079 - Die Geisterspinne
nervenzerfetzend.
„Da ist auch ganz bestimmt etwas. Fordern wir den Gegner nicht heraus!" sagte Jeff Parker laut.
In den gelben Lichtbalken tanzten Staubteilchen, die ihre Schritte hochwirbelten. Kleine Käfer krochen davon und verschwanden in den Ritzen.
Dubois grinste kurz. Er war fast über jenen Punkt hinweg, sich noch in nennenswertem Maße zu fürchten; er hoffte trotzdem, daß das Ganze bald aufhörte.
„Hoffentlich erst später", sagte Jeff scharf, holte aus und schlug mit drei Schlägen des Schwertes ein Spinnennetz entzwei.
Hinter den Ecken, Säulen und Mauern nahmen die geheimnisvollen Geräusche zu. Klappernd rollte ein halb zerschmetterter Totenkopf ein paar Stufen hinunter.
„Wir müssen erst einmal herausfinden, was mit dieser Ruine wirklich los ist", sagte Dorian. „Wir haben keine Ahnung, was hier auf uns wartet."
„Ganz sicher kein Abendessen", knurrte Bruno Scemo.
Hin und wieder schien es, als ob sich schnelle Schatten vor und hinter den Eindringlingen bewegten. Aber immer dann, wenn jemand glaubte, etwas zu erkennen, löste sich das flüchtige Bild auf. Plötzlich sagte Parker laut und erschrocken: „Der Schatten! Bruno - dein Schatten!"
Sie blieben stehen und drehten sich um. Bruno Scemo warf einen scharfen Schatten. Dieser Schatten lag auf den abgestorbenen Blättern, knickte auf den Stufen mehrmals ab, kroch über zertretene Knochen und die hellen Quader hoch in Richtung auf die schießschartenähnliche Öffnung, durch die die Nachmittagssonne fiel.
„Was ist mit meinem Schatten?" fragte Bruno und stierte darauf.
Er verstand noch immer nicht, warum Jeff so erschrocken war. Etwas stimmte mit dem Schatten nicht, das war sicher. Dann begriff er, was an diesem Bild falsch war.
„Er zeigt - er zeigt", stammelte Bruno, „er zeigt - auf die Sonne, in die falsche Richtung."
Dorians Gesichtsausdruck ließ erkennen, daß er wußte, was dieser geheimnisvolle Schatten zu bedeuten hatte. Jeff Parker schien es zu ahnen. Die anderen, einschließlich Bruno Scemo wußten nichts.
Bruno begann sich zu drehen und zu winden. Der Schatten bewegte sich entsprechend und deutete mit dem Kopfteil immer in die Richtung, aus der das Sonnenlicht kam. Der runde Kopf lag auf dem Absturz der Schießscharte.
Dorian entschloß sich zu einer gnädigen Lüge. „Richtig. Er zeigt zur Sonne, dein Schatten."
Er hatte innerhalb dieser Gruppe die Autorität, weil alle wußten, daß er die Welt der Dämonen besser kannte als sie alle.
„Was willst du von diesem dämonischen Gemäuer anderes erwarten, Bruno?"
Der Schatten schien zu leben. Er zitterte, während Bruno regungslos dastand und ihn mit einem Gesichtsausdruck anstarrte, der nicht verriet, was er dachte.
„Aber - was soll das, Dorian?"
„Keine Ahnung", sagte der Dämonenkiller. „Los, gehen wir weiter! Tiefer in das Labyrinth hinein!" „Ich begreife das alles nicht", flüsterte Bruno unsicher, aber er folgte Dorian und den anderen.
Je weiter sie gingen, desto seltener waren die Öffnungen. Aber dieser Schatten wanderte. Er richtete sich immer nach der Lichtquelle aus. Es war, als würde er ein Eigenleben führen.
Dorian drängte auf mehr Schnelligkeit. Sie waren ohnehin schon dezimiert. Die Krieger, die nach langem Schlaf aufgeweckt worden waren, hatten viele Opfer gefordert. Vielleicht gab es für Bruno doch noch eine Rettung. Plötzlich, als sie eine unterirdische Halle erreicht hatten, schrie Bruno auf. „Dorian! Der Schatten wird kleiner! Helft mir doch! Mir wird plötzlich schlecht. - Oh!"
Sie bildeten erschrocken einen Kreis um Bruno. Scemo krümmte sich zusammen und konnte seinen Blick nicht von dem Schatten reißen. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Der Schatten, der an seinen Füßen begann, zitterte und sah aus, als versuchte er, plastisch zu werden. Seine Farbe hatte sich in ein silbernes Grau verwandelt.
Dreißig Sekunden später heulte Bruno auf und fiel auf die Knie. Branca sprang auf ihn zu und packte ihn an den Schultern, aber Dorian riß ihn mit aller Kraft zu sich heran.
„Zurück", flüsterte er.
Bruno litt unsagbare Qualen. Er krümmte seinen Körper, und der Schatten, noch einige Handbreit kleiner geworden, krümmte sich mit. Entsetzt und schweigend sahen die anderen zu und merkten, wie sich die eisige Kälte des Schreckens in ihren Körpern ausbreitete.
„Hilfe! Dorian! Ich verfaule! Ich verbrenne!" heulte Bruno gurgelnd. Dann riß er die Arme hoch, warf seine Waffen von sich und
Weitere Kostenlose Bücher