079 - Die Geisterspinne
Wenn wir lebend hier flüchten können, bleibst du meine Freundin."
„So folge mir!"
Schnell und schweigend verschwanden die beiden jungen Frauen in einem Teil des Labyrinths unter der Erde.
Coco begann die ersten Zusammenhänge zu begreifen. Sie befanden sich an einem Schnittpunkt der dunklen, tödlichen Gefahren. Jede Sekunde konnte über Leben und Tod entscheiden.
Jeff und Dorian sahen erschüttert und schweigend in die brechenden Auge von Eve. Sie war als letzte der Gruppe in die Burg eingedrungen, und einer der Verteidiger hatte einen tonnenschweren Steinquader auf sie heruntergekippt. Das Mädchen war mit einem langgezogenen, wimmernden Schluchzer gestorben. Ihr herrliches, kupferrotes Haar ringelte sich um das Moos.
Dorian schüttelte den Kopf. Eve hatte darauf bestanden, mit ihnen zu gehen. Sie hatte einen hohen Preis für ihre Neugierde und Abenteuerlust bezahlt.
„Wir müssen hinein. Im Dschungel töten sie einen nach dem anderen. Hier können wir überleben. Wir sollten uns mit dem Gedanken vertraut machen, in der Burg übernachten zu müssen", sagte er. „Meinetwegen",' knurrte Gianni Branca. Je länger sie kämpften, desto mehr fielen Zivilisation und Kultur von ihnen ab. Alle sahen fast schon so aus wie ihre Gegner: unrasiert, verschmutzte Gesichter, in die der Schweiß breite Bahnen gezeichnet hatte; ihre Kleidung war verdreckt, versengt und zerfetzt. Nur die Waffen waren tadellos in Schuß. Und der Hunger trieb sie dazu, zu handeln, um das würgende Gefühl im Magen, zu vergessen. Noch schlimmer aber waren der Durst und die Ungewißheit.
„Wohin, Freunde?" fragte Wolfi mit seinem leiernden österreichischen Akzent.
„In das Herz dieser Festung. Vergeßt nicht, was wir eigentlich suchen!" ermahnte sie Dorian.
Er durfte keinerlei Zweifel aufkommen lassen. Keiner von ihnen war gezwungen worden, jeder war freiwillig hier, aus welchen Gründen auch immer.
„Niemand vergißt es. Wie spät?"
Branca schaute auf seine schwarze Taucheruhr. „Fast vier Uhr. Ein Wunder, daß die Uhr überhaupt noch geht."
Der Dämonenkiller lachte laut, aber sarkastisch.
„Es ist ein Wunder, daß wir überhaupt noch leben", versicherte er.
Bruno Scemo hob einen Arm und fragte: „Gibt es eigentlich jemanden unter uns, der etwas über dieses Bauwerk weiß?"
Dorian überlegte sich die Antwort sehr genau, dann entgegnete er. „Abgesehen davon, daß wir Coco suchen müssen - wissen wir, daß sich in einem bestimmten Teil dieser Burg ein Geheimnis verbirgt. Der Fund würde uns ungeheure Macht geben. Coco, Jeff und ich suchen ein Mittel, mit dem wir die Dämonen in Schach halten können. Wenn wir erst einmal soweit sind, haben wir gewonnen."
„Wann wird das sein?" erkundigte sich Bruno leidenschaftlich.
„Das kann ich nicht einmal ahnen", gab Dorian zu. „Wir haben noch rund drei Stunden Licht. Also, sammeln wir uns und dringen wir in diese Burg der Gespenster ein. Bisher haben wir uns tadellos gehalten."
In den engen Gängen und Kavernen würden sie schneller vorankommen und leichter kämpfen können. Dorian wollte nicht, daß noch mehr von ihnen verletzt wurden.
„Also", murmelte Branca. „Voran! Mir ist erst dann wieder wohl, wenn wir auf dem freien Meer schaukeln."
Sie rannten los. Zwar hallten von den Mauern wilde und laute Schreie wider, aber bis zu dem Augenblick, da die Männer in das erste Gewölbe eindrangen, war keiner der Verteidiger zu sehen. Niemand wehrte den Männern der Sacheen den Eintritt in die verfallene Burg.
Das war ebenso gespenstisch und gefährlich wie die ungezügelten Angriffe von vorhin.
Langsam begann sich Bruno zu fürchten. Er hatte miterlebt, daß kaum eine Waffe des zwanzigsten Jahrhunderts gegen die Insassen dieser Burg wirksam war. Es war alles andere als ein fairer oder begreifbarer Kampf.
Während die Gruppe sich schweigend durch die Korridore tastete, kam aus allen Ecken ein leises, fast unhörbares Winseln.
„Warum ist niemand hier? Warum greift niemand an?" fragte Bruno Scemo halblaut.
Knochen zersplitterten unter den Sohlen seiner Stiefel.
„Das weiß ich auch nicht", erwiderte Dorian an der Spitze.
Er war bereit, den nächsten Angriff zurückzuschlagen, aber niemand stellte sich ihm in den Weg. „Und dieses verdammte Winseln und Heulen? Da muß doch jemand sein - dort hinter den Mauern." Branca vertraute auf den Flammenwerfer. Er begann sich wieder sicher zu fühlen. Trotzdem war dieses Umhertasten in den Gängen und Treppen unheimlich und
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