gewordene Maschinist, befand sich auch jetzt mit Mignone und den beiden Mädchen an Bord.
„Dann müssen wir erst die Spinnenbestie töten. Aber wir beide allein? Das halte ich für selbstmörderisch."
Antiope schüttelte wild den Kopf. „Sie sind geflohen, diese Männer, als deine Freunde sie mit Feuer töteten und mit ihren eigenen Waffen. Es sind Feiglinge wie die meisten Männer. Zuerst dachte ich..." Ihre Miene drückte Enttäuschung aus. Dann lachte sie kurz und schloß: „Wir sind zwei. Zwei Amazonen, wild und unbesiegbar. Was sollen wir tun?"
„Lasse mich nachdenken!" sagte Coco und hob den Helm von ihrem Kopf.
Sie blickte um sich. Hier, wo sie sich neu ausgerüstet hatten, gingen die Verliese in den gewachsenen Fels des Inselberges über. Sie verstand jetzt vieles, wenn auch nicht alles.
Sie verstand jetzt vieles, wenn auch nicht alles.
Asmodi oder einer seiner schwarzen grausamen Vorfahren hatte vor unendlich langer Zeit damit begonnen, in den Höhlen und Gängen der Teufelsinsel Krieger und Helden aufzubewahren. Er verschleppte sie von allen Schlachtfeldern der Menschheitsgeschichte. Es waren keine Untoten und keine Wiedergänger; es waren Menschen, die von den Dämonen betäubt und eingeschläfert worden waren. Diese Krieger hielten sich für tot; und demnach waren sie überzeugt, heute und hier wieder zum Leben erweckt worden zu sein. Sie waren gefangen gewesen in einem langen, magischen Schlaf. Antiope hier schlief rund drei Jahrtausende. Einige Krieger schliefen länger, die anderen weniger lang. Warenwirklich alle Helden aufgeweckt worden oder nur ein geringer Teil?
Die Insel des Teufels war noch lange nicht enträtselt; nur ein verschwindend kleiner Teil der Mysterien war bisher aufgedeckt worden.
Coco fragte, kaum daß sie diesen Gedanken beendet hatte: „Du kennst die Insel, meine Freundin?" „Nein", sagte Antiope und blickte die Schneide des Schwertes entlang. „Ich kenne nichts. Ich habe nichts wirklich erlebt. Aber ich kenne in meinen Gedanken alles mögliche. Was willst du wissen?" Coco lächelte grimmig. „Kennst du den Weg zum Versteck der Spinnenbestie, die euch alle beherrscht?"
Nach einer kleinen Weile, in der sie in ihren Erinnerungen zu suchen schien, erwiderte die
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