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079 - Die Insel der wandelnden Toten

079 - Die Insel der wandelnden Toten

Titel: 079 - Die Insel der wandelnden Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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Stimme: „Kommt!“
    Er ging tiefer ins Haus hinein. Hinter der Halle mit dem Becken lag ein langer Korridor, der länger als das Haus tief war. Das Gewölbe am Ende des Korridors mußte sich bereits unter dem Felsen befinden.
    Die drei Mafiosi trauten ihren Augen nicht, als sie auf eine Tafel blickten, die mit herrlichsten Fleischspeisen beladen war. Dazwischen standen Wasserkaraffen und Suppenterrinen. Wieder wollten sie sich mit Heißhunger auf die Leckerbissen stürzen, doch da ertönte ein zweistimmiges: „Halt!“
    Die drei Männer hatten überhaupt nicht bemerkt, daß an dem Tisch zwei Frauen saßen. Sie hatten nur Augen für die Speisen gehabt und nahmen die Frauen erst wahr, als diese auf sich aufmerksam machten. Die Frauen waren schön, hatten wallende, halbtransparente und bis zum Boden reichende Gewänder an, und ihre grünschillernden Haare waren zu hohen Turmfrisuren gekämmt und von wildem Wein umrankt.
    „Bevor ihr euren Hunger stillt, laßt euch warnen. Einer von euch dreien wird diese Tafel nicht lebend verlassen, denn eines der Gerichte ist vergiftet. Überlegt euch gut, für welchen Platz ihr euch entscheidet! Einer von euch muß sterben, denn jede von uns kann nur einen Mann lieben.“
    Marcello dachte keinen Moment daran, die Frauen mit Waffengewalt dazu zu zwingen, ihm zu verraten, welche der Speise vergiftet war. Er überlegte nur fieberhaft, welches Gericht wohl kein Gift enthielt, und entschloß sich, den Platz zur Rechten der einen Frau zu wählen.
    „Ich bin Stheno“, sagte die Frau verführerisch, als er sich an ihrer rechten Seite niederließ.
    Antonio belegte den Sitz rechts von der anderen Frau mit Beschlag.
    „Ich bin Euryale“, zirpte sie.
    Der dritte Mafiosi stürzte sich bedenkenlos auf den verbliebenen Platz, ergriff eine köstlich auszusehende Fleischkeule und riß mit den Zähnen ein Stück davon ab. Marcello und Antonio kauten ebenfalls bereits. Sie warfen sich bezeichnende Blicke zu, während sie einen Bissen nach dem anderen hinunterschlangen.
    Und dann begannen sie alle drei zu lachen. Aber der dritte Mann lachte nicht lange. Er gab plötzlich röchelnde Laute von sich, rang nach Atem, bäumte sich auf und griff sich an den Hals. Er taumelte zurück und stürzte zu Boden. Marcello kümmerte sich nicht um ihn. Er nahm nur am Rande wahr, was mit seinem Gefährten geschah. Es berührte ihn überhaupt nicht.
    Einige Alte eilten herbei, packten den Toten und zerrten ihn hinaus.
    „Auch Greise sind hungrig“, kommentierte Stheno.
    Marcello dachte sich nichts weiter dabei. Er aß, bis er nicht mehr konnte. Danach fühlte er sich so wohlig müde und entspannt, daß er sofort auf dem Sessel hätte einschlafen können.
    Doch Stheno gönnte ihm die ersehnte Ruhe nicht. Sie strich mit ihren zarten Händen über sein stoppeliges Kinn und hauchte ihm Küsse auf die Wangen. Marcello erhob sich von seinem Platz und folgte Stheno aus dem Gewölbe. Er wußte nicht, was er tat, sondern spürte nur, wie dieses unvergleichliche Weib ihn berauschte. Er hatte schon viele in seinem Leben gehabt, solche und solche, aber noch nie war er einem weiblichen Wesen wie diesem begegnet. Eine andere hätte es wohl kaum verstanden, einen müden Krieger wie ihn wieder munter zu machen. Das heißt, er war nicht wirklich munter, sondern eher schläfrig, aber er war über alle Maßen erregt.
    Sie umfaßte ihn mit ihren geschmeidigen Armen und preßte ihn fest an ihren pulsierenden Körper. Ihre Lippen, die sich halb zum Kuß öffneten, glichen einem Vulkan. Feuer sprühte aus ihnen, floß wie Lava durch seinen Mund und durchflutete seinen ganzen Körper. Dann saugten sich ihre Lippen an seinen fest. Erst als er zu ersticken drohte, riß er sich gewaltsam los. Er öffnete die Augen und sah, wie sich ihre Haare bündelweise bewegten, als führten sie ihr eigenes Leben. Sie wiegten sich wie Schlangen nach der Flötenmelodie des Fakirs und schlängelten sich bei jedem Takt der unhörbaren Musik näher an ihn heran.
    Marcellos Augen wurden groß. Er öffnete den Mund zu einem Schrei. Sthenos Haare waren tatsächlich Schlangen. Aber das erkannte er erst, als es schon zu spät für ihn war. Die Schlangen aus dem Frauenhaupt umzüngelten seinen Kopf und schnürten ihn ein. Sie erstickten seinen Schrei, und Marcello fühlte, wie er immer müder, immer schwächer wurde, bis seine Beine ihn nicht mehr tragen konnten.
    Schwärze umfing ihn.
     

     
    Der zweite Tag ging seinem Ende zu. Dorian und Gianni hatten sich

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