079 - Die Insel der wandelnden Toten
eingesetzt werden konnten.
Die Geräusche kamen näher. Zwei Männer hatten sich links und rechts postiert. Sie hielten zusätzlich zu den Waffen noch jeder eine Taschenlampe in der Hand.
„Marcello!“
Die Stimme, die den Namen rief, klang den Männern nicht vertraut. Auch als sich der Ruf wiederholte, konnte niemand die Stimme erkennen.
„Haltet euch bereit!“ raunte Marcello seinen Leuten zu. „Das könnte eine Falle sein.“ Laut sagte er: „Wer ist da?“
„Ich bin es, Umberto!“ kam es aus dem Dickicht. „Franko ist bei mir.“
„Und was ist aus Gianni und Hunter geworden?“
„Wir haben sie aus den Augen verloren.“
Marcello lauschte dem Klang der Stimme. Versuchte jemand, ihn nachzuahmen, oder handelte es sich wirklich um Umberto, und war nur irgend etwas mit ihm passiert?
„Wie habt ihr uns denn gefunden?“ fragte Marcello.
„Das war nicht schwer.“
Die Stimme war schon ganz nahe. Ein seltsamer Geruch wehte Marcello plötzlich in die Nase. Es roch nach Verwesung. Es war der gleiche Gestank wie in seinem Nachtlokal, als die Monster ins Lokal stürmten.
Zwischen den Büschen tauchten jetzt zwei Gestalten auf.
„Da sind wir!“ rief die Stimme, die angeblich Umberto gehören sollte. „Taschenlampen einschalten!“ befahl Marcello.
Das Licht der beiden Taschenlampen fiel auf zwei furchterregende Gestalten. Vielleicht handelte es sich tatsächlich um Umberto und Franko, aber das war nicht mehr festzustellen. Ihre Gesichter waren vom schwarzen Tod zerfressen.
Sie schrien beide auf, als das Licht sie traf, und hoben die knöchernen Arme schützend vors Gesicht.
Die Männer begannen zu feuern, ohne erst Marcellos Befehl abzuwarten, doch die Kugeln gingen fast wirkungslos durch die beiden Untoten hindurch. Die Körper wurden nur von dem Aufprall der Geschosse erschüttert.
Der eine Untote entriß dem links stehen Mann die Taschenlampe und schleuderte sie fort. Der kleinere der beiden, bei dem es sich um Franko handeln mußte, stürzte sich auf einen der Männer, der gerade ein neues Magazin in seine Pistole schob.
„Zur Seite!“ schrie Marcello.
Dann schaltete er den Flammenwerfer ein. Franko wurde von den Flammen erfaßt. Wie von einer Sturmbö, wurde er davongeschleudert.
Marcello schwenkte den Flammenwerfer herum und erfaßte mit der lodernden Zunge Umberto. Umberto versuchte, sich in den Dschungel zu retten, aber Marcello schickte ihm einen zweiten Feuerstrahl nach, unter dem er zusammenbrach.
Dann war alles vorbei. Die beiden Untoten verbrannten.
Marcello wandte den Blick ab, als er zu den anderen sagte: „Nehmt mit, was ihr tragen könnt! Und dann nichts wie weg von hier!“
Marcello Sanza und seine Männer waren vor Durst und Hunger schon halb wahnsinnig. Als sie an diesem Morgen die Konservendosen öffneten, hatten sie eine böse Überraschung erlebt. Das Büchsenfleisch war von Maden und Würmern durchsetzt gewesen. Sie hatten eine Dose nach der anderen geöffnet, jede hatte den gleichen Anblick geboten. Sie hatten alles weggeworfen, aber bald war ihr Hunger so groß geworden, daß sie dies zu bereuen begannen. Sie machten Marcello Vorwürfe, weil er so voreilig gehandelt hatte. Hinzu kam, daß sie überhaupt nicht mehr wußten, wo sie sich befanden. Sie konnten sich nicht einmal am Stand der Sonne orientieren, weil eine dunkle Wolkendecke den Himmel verdüsterte. Und zwei von ihnen hatten sie inzwischen im Dschungeldickicht verloren.
Dann kam die Dämmerung – und sie hörten das Mädchenlachen. Zuerst glaubten sie, endgültig den Verstand verloren zu haben, aber dann sahen sie das Mädchen. Sie lief barfüßig durch den Dschungel, blieb immer wieder stehen und gab sich dabei überaus kokett, so als wollte sie die Männer foppen. Sobald die Männer in ihre Nähe kamen, schwebte sie wie eine Elfe davon.
Die vier Männer folgten ihr. Plötzlich war das Mädchen jedoch erstarrt. Sie stand bewegungslos zwischen den Büschen, von Lianen und exotischen Blüten umrankt.
Die Männer kamen fasziniert, aber mit einer gewissen Scheu näher.
„Es sieht so aus, als sei sie aus Marmor“, sagte einer.
„Sie ist aus Stein!“ hörte sich Marcello sagen.
Warum wehrte er sich gegen die Faszination, die von diesem göttlichen Geschöpf ausging? Tief in seinem Innern meldete sich eine Stimme, die ihn vor der Berührung dieser Steinstatue warnte.
„Nicht näher!“ rief er seinen Leuten zu.
„Aber ich muß dieses Mädchen umarmen“, sagte einer der Männer.
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