0792 - Gruß aus der Gruft
verschwand im Gang und nahm die Treppe nach oben. Es kam mir vor, als hätten die Akteure die Bühne verlassen und sie in ihrer Leere zurückgelassen.
Von einer Leere in die andere. So und nicht anders erschien mir der Eintritt in den Raum. Schatten füllten ihn. Ich trat an das Fenster und schaute in die Dunkelheit. Als dunkle Bleidecke lag sie über dem Gelände. Die Natur wirkte dabei wie eine gespenstische Dekoration. Nur der Himmel hatte noch eine andere Farbe. Als Grauschicht verteilte er sich über dem Park.
Ein Schreck durchfuhr mich! Es kribbelte unter meiner Kopfhaut, als ich daran dachte, dass ich vergessen hatte, mich mit Suko in Verbindung zu setzen.
Ich holte das flache Gerät aus der Tasche, machte es empfangsbereit und musste nach wenigen Sekunden einsehen, dass es keine Verbindung zu Suko gab.
Das war alles andere als schön. Ich startete einen zweiten und dritten Versuch. Wieder ohne Erfolg. Ich steckte das Gerät wieder weg.
Bewegungslos wie eine Säule stand ich im düsteren Raum. Ich erinnerte mich an die Worte der Diondra Mayne.
Sie freute sich auf die nächsten Stunden, auf die kommende Nacht, die in ihrem Sinne verlaufen würde.
Ich befürchtete allmählich, dass sie Recht behielt…
***
Lennox, der Leibwächter, hatte sich nicht mehr auf den Beinen halten können. Noch immer rann Blut aus seinem Mund, auch wenn der Strom nachgelassen hatte. Seine Hände zuckten. Die Finger krümmten sich in Intervallen, als suchten sie im feuchten Erdreich des Waldes Halt. Auch die Füße schlugen aus. Bei jeder Berührung trommelten sie und ließen dumpfe Echos zurück. Lennox war fertig.
Von einem Moment zum anderen hatte es ihn erwischt.
Suko klangen noch dessen letzte Worte in den Ohren. »Sie bringt mich um. Sie bringt mich um. Sie schafft uns alle… ich sterbe …«
Der Inspektor wusste nicht, wen er mit dieser Anschuldigung gemeint hatte. Es konnte eigentlich nur eine weibliche Person gewesen sein, denn er hatte den Satz mit sie begonnen.
Wer kam in Frage?
Diondra Mayne? Sollte die Frau, die nicht nur von Leibwächtern, sondern auch von John Sinclair geschützt wurde, sich letztendlich als gar nicht schützenswert erweisen?
Suko wusste einfach zu wenig, um sich da schon ein genaues Bild machen zu können. Offiziell war er in diesem Plan nicht vorgesehen. Sir James und John hatten ihn nur gebeten, für die entsprechende Rückendeckung zu sorgen. Er sollte auch nicht gesehen werden und sich im Hintergrund halten. Dass er trotzdem so schnell mit den schrecklichen Dingen dieses Falls konfrontiert wurde, hätte er nicht gedacht.
Dieser Lennox hatte ihn noch kurz vor seiner schrecklichen Veränderung angegriffen. Er war wie ein Schatten gekommen, nicht zu sehen gewesen, aber Suko hatte die dünne Eisenkette gespürt, die sich um seinen Hals geschlungen hatte. Ein grausames Folter- und Killerinstrument. Ihm war es gelungen, sich zu befreien, die Kette lag irgendwo im Gebüsch. Jetzt dachte er nicht mehr daran, dass ihn dieser Mann hatte umbringen wollen, er spürte auch nicht mehr die Schmerzen am Hals, wo die Haut wirkte, als wäre sie von zahlreichen Messern aufgerissen worden. Suko kniete neben dem Schwerverletzten nieder. Er musste herausfinden, ob diesem Mann noch zu helfen war.
Lennox röchelte.
Das Blut vermischte sich mit hellem Speichel und verwandelte sich dabei in eine rosige Masse. Die Augen traten weit hervor, sein Röcheln hörte sich schlimm an, und plötzlich, bevor Suko es noch verhindern konnte, drehte er sich wuchtig zur Seite. Er schlug auf, in seinem Gesicht waren die Qualen abzulesen. Er starrte Suko an, und seine Blicke flehten um Hilfe.
»Ruhig«, flüsterte der Inspektor. »Ich werde versuchen…«
»Nein, nicht mehr versuchen.«
Suko musste sich anstrengen, um überhaupt ein Wort zu verstehen. Eine Hand umklammerte sein Gelenk. Die Haut war warm, als stünde der Mann unter einem hohen Fieber. »Es ist vorbei. Ich komme nicht mehr zurück. Es ist vorbei, ich kann nicht mehr.«
»Warum ist es vorbei?«
»Die andere Kraft.«
»Welche?«
Wieder verzerrte sich das Gesicht, als Lennox noch Luft holte. Sein Körper bäumte sich auf. »Da ist etwas… das ist etwas Unheimliches. Keiner kennt es, aber es ist da …«
»Was?«
Der Sterbende versuchte, den Kopf zu schütteln, was ihm nicht gelang. Dafür stierte er ins Leere. Zudem sah es so aus, als wollte er in den letzten Sekunden seines Lebens noch nachdenken. Dafür drang Blut aus seiner
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